Do 01.03.2001
Papier ist bekanntlich geduldig und das Ablaufdatum von Wahlversprechen liegt üblicherweise am Wahlabend selbst. Ein weiser Spruch ist : „Du sollst sie an ihren Taten messen, nicht an ihren Worten“. Seit 1998 ist in Deutschland eine „rot”-grüne Koalition an der Regierung. Die Bilanz: „Rot”-Grün sind die Handlanger des Kapitals. Wenige Wahlversprechen, die nicht gebrochen wurden.
Im Oktober 2000 veröffentlichte unsere deutsche Schwesterzeitung Voran eine Halbzeitbilanz der Schröder-Fischer-Regierung:
„Die rot-grüne Bundesregierung hat ihr Amt vor zwei Jahren weder mit überwältigenten Sympathien noch mit hohen Erwartungen seitens der ArbeiterInnenklasse angetreten. Viele waren 1998 jedoch froh, nach 16 Jahren Kohl endlich los geworden zu sein und erwarteten, dass es nicht schlimmer kommen könnte. Von wegen. Wurde Kohl oft mit einem Elefanten im Porzelanladen verglichen, so ist dagegen die rot-grüne Regierung in den ersten zwei Jahren wie ein Sturm über Deutschland hinweggefegt: sie hat nach 60 Jahren deutsche Soldaten wieder in den Krieg geschickt, sie hat die Atomenergie für 30 Jahren und länger festgeschrieben, sie hat mit der Steuerreform, der Gesundheitsreform und besonders mit der geplanten Renten (=Pension)reform in rasantem Tempo angefangen, den Wunschzettel des Kapitals abzuarbeiten. (...) Die Rentenreform ist das größte Projekt in Sachen Demontage des `Sozialstaats` in der ganzen Nachkriegszeit.“
Gesprochene Versprechen
Noch deutlicher zeigt ein Vergleich der Wahlprogramm und des Koalitionsvertrages, wofür „rot”-grün tatsächlich stehen. Versprach die SPD „die unsoziale Rentenpolitik unmittelbar nach der Bundestagsswahl zu korrigieren“ wurde nicht nur keine der Maßnahmen der Kohl-Regierung zurückgenommen, sondern sind massive Kürzungen geplant: die „Standardrente“ (45 Jahre versicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung und mindestens Durchschnittsverdienst) soll von 70% bis 2005 auf 54% des letzten Nettoeinkommens gekürzt werden.
Anstatt Armut zu bekämpfen (wie versprochen) wird v.a. bei ohnehin armen – z.B. Arbeitslosen „gespart“ und die Mittel für den sozialen Wohnbau werden gekürzt. Auf den Unis werden Strafsteuern für Studierende eingeführt, die „zu lange“ studieren und mit der Green Card wird klar zwischen „guten“ und „schlechten“ ImmigrantInnen unterschieden: „Die Greencard ist ein pragmatisches Instrument zur kurzfristigen Lösung eines arbeitsmarktpolitischen Problems. ... Es geht nicht um das Grundrecht auf Asyl, sondern um die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft.“ (aus: Internetseite der SPD zu Stichwort Greencard) Senkung des Spitzensteuerssatzes für Millionäre, fast 500 Milliarden Schilling für Rüstungsprogramm – das ist nicht CDU-Politik, sondern wird von „rot”-grün in Deutschland umgesetzt. Wobei der Fairheit halber angemerkt werden muß, dass die Grünen hierbei kein Versprechen gebrochen haben. Schon in ihrem Wahlprogramm hatten sie die Absenkung des Spitzensteuersatzes von 53% auf 45% gefordert.
Wo sind die Grünen?
Auffallend an der Politik der Grünen ist ihr Umfallen bei der Atompolitik, ihrem Versagen in der BSE-Krise, ihrem Mitgehen in der ImmigrantInnenpolitik und ihre Zustimmung zur Kriegspolitik. Bald rollen die nächsten Castor-Transporte durch Deutschland. Auch von der Basisnähe ist nicht viel geblieben, grüne Politiker bedienen sich wie ihre schwarzen, gelben und „roten” Kollegen: Nach ihrem Rücktritt bleibt die ehemalige Gesundheitsministerin Fischer weiterhin Bundestagsabgeordnete (monatliches Einkommen: 92.000 ats). Als Ausgleich für das fehlende Ministergehalt erhält sie ein einmaliges Übergangsgeld von ats 170.000.-. Bei solchen Einkommen wundert es wenig, wenn Sozialabbaumaßnahmen zugestimmt wird.