Syrien: Nein zu Trumps Angriff!

Raketenangriff verschärft den Syrienkonflikt und befeuert die Spannungen zwischen den Weltmächten
Von Niall Mulholland

Die Entscheidung von US-Präsident Trump, die Shayrat Luftwaffenbasis in Syrien anzugreifen, verschärft den langjährigen Konflikt in Syrien und befeuert in gefährlicher Weise die Spannungen der USA nicht nur mit Russland und dem Iran, sondern auch mit China und Nordkorea. Der Angriff wird die Rivalität zwischen sunnitisch und schiitisch geprägten Regimen im Nahen Osten erheblich vergrößern.

Trump behauptet, der Angriff mit Marschflugkörpern wurde „auf jenen Flughafen in Syrien, von dem der Chemieangriff ausging“ ausgeführt. Dabei bezieht er sich auf Khan Sheikhun [eine von Rebellen gehaltene Stadt in der syrischen Provinz Idlib, A.d.Ü.], in der vergangene Woche über siebzig Menschen starben.

Die beängstigende Anzahl toter ZivilistInnen, darunter Kinder, führte weltweit zu berechtigter Abscheu zahlreicher Menschen aus der Arbeiterklasse. Die USA haben jedoch mit der Unterstützung anderer westlicher Mächte diesen schrecklichen Zwischenfall auf zynische Weise genutzt, um die eigene Position im Syrienkonflikt zu stärken. Der Westen, der den Sturz des Präsidenten Assad anstrebt, hat dem syrischen Regime sehr überstürzt die Schuld an den Toten gegeben. Allerdings benutzt die instabile Trump-Regierung den Raketenangriff auch, um innenpolitische Unterstützung zu gewinnen und von ihrer Unfähigkeit zur Umsetzung von Trumps Wahlversprechen und zur Verbesserung der Leben der AmerikanerInnen abzulenken.

Trump hat den Raketenangriff auf Syrien befohlen, ohne dass es zu einer Untersuchung des Chemieangriffs gekommen wäre, ohne ein UN Mandat oder auch nur ein Mandat des amerikanischen Kongresses anzusuchen. Die US-amerikanischen Angriffe wurden von mehreren europäischen Staaten, darunter Großbritannien, Deutschland und Frankreich, aber auch der Türkei und Israel willkommen geheißen. Auch die oppositionelle islamistische Ahrar al-Sham-Miliz unterstützte den „chirurgischen Angriff“.

Assad wird den Angriff der USA nutzen, um in Syrien sein anti-imperialistisches Image zu stärken. Dennoch können SozialistInnen sein Regime in keiner Weise unterstützen, das kein Interesse am Leben unschuldiger ZivilistInnen in Syriens langem und brutalen BürgerInnenkrieg gezeigt hat. Assad ist ein brutaler Diktator, der dazu bereit ist skrupellose Methoden einzusetzen, um an der Macht zu bleiben. Dennoch gibt es bis jetzt keinen sicheren Beweis, dass das Assad-Regime für den Chemieangriff verantwortlich ist. Angesichts der Tatsache, dass Assad mit der entscheidenden Unterstützung von Putin gerade dabei ist, den Krieg zu gewinnen, scheint ein willkürlicher Chemiewaffenangriff aus seiner Sicht widersinnig, könnte dieser ja die Ausrede für einen möglichen US-Angriff liefern.

Moskau besteht darauf, dass die syrische Luftwaffe ein Depot für chemische Waffen getroffen hätte, die von Rebellen, die die syrische Regierung bekämpfen, produziert worden seien. Günter Meyer, Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz, geht noch weiter: „Von einem solchen Giftgaseinsatz können nur die bewaffneten Oppositionsgruppen profitieren. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand, haben de-facto keine Chance, sich militärisch gegen das Regime zu wehren. Und wie die jüngsten Reaktionen von US-Präsident Trump zeigen, ermöglichen ihnen solche Aktionen, wieder die Unterstützung der Assad-Gegner zu bekommen.“ (zitiert nach Deutsche Welle vom 6.4.17)

Konterrevolution

Momentan ist das einzig sichere über die schrecklichen Geschehnisse in Khan Sheikhun letzte Woche, dass viele ZivilistInnen getötet wurden, nach Hunderttausenden anderen Toten aufgrund des Krieges. Dies ist im Grunde eine Folge der Konterrevolution, die sich in Syrien nach der tatsächlichen Massenrevolte 2011 gegen die Herrschaft von Assad entwickelte, die von den revolutionären Bewegungen in Tunesien und Ägypten inspiriert worden war. Aber ohne eine starke vereinigte Organisation der Arbeiterklasse und eine sozialistische Führung konnten sektiererische und islamistische Kräfte, die von den reaktionären Golfstaaten und der Türkei sowie von den westlichen Mächten unterstützt wurden, ein Vakuum nutzen, was zur Degeneration der Massenrevolte in einen bösartigen, vielschichtigen Bürgerkrieg führte.

Es ist noch unklar, ob der us-amerikanische Raketenangriff eine Machtdemonstration und eine begrenzte Aktion darstellt oder ob er einer breiteren militärischen Intervention in Syrien vorangeht. Die Shayrat Luftwaffenbasis ist ein wichtiger Ausgangspunkt für die syrischen und russischen Operationen gegen die hauptsächlich islamistischen bewaffneten Oppositionsgruppen, der US-Angriff wird somit eine zerstörerische Wirkung haben.

Russland verurteilte den US-Luftangriff als „Akt der Aggression“ und als „Verstoß gegen internationales Recht“ und setzte die Kommunikationskanäle aus, über die mit Washington militärische Aktionen in Syrien abgesprochen wurden, um unabsichtliche Zusammenstöße zu vermeiden.

Diese Entwicklungen eröffnen die Möglichkeit direkter Zusammenstöße zwischen den von den USA angeführten und russischen Militäreinheiten in Syrien, mit weitreichenden Konsequenzen für die Region und die Welt.

Der Iran, dessen Milizen auf der Seite der Assad-Truppen kämpfen, verurteilte die Handlungen der USA ebenfalls scharf. Das bedeutet zusätzliche gefährliche Komplikationen am Boden, denn die iranischen Truppen befinden sich auch im Irak und kämpfen dort offiziell zusammen mit dem von den USA unterstützen Regime in Bagdad gegen den IS.

Dass Trump den Luftangriff befahl, während er sich in Gesprächen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping befand, der die USA besucht, wird nur zu einem weiteren Ansteigen der Spannungen mit dem Regime in Peking führen. Anfang vergangener Woche deutete Trump darauf hin, dass er dazu bereit wäre „unilaterale“ [also einseitig von einem Land ausgehende, Anm.] militärische Aktionen gegen Nordkorea zu starten und machte auch drohende Bemerkungen wegen Chinas militärischem „Inselbau“ im südchinesischen Meer. Laut der Financial Times (London am 7.4.17), „warnte Liu Binjie, der dem ständigen Komitee, das Chinas Parlament beaufsichtigt, vorsitzt, vor einem unilateralen Vorgehen in Nordkorea. ‚Der gesamte Staat ist militarisiert‘, sagte er. ‚Wenn man sie mit Gewalt bedroht, könnte das nach hinten losgehen.‘“

Wie das CWI warnte, bedeutet der Beginn von Trumps Regierung einen Übergang zu gefährlicheren und unvorhersagbareren weltweiten Entwicklungen. In so einer Situation braucht die Arbeiterklasse und die Jugend im Nahen Osten, in den USA und überall sonst auf der Welt eine Massen-Anti-Kriegs-Bewegung und die Entwicklung starker Arbeiterparteien mit einer mutigen sozialistischen Politik, um dem Krieg, Terror und der Armut des Kaptialismus und des Imperialismus etwas entgegenzusetzen.

  • Stoppt Trumps Angriffe auf Syrien – gegen alle Einmischungen in der Region durch äußere Mächte
  • Schluss mit Krieg und Terror in Syrien, dem Irak und dem ganzen Nahen Osten
  • Nein zu Rassismus und der Benutzung von MigrantInnen und Geflüchteten als Sündenböcke
  • Für Arbeitereinheit und Sozialismus!
Niall Mulholland ist Mitglied des Internationalen Sekretariats des Komitees für eine Arbeiterinternationale. Der Artikel erschien zuerst am 7. April 2017 auf socialistworld.net .