Do 06.10.2016
Seit mehreren Monaten schon ist Österreich de facto ohne BundespräsidentIn. Und ich bin wohl nicht allein mit dem Gefühl: Diesbezüglich geht mir echt nichts ab! Auf salbungsvolle Worte zu Neujahr kann ich ebenso verzichten wie auf Wirtschaftsdelegationen inklusive präsidaler Begleitung, die Deals vereinbaren, die Beschäftigen hier wie dort Verschlechterungen bringen.
Aber das Amt des/der Bundespräsidenten/in ist nicht nur entbehrlich, sondern auch reaktionär. Es geht in der heutigen Form auf die Verfassungsreform 1929 zurück. Bürgerliche und faschistische Heimwehren wollten gezielt Parlament bzw. parlamentarische Linke schwächen. Das Amt hat weitreichende quasi-diktatorische Befugnisse: Der/die BundespräsidentIn ist Staatsoberhaupt, OberbefehlshaberIn des Bundesheers, kann den Nationalrat auflösen, die Bundesregierung entlassen und per Notverordnung regieren. Dieses Amt ist undemokratisch und gehört abgeschafft.
Wer hofft, ein Bundespräsident Van der Bellen könne ein Gegengewicht zu einem Kanzler Strache darstellen, ignoriert nicht nur Van der Bellens „ich bin für alle da“ Gehabe, sondern auch die letzten Jahrzehnte. Keiner der vergangenen Bundespräsidenten hat Demokratieabbau, Sozialabbau oder Aufstieg des Rechtsextremismus auch nur gebremst. Eine Kontrolle oder Korrektur von PolitikerInnen, Landtagen, Parlament etc. wird nicht durch einen weiteren Vertreter dieser Elite gelingen. Es braucht Massenproteste, kämpferische und demokratische Gewerkschaften und eine neue ArbeiterInnenpartei mit sozialistischem Programm. Das ist sicher mühsamer, als ein Kreuzerl am Wahltag – aber auch weit effektiver, wenn es darum geht, die Interessen der Arbeitenden und Arbeitslosen, der Armen und Alten, der Jugend, Frauen und MigrantInnen wirkungsvoll zu verteidigen. Das Amt des/der Bundespräsidenten/in aber gehört ersatzlos gestrichen.