Fr 22.10.2010
Vorwärts: Als ihr Erfahren habt von der drohenden Abschiebung Eurer Mitschülerin Araksya, wie habt ihr da reagiert?
Moritz: Ich hab am Mittwochabend davon erfahren, dass Araksya abgeschoben werden sollte und geflohen ist. Wir haben gleich am nächsten Morgen eine KlassensprecherInnensitzung einberufen. Die SchülerInnen wurden informiert. Wir haben diskutiert, Ideen gesammelt und dann Arbeitsgruppen gemacht. Wir haben einen offenen Brief verfasst und eine Unterschriftenliste. Am ersten Tag war kein Regelunterricht möglich, alle waren unterwegs in Schule und auf der Straße und haben Unterschriften gesammelt. Es wurden Plakate aufgehängt, die ganze Schule umgestaltet. Auf der Glastür am Eingang haben wir z.b. Plakat mit dem Namen von Araksya aufgehängt.
Max: Wir haben mit einer Facebookseite begonnen, am Freitag haben wir eine Homepage gemacht. Es wurde gleich an Flyern gearbeitet. Am ersten Tag sind viele Ideen gesammelt worden und wir haben auch gleich viel Pressearbeit gemacht.
Moritz: Das wichtigste war, dass die ganze Schule dabei war, dass alle hinter Araksya gestanden sind und mitgemacht haben.
Welche Tipps habt ihr für andere, die ähnliches machen wollen?
Max: Die Leute informieren. Wir haben eine KlassensprecherInnenkonferenz einberufen, haben diskutiert, Leute informieren, dass es wichtig ist. Dass es um MitschülerInnen und FreundInnen geht, nicht um irgendwas.
Moritz: Wir haben das alles selbst auf die Beine gestellt und wir haben keinen Druck gekriegt. Wir haben auch keine Probleme mit LehrerInnen und Direktion gehabt.
Wie habt ihr den Schulstreik am 19. Oktober erlebt?
Moritz: Ein Wahnsinn! Obwohl der Stadtschulrat geschrieben hat, dass es kein Entschuldigungsgrund ist, und obwohl das noch mal vorgelesen wurde sind trotzdem über 300 SchülerInnnen aus unserer Schule gekommen. Es waren alle engagiert, sie waren nicht dort, weil sie schwänzen wollten, sondern sie haben alle gewusst, worum es geht.
War Araksya eingebunden?
Moritz: Nein, wir haben erst gestern (am Mittwoch den 20. Oktober) Nachricht von ihr erhalten. Sie hat ein Plakat gemacht „Borg 3, die beste Schule der Welt“. Das war großartig, das hat mich sehr berührt. Und wir sind sehr erleichtert, dass es ihr gut geht und sie unsere Aktionen gut findet.
Wie habt ihr die Solidarität der anderen Schulen erlebt
Moritz: Es haben uns aus 32 Schulen die SchulsprecherInnen unterstützt. Es waren ca. 2000 SchülerInnen auf der Demo. Allein aus Krems haben wir 500 Unterschriften per Mail gekriegt. Aus Melk ist eine Schülerin extra nach Wien gekommen mit dem Zug, hat 500 Unterschriften gebracht und ist wieder nach Hause gefahren.
Max: Insgesamt haben wir wohl bis jetzt rund 6000 Unterschriften. Man kann und soll auch noch online unterschreiben auf ausmitraus.aks.at.
Was plant ihr als nächste Schritte?
Moritz: Gestern (am Mittwoch den 20. Oktober) waren wir im Parlament, waren dort präsent. Fr. Korun und Fr Glawischnig von den Grünen haben auf uns hingewiesen. Wir haben mit der Pressesprecherin von Frau Fekter Kontakt aufgenommen und versuchen einen Termin zu kriegen um die 6000 Unterschriften und den Brief zu überreichen.
Wenn das nicht reicht? Was plant ihr dann?
Moritz: Dann werden wir schauen. Wir werden eine neue KlassensprecherInnenkonferenz einberufen, Ideen sammeln und dann schau ma mal…
Was haltet ihr von Idee eines österreichweiten Schulstreiks gegen Abschiebungen?
Moritz: Ich denke das wir da dabei wären...
Max: Die SchülerInnen des Borg 3 wären aus politischen Gründen dabei. Weil sie zeigen wollen, dass sie gegen die ungerechte Asylpolitik sind.
Moritz: Für uns steht zwar Araksya im Zentrum, aber es geht uns um die ganze Asylpolitik, die wollen wir verändern.
Welche Forderungen habt ihr?
Moritz: Jetzt einmal humanes Bleiberecht für Araksya und ihre Mutter. Aber wir wollen auch die Veränderung der Asylpolitik. Ich bin stolz darauf, an dieser schule Schulsprecher zu sein – und dass wir das gemeinsam schaffen.
Max: Ich wünsche allen anderen Schulen Glück, wenn sie ähnliche Fälle haben, und ich hoffe, dass sie sich genauso einsetzen für ihre MitschülerInnen wie wir das getan haben. Es ist sehr wichtig, sich für seine Mitmenschen einzusetzen, wenn ihnen eine solche Ungerechtigkeit widerfährt. Ich hoffe, es wird in den Nachrichten künftig mehr über Protestaktionen in diese Richtung geben - über Aktionen von SchülerInnen, die hoffentlich auch was verändern.
Flugblatt der SchülerInnen des Borg 3
Wir sind schockiert!
Araskya M. (14) lebt seit vier Jahren in Österreich und besucht das Borg3. Am 13.10. kamen fünf PolizistInnen in die Schule um sie abzuholen und aus Österreich abzuschieben. Sie konnte noch rechtzeitig untertauchen. Dieser Vorgehensweise fehlt jede Humanität!
Wir appellieren deshalb an Sie als Abgeordnete zum Nationalrat und als Menschen, auf unsere Forderungen einzugehen.
- Humanitäres Bleiberecht für Arakysa und ihre Mutter
- Änderung der Asylpolitik: Schubhaft abschaffen - Arbeitserlaubnis für AsylwerberInnen bei laufendem Verfahren - Entkriminalisierung von AsylwerberInnen
- Menschenwürdiger Umgang mit AsylwerberInnen