Kultur am Kanal nur für Bobos?

Theresa Reimer

Die Kommerzialisierung des Wiener Donaukanals wird vorangetrieben, öffentlicher Raum wird privatisiert.

Seit Jahrzehnten wird der Donaukanal in Wien von AnrainerInnen zur Freizeitgestaltung genutzt. Auf den Wiesen sitzen Leute beisammen, lesen, machen Sport, trinken Bier, sprayen Graffitis und lassen so den Tag ausklingen. Mittlerweile finden kostenlose Festivals mit live-Musik ohne Konsumzwang statt, wie das „Donaukanaltreiben“. Der Verein „Gemeinschaftsgarten Donaukanal“ ließ in der Nähe der Salztorbrücke Hochbeete errichten, um mehr Grün in die Betonwüste zu bringen. Vorerst sind diese für die Öffentlichkeit, doch können solche Gemeinschaftsgärten auch einen Schritt zur Privatisierung von Teilen der Stadt, die bisher von allen benutzt werden können, darstellen.

Dieses Projekt wurde mit tatkräftiger Unterstützung von Karlheinz Hora, dem SPÖ Bezirksvorsteher in der Leopoldstadt, verwirklicht. Genau Hora war es auch, der für die Kommerzialisierung der Kaiserwiese im Prater verantwortlich war und nun die Privatisierung am Donaukanal weiter vorantreiben will. Ein Plan für einen weiteren Gastronomiebetrieb wurde bereits bei der MA 19, dem Magistrat für Stadtplanung, vorgestellt. Das Projekt soll auf einer der schönsten innerstädtischen Wiese neben dem Schützenhaus erbaut werden, obwohl in den "Leitlinien für die Entwicklung des Donaukanals“ der Stadtentwicklungskommission (STEK), bei dem auch SPÖ mitgewirkt hat, festgehalten wurde, diese Wiese als Grünfläche zu erhalten und weitere Kommerzialisierung des Donaukanals zu verhindern.

Der künftige Geschäftsführer Philipp Pracser spricht davon, dass das 3,2 Millionen-Projekt „Mehrwert für alle“ und „hochwertige Gastronomie für den Mittelstand“ bedeuten würde. Mit im Boot auch Mario Minar, Inhaber des Rochus-Lokales. Hier wird ersichtlich, welche Bevölkerungsschichten nicht erwünscht sind und ausgeschlossen werden. Arbeitslosen, MigrantInnen, StudentInnen und Menschen mit geringem Einkommen wird Raum genommen, wo Freizeit noch nichts kostet, während ein paar wenige an diesem Projekt verdienen werden, da es zahlungskräftige Bobos gibt, die bereit sind Aperol Spritz um 4,60 Euro zu trinken.

 

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