Mo 03.10.2011
Der Mensch ist ein neugieriges Wesen. Kleine Kinder freuen sich meist auf die Schule und lernen gerne. Junge LehrerInnen beginnen mit großen Plänen ihren Job und wollen die Kinder inspirieren. Nach wenigen Jahren sind beide meist verbittert und enttäuscht.
Muss Lernen unangenehm sein? Muss Wissen erzwungen werden? Muss Schule scheiße sein?
Wie Bildung vermittelt wird, was wie gelernt und gelehrt wird, hängt immer vom jeweiligen Gesellschaftssystem ab. Der Kapitalismus ist ein System der Konkurrenz. Staaten, die Kriege um Öl führen, Großkonzerne, die das Monopol in ihrem Segment an sich reißen wollen, usw. Ein System das auf Konkurrenz basiert, braucht Menschen, die konkurrieren. Logisch, dass wir da alle zur Konkurrenz erzogen werden. Wir sehen das überall im Bildungssystem: Kinder, die nach der Volksschule in „gute“ GymnasiastInnen und „schlechte“ HauptschülerInnen eingeteilt werden. Wir werden bestraft, wenn wir bei Tests oder Schularbeiten helfen wollen. Knock-Out Prüfungen an den Universitäten, ein „Survival of the Fittest“. Wer nicht konkurrenzfähig ist, weil er/sie aus einer armen Familie kommt, besondere Bedürfnisse hat, etc. hat kaum eine Chance.
Die Propaganda, dass Konkurrenzdenken und Notensystem Lernende zu besseren Leistungen bringen ist Humbug. Der ständige Stress, mit Schularbeiten, Tests, und sogenannten „Lernzielkontrollen“, führt nicht dazu, dass sich die Lernenden entfalten und ihre Fähigkeiten erweitern. Sie können nur zum Zeitpunkt x das Stoffgebiet y runterzitieren. Studien zeigen regelmäßig auf, wie erschreckend wenig Erwachsene noch von ihrer Schulbildung wissen. Lernen im Kapitalismus ähnelt einer Essstörung: Mensch frisst Wissen in sich hinein, um es dann zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder rauszuwürgen. Mehr wird von uns im Kapitalismus ja auch nicht gebraucht, wir sollen so viel können, wie von uns in jeweiligen Jobs verlangt wird. Das Bildungssystem ist weniger dazu da, uns Wissen zu vermitteln, sondern viel mehr um uns an die Spielregeln des Kapitalismus zu gewöhnen.
Dass dieses Konkurrenzsystem die Menschheit nicht weiterbringt, ist heute offensichtlich: Billionen Euro verschwinden im Schwarzen Loch von „Bankenrettungspaketen“ und „Rettungsschirmen“, ganze Staaten stehen vor dem Bankrott. Menschen können nicht frei aussuchen, was sie arbeiten wollen, sondern werden durch Launen der Märkte in Sparten rein- und rausgedrängt.
Die SLP kämpft für eine Gesellschaft, in der nicht die Konkurrenz vorherrscht. Eine Gesellschaft, in der das, was alle betrifft, auch allen gehört. Eine Gesellschaft, in der jedeR jeden Aspekt seines/ihres Lebens mitbestimmen kann. Eine Gesellschaft, in der gemeinsam und demokratisch produziert und nicht gegeneinander und diktatorisch produziert wird. Diese Gesellschaft nennen wir Sozialismus.
Klar, dass in einem System, das nicht auf Konkurrenz, sondern dem Zusammenspiel der Menschen aufbaut, auch das Bildungssystem anders aussieht. Wie genau ein sozialistisches Bildungssystem aussehen würde, kann niemand vorhersagen. Aber die gesellschaftlichen Grundbedingungen wären erstmals gegeben, um die Entfaltung des menschlichen Individuums zu ermöglichen.
In einer Gesellschaft, in der der Reichtum nicht in die Luxuswagensammlung des Sultans von Brunei oder die Orgien Berlusconis fließt, ist genug Geld da, um flächendeckende Kleinkinderbetreuung zu garantieren. Diese wird nicht nur von einer/m überarbeiteten PädagogIn geleitet, sondern von einem großen Team aus gut ausgebildeten PädagogInnen. In den Schulen kann gemeinsam gelernt werden – weg ist die strikte Trennung in „Lehrende“ und „Lernende“. Demokratie wird auf allen Ebenen zum Prinzip. Vom Speiseplan über den Lehrplan bis zur Farbe der Wände – Alle Betroffenen können demokratisch entscheiden und gestalten. Erstmals können alle an Bildung teilhaben. Menschen mit besonderen Bedürfnissen, die heutzutage als „Behinderte“ gelten, werden nicht in Sonderschulen abgeschoben. In jeder Klasse werden SchülerInnen mit besonderen Bedürfnissen von ihren MitschülerInnen unterstützt. MigrantInnen hätten endlich die gleichen Chancen wie „Einheimische“. Unterschiedliche Herkunft würde den Unterricht bereichern statt behindern, weil sich die Kinder ohne Leistungsdruck mit anderen Kulturen und Sprachen vertraut machen können. Die Bildungseinrichtungen wären aber keine abgehobenen Elfenbeintürme, sie würden eng mit der Gesellschaft verbunden sein. Durch die Aufhebung der Trennung von „Hand“- und „Kopf“-Arbeit könnten SchülerInnen innerhalb ihrer Schulbildung auch handarbeitliche Flächenberufe erlernen, Exkursionen wären nicht der Ausbruch aus dem faden Schulalltag, sondern eine regelmäßige Praxiserfahrung für die Lernenden. Überhaupt würde „Schule“ nicht mehr einfach in einem Gebäude stattfinden, sondern überall, wo es etwas zu lernen gibt.
In einer sozialistischen Gesellschaft ist die Entfaltung all unserer Fähigkeiten überhaupt erst möglich.
In einer anderen Gesellschaft könnten die Menschen tatsächlich ihr Leben lang lernen – Eine Verteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit könnte die tägliche Arbeitszeit beim aktuellen Stand der Technik auf 4 Stunden täglich oder gar noch weniger reduzieren. Es wäre genug Freizeit da, um sich umfassend weiterzubilden.
Dass all das keine illusorischen Utopien sind, zeigt die Realität. Es gibt Schulen ohne Noten, Integrationsklassen und Schulen, in denen die SchülerInnen mitbestimmen, was gelernt wird. Zurzeit sind es Schulversuche, Ausnahmen, die meist an teuren Privatschulen stattfinden. Im Sozialismus wären diese Ausnahmen die Regel. Es gäbe keine Privilegien für die, die es sich leisten könnten. Erfolgreiche Konzepte würden sich ausbreiten, weil die bestmögliche Lernatmosphäre im Mittelpunkt steht und nicht die Aufrechterhaltung von gesellschaftlichen Klassen.
Klar ist, dass so eine Gesellschaft nicht vom Himmel fallen wird. Besonders jetzt, in Anbetracht einer kapitalistischen Krise, deren ungeheure Ausmaße noch unklar sind, ist die Frage einer anderen Gesellschaft brennender denn je. Bewegungen, die sich gegen die kapitalistischen Verhältnisse richten, tragen somit auch zur Befreiung des Bildungssystems bei. Während der „UniBrennt“-Bewegung 2009, die sich gegen die unhaltbaren Studienbedingungen zur Wehr setzte, kam es im Rahmen der besetzten Hörsäle zu alternativen Vorlesungen und Seminaren, wo alle mitmachen konnten. Überall auf der Welt gibt es aktuell massiven Widerstand gegen die Auswirkungen des Kapitalismus. Die SLP ist mit ihren Schwesterorganisationen in 45 Ländern der sozialistische Teil in den verschiedenen Bewegungen – unser Ziel ist der Sturz des Kapitalismus und eine wirklich freie und demokratische Gesellschaft.