Mo 01.09.2008
Das irische “Nein” zum EU-Vertrag von Lissabon bedeutete einen historischen Stolperstein in der Geschichte der EU. Doch wer hat warum gegen den Vertrag gestimmt? War es wirklich eine nationalistische, konservative Entscheidung, wie die Medien es uns glauben machen wollen? Ein genauer Blick auf das Ganze zeigt folgendes: Es war hauptsächlich die Zustimmung der IrInnen zu den Vorbehalten der Linken, die ausschlaggebend für das Ergebnis war. 74% der ArbeitnehmerInnen und 54% der Jugendlichen stimmten gegen den Vertrag, weil er Militarisierung und Privatisierung bedeutet hätte. Der Vertrag von Lissabon fordert höhere Investitionen im Bereich der Rüstungsindustrie und er intensiviert die Militarisierung der Europäischen Union. Das Protokoll 6 besagt, dass wirtschaftliche Konkurrenz zu einem Eckpfeiler der EU-Politik werden soll und dass freier Handel und Profit über die Rechte von ArbeitnehmerInnen gestellt werden. Der Artikel 188c des Vertrages verbietet den Staaten, gegen Handelsabschlüsse, bei denen es um Gesundheit oder Bildung geht, ein Veto einzulegen. Damit wäre SpekulantInnen Tür und Tor geöffnet, sich nun die profitablen Gustostückchen aus Gesundheits- und Bildungswesen herauszupicken. Nur eine verschwindend geringe Minderheit hingegen wählte aus traditionell rechten Gründen “Nein”. Nur 4% der Nein-Wähler trafen ihre Entscheidung beispielsweise wegen der Abtreibungsfrage.
Die irische Sektion des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale, die Socialist Party, spielte eine zentrale, wenn nicht DIE zentrale Rolle in der Nein-Kampagne. Sie plakatierte: “Nein zur Privatisierung von Gesundheit und Bildung – Nein zu Lissabon” und “Löhne und Arbeitsbedingungen verteidigen – Nein zu Lissabon”. Das Engagement von Joe Higgins, Mitglied der Socialist Party und ehemaliger Parlamentsabgeordneter, wird auch von bürgerlicher Seite als einer der Hauptgründe für das “Nein” gehandelt. So schrieb der “Evening Herald: “Sie haben nicht erkannt, welchen Einfluss Außenseiter wie Joe Higgins haben. Joe Higgins ist eine Institution. Er ist mehr als ein Kuriosum. Leute, an denen nichts Linkes ist, identifizieren sich mit ihm, weil sie ihn geradlinig, engagiert und geistreich finden. Als er sagte, dass das Gesundheitswesen privatisiert wird, hat sie das gewurmt.” Gewurmt, aber in einer anderen Hinsicht hat es auch die Gesundheitsministerin Mary Harney, die sich in einer Radiodebatte beschwerte, dass die Socialist Party im ganzen Land Plakate aufgehängt hat, auf denen sie darauf aufmerksam macht, dass mit dem Lissabon-Vertrag das Gesundheitswesen privatisiert wird.
Die von der Socialist Party organisierten Debatten mit führenden VertreterInnen der Ja-Kampagne waren mit hunderten TeilnehmerInnen die größten öffentlichen Debatten zu diesen Themen in Städten wie Dublin und Cork.
Diese aktive und erfolgreiche Kampagne stärkte die Positionen der Socialist Party und des CWI und ist ein Musterbeispiel für ein gelungenes Engagement im Interesse der ArbeitnehmerInnen und Jugendlichen.