Fr 01.06.2007
Ein wichtiger Schwerpunkt des Weltkongresses des CWI im Januar 2007, war die Debatte um Weltbeziehungen. Peter Taafe, Generalsekretär der Socialist Party in England und wales und Mitglied im Internationalen Sekretariat des CWI, stellte in seiner Einleitung dar, von welchen Veränderungen und Entwicklungen seit dem letzten Kongress im Jahre 2002 wir Zeugen wurden.
2002 griff die stärkste Militärmacht der Welt den Irak an mit dem Ziel den arabischen Raum neu zu ordnen. Heute, einige Jahre später, ist der Irak in ein blutiges Chaos abgeglitten und die US-Armee unfähig Stabilität herzustellen und ihre strategischen Ziele zu erreichen.
Auch in weiteren Regionen der Welt ist die Bevölkerung konfrontiert mit brutalen militärischen Konflikten oder Bürgerkriegen, wie zum Beispiel in Sudan, Palästina und Somalia.
Einige Regierungen haben aufgehört sich den Interessen des westlichen Imperialismus zu fügen und gehen zunehmend eigene Wege, wie zum Beispiel Venezuela und andere Regierungen des lateinamerikanischen Kontinents, wo insgesamt eine Linksverschiebung stattfindet und die Frage nach einer sozialistischen Alternative zu Imperialismus und Kapitalismus auf die Tagesordnung gekommen sind. Auf andere Weise haben auch nicht-linke Regierungen auf Grundlage der momentanen Schwäche des US-Imperialismus begonnen die Großmacht herauszufordern und zunehmend ihre Position auf Kosten der USA auszubauen, wie zum Beispiel der Iran unter Ahmadinedschad.
In entwickelten kapitalistischen Ländern wurden wir in den letzten Jahren Zeuge davon, dass die Regierungen mit zunehmender Instabilität konfrontiert wurden. Das gilt für die ehemalige Regierung Schröder in Deutschland, die jetzt ersetzt wurde von einer großen „Koalition der Verlierer“. Das gilt aber auch für Kanada, Italien und die Regierung von Tony Blair, die an ihr Ende gelangt ist.
Hintergrund ist, dass die Klasse der Kapitalisten weltweit für die zunehmenden Probleme keine Lösung anzubieten haben. Ob es die militärischen Konflikte sind oder die sozialen. Die Schere zwischen arm und reich ist weiter gewachsen.
Irak
Im Vordergrund bei dieser Diskussion stand die Lage im Irak und im Nahen Osten insgesamt, aber auch die Stimmung und die Situation in den USA selbst. Mehrere Delegierte machten auf das Debakel aufmerksam, in das sich die Bush-Regierung im Irak manövriert hat. Nicht nur, dass der ganze Horror im Irak in der Masse der Bevölkerung den Hass auf die Besatzungsmächte verstärkt. Neben unzähligen Opfern unter der Zivilbevölkerung - Schätzungen gehen von Zahlen von mindestens 650 000 Toten aus - ist auch die soziale Situation eine einzige Katastrophe. Noch immer funktioniert die Infrastruktur nicht. Selbst in den Großstädten Bagdad und Basra gibt es immer wieder Stromausfälle. DieArbeitslosenrate liegt bei 50 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit eines Bürgerkrieg wächst von Tag zu Tag.
Die Konflikte zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppierungen nehmen zu und erfassen immer mehr Menschen. Eine Aufsplitterung des Landes in drei Teile - einen schiitischen, einen sunnitischen und einen kurdischen - ist eine mögliche Entwicklung. Ein solches Szenario würde aber keineswegs zu Frieden und Ruhe führen. Ganz im Gegenteil. Ein dauerhafter militärischer Konflikt wäre die Folge, der auch andere Mächte in der Region erfassen könnte. Schließlich fürchten die sunnitischen Kräfte in der Region, zum Beispiel in Saudi-Arabien, den wachsenden schiitischen Einfluss, bei dem die iranischen Machthaber ihre Finger im Spiel haben. Auch bei einer Beibehaltung der staatlichen Einheit des Irak könnten sich andere Mächte in nächster Zeit genötigt sehen, sich in die irakischen Machtkämpfe einzumischen, um den iranischen Einfluss zurück zu drängen. Zunehmendes Chaos und mehr Gewalt würden die Folge sein.
Krieg führt zu Terror
Sozialistinnen und Sozialisten hatten vor der Invasion gewarnt, dass ein Einmarsch der USA und anderer imperialistischer Mächte in den Irak zu Chaos, Terror und der Zunahme sektiererischer Gewalt führen würde. Leider hat sich diese Perspektive vollständig bestätigt.
Die US-Armee sieht sich einer unlösbaren Aufgabe gegenüber. Auch die erneute Aufstockung der Truppenstärke und die wiederholten Versuche Bagdad mit Hilfe militärischer Interventionen, unter Kontrolle zu bekommen, sind bisher gescheitert. In den Auseinandersetzungen mit der Mahdi-Armee des radikalen Schiitenpredigers Muktada-Al-Sadr, ist in erster Linie die Popularität des Radikal-Islamisten gewachsen und damit auch seine Truppenstärke auf jetzt geschätzte 100.000 Kämpfer.
Bush in USA geschwächt
Die Position der Bush-Administration innerhalb der herrschenden Klasse in den USA ist mittlerweile isoliert. Wichtige Kräfte setzen auf drastische Truppenreduzierungen und sogar auf einen vollständigen Abzug im Jahre 2008. Nicht nur Demokraten, sondern auch Politiker mit Rang und Namen aus der republikanischen Partei attackieren die Politik Bushs zunehmend. Auch die Vorschläge der Baker-Kommission, die die Haltung eines Teils der US-amerikanischen Öl-Lobby repräsentieren, bedeuten einen völlig anderen Kurs, als der bisher offizielle Kurs der Regierung. Auch in der US-amerikanischen Bevölkerung ist die Zustimmung für den Krieg mittlerweile nur noch eine Minderheitenmeinung. Nicht mal mehr 30 Prozent geben ihre Zustimmung für den Krieg. Selbst unter den US-SoldatInnen stimmen gerade mal 44 Prozent der Aussage zu, dass der Krieg gegen den Irak gerechtfertigt sei. Insgesamt ist der US-Imperialismus damit angeschlagen und die Grenzen seiner Macht für alle sichtbar geworden.
Angriff auf Iran?
Vor dem Hintergrund, so waren sich die Delegierten einig, ist ein Krieg gegen den Iran unwahrscheinlich. Ein Kurs für eine weitere Eskalationsstrategie hat innerhalb der herrschenden Klasse in den USA keine Zustimmung. Außerdem ist unter den jetzigen Bedingungen, wo die US-Armee Schwierigkeiten hat, die nötige Infrastruktur für den Irak- und Afghanistankrieg aufrecht zu erhalten, nicht möglich eine weitere Bodeninvasion zu starten. Eine solche wäre aber eine notwendige Voraussetzung für einen Regimewechsel im Iran. Trotzdem ist es nicht auszuschließen, dass die USA oder stellvertretend Israel durch Luftangriffe die Atomanlagen im Iran bombardieren.
Libanon
Weiterer Gegenstand der Diskussion war die Situation in Israel nach dem Libanon-Krieg. Die Olmert-Regierung ist nach der Niederlage im Libanon in eine tiefe Krise gestürzt. Im Januar unterstützten gerade mal sieben Prozent Olmert und seine Minister. Aus dieser Krise ist die Regierung nach einer Lawine von Vergewaltigungs-, Sex- und Korruptionsaffären bis heute nicht wieder herausgekommen.
Die libanesische Bevölkerung hat dem aggressiven Angriff des israelischen Imperialismus im Juli 2006 standgehalten und der israelischen Armee eine Niederlage bereitet. Die Hisbollah hat dabei eine wichtige Rolle gespielt und konnte angesichts der Passivität der libanesischen Regierung die Rolle der „Landesverteidiger“ für sich beanspruchen. Dabei spielte eine Rolle, dass die Hisbollah vom Ziel abrückte einen islamischen Staat zu errichten und den Versuch unternahm die verschiedenen Volksgruppen unter ihrem Banner zu vereinigen. Das gelang während des Krieges und in den ersten Monaten danach brachte ihr das eine Massenpopularität auch unter Christen ein. Jedoch wird die nicht lange halten. Die Hisbollah hat ihren grundlegenden Charakter als konfessionelle Organisation nicht geändert. Unter der Zunahme von ethnischen Konflikten wird sie sich wieder auf die schiitische Bevölkerung zurückziehen. Das zeigt auch die Tatsache, dass sie neutral bleibt, während die libanesische Armee versucht die Selbstverwaltung in den palästinensischen Flüchtlingslagern mit brutaler Gewalt auszumerzen. Auch in Klassenauseinandersetzungen wird die Hisbollah keine fortschrittliche Rolle spielen, da sie in ihren Reihen ArbeiterInnen und Kapitalisten zusammen bringt und von ihrer Natur her nicht konsequent auf der Seite der Arbeiterklasse stehen kann. So war sie ja auch Teil der neoliberalen libanesischen Regierung.
Afghanistan
Auch die Lage in Afghanistan war Bestandteil einiger Redebeiträge. Nach dem erklärten Sturz der Taliban vor fünf Jahren, sind diese vor allem im Süden des Landes, wo sie einen erbitterten Guerillakrieg mit den Besatzungstruppen führen, wieder gestärkt. Auch hier ist von Stabilität keine Spur zu sehen. 93 Prozent der Bevölkerung sind auf täglicher Grundlage mit Stromausfällen konfrontiert und fast 80 Prozent haben nicht einmal regelmäßig Zugang zu sauberem Wasser.
Das alles zeigt, dass der Kapitalismus mit jedem Tag seiner weiteren Existenz diese Welt ins Chaos stürzt. Deswegen ist es umso dringender weltweit eine marxistische Internationale aufzubauen, die mit diesem System ein für allemal Schluss macht. Dieser Aufgabe stellen sich Mitglieder des CWI weltweit.