Mo 22.03.2010
Die Wiener Gemeinderatswahlen finden vor dem Hintergrund der größten Angriffe auf die ArbeitnehmerInnen und ihre Familien seit Jahrzehnten statt. Finanzminister Pröll sagt zu den Sparplänen „Noch nie zuvor hat es eine derart große Kurskorrektur in der Budgetgestaltung gegeben.“ Sechs Milliarden sollen in den nächsten Jahren gespart (also gekürzt) werden – z.B. rund zwei Milliarden bei Arbeit und Soziales. Der Chef der Bundeswirtschaftskammer Leitl schlägt Kürzungen von 7,5 Milliarden bei Pensionen und Gesundheit vor. Geplant sind auch Steuererhöhungen – v.a. bei den Massensteuern. Den Haushalten von ArbeitnehmerInnen, Arbeitslosen, Menschen, die ohnehin schon jeden Euro mehrmals umdrehen müssen sollen durch das Etikett „Öko“ zusätzliche Ausgaben von mehreren hundert Euro pro Jahr abgenommen werden. Dem gegenüber steht eine Milliarde Euro Schulden der Unternehmen bei den Krankenkassen. Bzw. 10 Milliarden die im Budget 2009 als größter Budgetposten für Finanzmarktstabilität vorgesehen waren.
Entgegen der Propaganda vom Ende der Krise, zeigen alle Indikatoren darauf, dass weitere Einbrüche noch kommen. Und v.a. noch dramatische soziale Einschnitte. Eines ist sicher: die Krise ist nicht vorbei, sondern weitere Angriffe sind v.a. nach den Wahlen im Herbst zu erwarten.
Die Bundesländer sind u.a. durch die Steuerausfälle voll von der Krise betroffen. Der Druck wird auf die Länder und die Kommunen weitergegeben. Div. Sozialleistungen sind Länder- oder sogar Gemeindesache wie Miet- und Heizungszuschüsse. Oder die konkrete Umsetzung d.h. Vollziehung ist Ländersache. D.h. die Frage, wie stark der Druck, die Stigmatisierung der Betroffenen ist, welche Einschränkungen es gibt wir nach unten weitergegeben. Bei allem was kein Recht ist, geht es in Richtung Almosen und ist daher willkürlich. Kärnten ist hier Extrembeispiel, aber auch in Wien gibt es viel Willkür und Druck der auch hier von oben kommt.
Die SPÖ versucht sich in sozialer Rhetorik in Wien. Das Budget 2009 ist ein Defizitbudget, was von der SPÖ verteidigt wird. Die Steigerungen sind v.a. bei div. Ausgaben zur Ankurbelung der Wirtschaft. Das soziale Mäntelchen wird nur übergehängt. Vollmundige Sager von Brauner & Co. können nicht über die neoliberale Politik der Wiener SPÖ hinwegtäuschen. Fast der gesamte Sozial- und Gesundheitsbereich ist in den Fonds Soziales Wien ausgegliedert, ist nicht im Wiener Budget, Und gerade in diesem Bereich fehlt es massiv an Geld, steigen die prekären Arbeitsverhältnisse und die Ausbeutung der Beschäftigten. Die SPÖ Wien hat auch eine Reihe von kommunalen Leistungen bzw. Teilen der Infrastruktur über Cross-Boarder-Leasing gefährdet. Die grossen Kürzungen kommen nach dem 10.10. – soviel ist sicher.
Wie gehen SozialistInnen damit um? Wir orientieren uns nicht an Bedürfnissen des „Budgets“ oder „der Wirtschaft“ oder an „Vorgaben“ sondern an den Bedürfnissen der Menschen
Die soziale Situation ist tlws jetzt schon dramatis
- 17% der ArbeitnehmerInnen in Wien sind Working Poor, haben also trotz Job zuwenig für ein menschenwürdiges Leben.
- 250.000 Menschen sind armutsgefährdet, davon 70.000 Kinder+Jugendliche.
- In Wien gibt es jetzt schon 100.000 SozialhilfeempfängerInnen, und viele mehr, die eigentlich Anspruch auf Sozialhilfe hätten, weil sie sowenig Geld haben.
- 83.000 WienerInnen sind Arbeitslos, das sind ca. 10%. Darunter 11.5000 Jugendliche und auf jede offene Lehrstelle kommen vier BewerberInnen.
Angesichts dieser Situation ist es wichtig, die engen Spielräume nicht zu akzeptieren, sich in den Forderungen nicht auf Bezirksthemen zu beschränken. Es ist wichtig die Sparpläne der Regierung aufgreifen, Kämpfe, Bewegungen, Demonstrationen und Streiks dagegen zu unterstützen, zu initiieren und zu organisieren.
Es braucht Forderungen die an den Problemen anknüpfen und es ist notwendig, die Rolle des Kapitalismus an sich erklären. Wir müssen die Logik des Systems hinter uns lassen und sozialistische Antworten geben, wie
- Wieder-Verstaatlichung von privatisierten bzw. ausgegliederten Bereichen
- demokratische Kontrolle dieser Bereiche durch KonsumentInnen/KlientInnen/Beschäftigte
- Rassismus nicht durch moralische Appelle sondern durch soziale Verbesserungen bekämpfen
- Öffentliche Investitionen in Bildung, Soziales, Gesundheit – finanziert durch jene, die sich so lange auf unsere Kosten bereichert haben. Wo sind die Gewinne, Subventionen und Steuererleichterungen der letzten Jahre hingeflossen. Bei einer durchsicht der Firmenbücher wird sich sehr rasch zeigen, wo unser Geld gelandet ist. Wenn sich Unternehmen weigern dieses Geld zurück zu geben können diese auch zum Wohle der Allgemeinheit Verstaatlicht werdenDurch eine Arbeitszeitverkürzung im Öffentlichen Dienst und der Einführung eines Mindestlohnes von dem Mensch ordentlich leben kann könnte der öffentliche Dienst in Wien schlagartig Jobs schaffen und die Armut effektiv bekämpfen.
Ist all das kommunal nicht möglich? Die etablierten Parteien geben Kürzungen der Bundesebene einfach weiter. Aber auch KommunalpolitikerInnen können sich natürlich weigern, das zu tun. Dazu braucht es allerdings politischen Kampf, Einbeziehung der Betroffenen, Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften. Es muss politischer Druck auf die Bundespolitik und die Unternehmen aufgebaut werden. Gerade Wien ist hier in einer ungleich stärkeren Position als andere Kommunen.
Das Beispiel von Liverpool 1984 zeigt wie es auch geht. Ein wirklich sozialistischer Stadtrat hat dort ein Wohnbauprogramm durchgeführt, Kindergärten und Sporteinrichtungen eingeführt, die Arbeitszeit im Öffentlichen Dienst bei vollem Lohn dramatisch reduziert. Kombiniert war dies mit ganz neuen Formen von Demokratie. Die städtische Politik wurde von großen gewerkschaftliche und AnrainerInnen-Versammlungen begleitet, wo diskutiert und mitentschieden wurde. Der damaligen britischen Premierministerin, Margaret Thatcher, der Vorkämpferin für neoliberale Politik, konnten so Millionen abgerungen werden und die soziale Situation für sehr viele Menschen in Liverpool nachhaltig verbessert werden.
Gerade heute, in der Krise, würde eine sozialistische Kommunalpolitik die kapitalistischen Sachzwänge und ihre Logik sprengen. Eine Arbeitszeitverkürzung, ein Nulltarif auf öffentliche Verkehrsmittel, neue leistbare Wohnungen etc. All das hätte eine enorme Vorbildwirkung weit über die Grenzen Wiens hinaus. Im Kampf für solche Verbesserungen kommt es zu Veränderungen im Bewusstsein, lernen Menschen, sich für ihre Interessen einzusetzen und lernen die Kraft der ArbeiterInnenklasse im gemeinsamen Kampf kennen. So eine – so eine sozialistische Kommunalpolitik braucht es dringend!