Mi 31.03.2010
Die Neuigkeiten aus Griechenland überschlagen sich täglich. Berichtet wird auf der einen Seite über die enormen Staatsschulden, die angeblich notwendigen Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst und die „Hilfspakete“ von EU und IWF (Internationaler Währungsfond). Auf der anderen Seite gibt es riesige Streikbewegungen gegen den geplanten und zum Teil bereits umgesetzten Sozialabbau. Doch auch in Irland, Spanien, Großbritannien und Portugal spielt sich Ähnliches ab. Am bisher stärksten von der Krise betroffen ist jedoch Griechenland.
Soziale Lage schon jetzt katastrophal
Die letzten Jahre waren europaweit gekennzeichnet von Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich, Privatisierungen, Stellenabbau im großen Stil und Steuerreformen zu Lasten der ArbeiterInnenklasse. Wozu das in Griechenland geführt hat, das sehen wir jetzt: 25% der griechischen Bevölkerung leben von weniger als 700 Euro im Monat (bei durchschnittlichen Mieten von 450 Euro), die Arbeitslosigkeit liegt bei 10,6% (Nov. 2009) und hat einen neuen Höchststand erreicht. In Spanien sind 42% der unter 24 Jährigen arbeitslos. 20% der PortugiesInnen leben unter der Armutsgrenze und 2009 wurden allein in Portugal 108.000 Arbeitsplätze abgebaut. Doch die ArbeitnehmerInnen sollen noch weiter für die Krise bezahlen. 20% der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sollen in Griechenland abgebaut werden, gleichzeitig wird das Pensionsalter um zwei Jahre angehoben. In Irland sollen drei Milliarden Euro im öffentlichen Dienst gestrichen werden. In Britannien gibt es Pläne für den Abbau von 170.000 Stellen allein bei den Stadtverwaltungen. Griechenland hat Pläne für die Kürzung von weiteren 4,8 Milliarden Euro. Das sind katastrophale Aussichten für die ArbeiterInnenklasse und darum formiert sich Widerstand in Europa.
Wo ist das Geld hin?
Viele Menschen in Europa sind zurecht sauer über die Kürzungspolitik „ihrer“ Regierungen. Die ArbeiterInnenklasse soll für die Auswirkungen der Wirtschaftskrise zahlen, die sie nicht verursacht haben. Für den Sozialstaat ist angeblich kein Geld da. Gleichzeitig gingen Milliarden an die Banken (in Griechenland 28 Milliarden Euro) und der griechische Staat kann es sich anscheinend auch leisten, dass die Unternehmen acht Milliarden Euro Schulden bei den Pensionsversicherungen haben.
Andere europäische Staaten versuchen Griechenland als Ausnahme darzustellen. Aber alle EU-Staaten haben mit Budgetzahlen jongliert. Österreich ist für die „kreative Buchführung“ berüchtigt. Nun schüren die Herrschenden unter dem Motto, „die Südländer haben noch nie etwas von Wirtschaft verstanden und sind alle korrupt“, Rassismus. Sie behaupten, dass „wir ÖsterreicherInnen jetzt für die Unfähigkeit der GriechInnen bezahlen müssen“. Es gibt aber kein „wir“ von bürgerlichen PolitikerInnen, UnternehmerInnen und der arbeitenden Bevölkerung in Österreich oder Griechenland. „Wir“, das sind die griechischen und österreichischen ArbeiterInnen, die für die Krise zahlen sollen.
Für kämpferische Gewerkschaften!
Die Liste der Streiks in Europa seit Anfang des Jahres 2010 ist lang. Allein in Griechenland waren es drei Generalstreiks im Februar und März. Am 11. März stand Griechenland quasi still, weil 90% aller ArbeitnehmerInnen im öffentlichen und privaten Sektor teilnahmen. 100.000 Menschen demonstrierten in Athen gegen die geplanten Kürzungen bei den Pensionen und Gehältern. Die Mobilisierungen heute knüpfen dabei an eine Reihe von erfolgreichen Bewegungen, wie z.B. an den Unibesetzungen 2008, an.
Im Februar streikten die SpanierInnen einen Tag lang, in Portugal fand ein Generalstreik am 4. März statt, an dem 80% der arbeitenden Bevölkerung teilnahmen. Das Verständnis für die Streikmaßnahmen im Rest der Bevölkerung ist groß, sowohl in Griechenland, als auch in Portugal. In beiden Ländern kamen die Kampfmaßnahmen aber erst auf Druck der ArbeiterInnenklasse auf die Gewerkschaftsführung zustande. Der Aufbau von kämpferischen Gewerkschaften, die der Bewegung nicht hinterherhinken, sondern die Führung übernehmen, ist ein zentraler Punkt der Arbeit des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale (CWI). Das beste Beispiel dafür ist Britannien. Dort gab es am 8./9. März einen Streik im öffentlichen Dienst, an dem sich 200.000 ArbeitnehmerInnen beteiligten. Die Gewerkschaft PCS spielte dabei eine zentrale Rolle, nicht zuletzt weil Mitglieder unserer Schwesterorganisation (Socialist Party) eine zentrale Rolle in ihr spielen und für ihren kämpferischen Kurs breite Unterstützung erhalten.
Neue ArbeiterInnenpartei notwendig!
Die sozialdemokratischen Parteien haben europaweit einen Verbürgerlichungsprozess durchgemacht. Ob New Labour in GB oder die PASOK in Griechenland. Sie bilden jetzt die Speerspitze bei den Angriffen auf die ArbeiterInnenklasse. Der Unmut in der Bevölkerung ist groß und das Vakuum auf der Linken auch. Um die Angriffe auf Dauer abwehren zu können braucht es in ganz Europa neue ArbeiterInnenparteien. Es gibt in verschiedenen Ländern unterschiedliche Ansätze dafür (in Deutschland z.B. die Linkspartei). In Griechenland gibt es die Formation SYRIZA, die der erste Schritt in diese Richtung ist. In ihr arbeitet auch unsere Schwesterpartei Xekinima. Gemeinsam mit anderen setzten wir uns für mehr Demokratie, politische Inhalte und eine bessere Basisorganisation ein. Außerdem kämpfen wir für ein sozialistisches Programm innerhalb von SYRIZA, damit sie sich zu einer politischen Kraft entwickeln kann, die in der Lage ist, die Proteste weiterzutragen und ArbeiterInnen und die Jugend für einen Wandel in der Gesellschaft zu organisieren.