Di 25.04.2006
“Einem Angehörigen aus dem Kulturkreis des Angeklagten müsse mit aller Deutlichkeit vor Augen geführt werden, dass es sich bei österreichischen Supermärkten keinesfalls um Selbstbedienungsläden für Kriminelle handelt.” Auszug aus der schriftlichen Urteilsbegründung für den Versuch eines Ladendiebstahls in der Höhe von 12,90 Euro.
Urteil: 7 Monate Haft; davon 2 Monate unbedingt (nach 9 Wochen Untersuchungshaft).
Der Kriminelle: Ein Asylwerber, der mit seiner Frau und drei Kindern von 820 Euro monatlich leben muss. Das Problem sind aber nicht nur einzelne rechte RichterIn (oder PolizistIn). Rassismus hat System!
Das “Feindbild Ausländer” wird gemacht
Anfang der 90er Jahre wurde das Thema “AusländerInnen” zu einer entscheidenden innenpolitischen Frage gemacht: Die FPÖ betrieb die Hetze - SPÖVP machten die Gesetze. Nach dem Regierungswechsel wurde diese Politik - erwartungsgemäß - fortgesetzt und verschärft. Die SPÖ stimmte auch da vielen Verschlechterungen zu und die Grünen greifen zwar manchmal einzelne “Härtefälle” auf, sind aber auch z.B. für AusländerInnenquoten. Der Effekt: Nicht nur der Rassismus nimmt zu ...
Soziale Lage verschlechtert sich seit Jahren
Die Arbeitslosenrate ist hier inzwischen fast doppelt so hoch wie bei Inländern - bei Jugendlichen noch höher. Und das, obwohl MigrantInnen ohnehin am unteren Ende der Lohnskala stehen und meist mehrere Jobs annehmen müssen um ihr Überleben zu ermöglichen. Diese Situation schadet aber nicht nur den MigrantInnen selbst. Sie schadet auch in zunehmendem Maße der gesamten ArbeiterInnenklasse. Menschen, die um zu überleben jeden auch noch so schlecht bezahlten Job annehmen müssen; Menschen die in die Illegalität getrieben werden, die auf Grund ihrer Herkunft von vorne herein kriminalisiert werden, werden missbraucht um das Lohnniveau noch weiter zu senken und den Druck auf alle ArbeiterInnen zu erhöhen. Sie werden von den Unternehmen nicht angemeldet - arbeiten also ohne es zu wollen illegal - weil sich die Unternehmen dadurch einen Haufen Geld ersparen, sie haben keine Ansprüche auf Sozialleistungen, da ja auch keine Sozialabgaben bezahlt werden, und sind die einzig Leidtragenden, wenn so etwas auffliegt. Dies dient dazu die ArbeiterInnen gegeneinander aufzuhetzen um die Einigung und Stärkung der ArbeiterInnenklasse zu verhindern.
Was machen die Gewerkschaften?
Sie tun für MigrantInnen noch weniger als für österreichische ArbeiterInnen. Sie waren z.B. für die EU-Erweiterung für Unternehmen und treten zugleich dafür ein, die ArbeiterInnen so lange als möglich auszusperren. Sie unterstützen dadurch das Auseinanderdividieren der ArbeiterInnenklasse.
Zur ArbeiterInnenklasse gehören aber ALLE Lohnabhängigen, Arbeitslosen, vom “Arbeitsmarkt” ausgesperrten - gleich woher sie kommen und aus welchen Gründen sie sich für einen Aufenthaltsort entschieden haben. Klassenbewusstsein ist nicht an eine Staatsangehörigkeit gebunden und endet auch nicht an den Landesgrenzen. Nur gemeinsamer Kampf und Einigkeit der ArbeiterInnenklasse können zu Erfolgen führen. Während aktuell die Misshandlung des Asylwerbers Bakary J. - wieder einmal - drastisch aufgezeigt hat, wie Menschen anderer Herkunft in diesem Staat zuweilen behandelt werden, ist die verhinderte Abschiebung der Schülerin Relly aus Wien ein echter Lichtblick. Durch eine massive Kampagne von Jugendlichen (http://www.relly-friends.at.tf) wurde erfolgreich Solidarität in die Praxis umgesetzt - ein echtes Beispiel z.B. für den ÖGB ...