Parlament & Co. sind in der Krise

Auch in seiner „demokratischen“ Form steht der Kapitalismus für Ausbeutung und Unterdrückung.
Flo Klabacher

In ganz Europa stehen Regierungen massiven Protesten gegenüber, speziell seit Beginn der Wirtschaftskrise. Amtierende Regierungen, oft die "traditionellen" Parteien, werden in der Regel bei der nächsten Wahl abgestraft und verlieren ihre Mehrheit. So fuhren auch SPÖ und ÖVP 2013 die jeweils schlechtesten Ergebnisse ihrer Geschichte ein. 14 Listen traten zur Wahl an, die sechs finanzkräftigsten schafften den Sprung ins Parlament – mehr als je zuvor. Nicht nur in Österreich drückt das aus, dass die Herrschenden verzweifelt nach einem Weg aus der Krise suchen. Es wird schwieriger, stabile Regierungen zu bilden. Beispiel Belgien: Eineinhalb Jahre dauerte es nach den Wahlen von 2010, bis eine Koalition geformt wurde. Zugleich stimmen immer weniger Wahlberechtigte überhaupt ab – bei der EU-Wahl nicht einmal die Hälfte.

Daran ist nicht die "Politikverdrossenheit" schuld. In antifaschistischen und sozialen Bewegungen haben viele Jugendliche sehr politisch agiert. Doch keine der etablierten Parteien ist fähig oder willens, die Probleme zu lösen. Korruptionsfälle beherrschen die Schlagzeilen, zugleich wird bei Sozialem und Bildung gekürzt. Die „Oppositionsparteien“ sind keine Alternativen. Wer kürzt, scheint den ArbeiterInnen egal zu sein – mit Recht. In diversen Bewegungen haben ArbeiterInnen mit Besetzungen, Generalstreiks und Massendemonstrationen ihre Opposition zur herrschenden Politik gezeigt. Auch in Österreich gilt: Wann immer die Gewerkschaft ruft, kommen die Beschäftigten in großer Zahl.

Doch es fehlt an der Organisation, die die Proteste auf eine politische Ebene hebt. Wo ArbeiterInnenparteien fehlen, die die Bewegungen auf politischer Ebene repräsentieren, versuchen rechte und fundamentalistische Gruppen, dieses Vakuum zu füllen. Sie geben sich radikal und unangepasst, um Protestpotential abzufangen. Mit Methoden von rassistischer, nationalistischer und religiöser Hetze bis hin zum Mord an linken AktivistInnen sollen sie die ArbeiterInnenbewegung schwächen – finanziert werden sie vom Kapital. Zwar steht der Faschismus in Europa nicht auf der Tagesordnung, aber der Ruf nach dem „starken Mann“ wird lauter. Wo es Ansätze für neue ArbeiterInnenparteien gibt, wie in Deutschland oder Griechenland, sind sie das wirkungsvollste Instrument, um die Rechten in Schach zu halten.

Nötig sind demokratische, sozialistische Parteien der ArbeiterInnen und Jugendlichen. Sie können die verschiedenen Bewegungen zusammenfassen, vernetzen und auf politischer Ebene vertreten. Als Alternative zu Profitlogik und Rassismus können sie den Rechten das Wasser abgraben. Die Erfolge von Syriza in Griechenland zeigen das Potential solcher Projekte – was den Eliten sichtlich Angst einjagt. Krise, Massenarbeitslosigkeit, Armut und die Herrschaft der Troika haben Millionen Menschen in der Praxis gezeigt, dass der Parlamentarismus nicht demokratisch ist. Antikapitalistische Ideen gewinnen an Einfluss. Massenbewegungen organisieren sich oft in „neuen“ demokratischen Strukturen, die sich in der Geschichte der ArbeiterInnenbewegung bewährt haben: demokratische Komitees, deren gewählte VertreterInnen rechenschaftspflichtig und abwählbar sind. Beispiele sind u.a. spanische Nachbarschaftskomitees (Asambleas), in denen die BewohnerInnen den lokalen Widerstand gegen Schließungen von z.B. Schulen oder Krankenhäusern planten oder Streikkomitees, die Arbeitskämpfe koordinieren. Diese Strukturen zeigen in Ansätzen, welche Macht die ArbeiterInnenklasse hat, wenn sie sich demokratisch organisiert.

 

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