Equal Pay Day: Die Gewerkschaft trägt Verantwortung

Pünktlich zum Equal Pay Day: Real-Nulllohnrunde im Handel beschlossen

Die Heuchelei am heutige Equal Pay Day erreicht durch die Corona-Krise eine neue Stufe. Der Verdienstunterschied (Bruttolöhne in Vollzeit) zwischen Frauen und Männern beträgt in Österreich heuer 19,3 %.

Gerade in den neuerdings als “systemrelevant” bezeichneten Branchen ist nicht nur der Frauenanteil besonders hoch, sonder auch die Einkommen mehrheitlich unter dem österreichischen Durchschnittslohn.

“Am unteren Ende befinden sich damit Reinigungskräfte und Einzelhandelsangestellte – sie verdienen im Schnitt weniger als 1.300 Euro netto pro Monat. In diesen Berufen ist der Frauen- und MigrantInnen-Anteil besonders hoch.”, schreibt die Arbeiterkammer. Kasse bzw. Regalbetreuung machen zu 86 % Frauen.

Nun hat die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) gestern Nacht schon in der ersten Sitzung die Kollektivvertragsverhandlungen im Handel abgeschlossen. Leider reiht sich das Ergebnis in die bisher schon kampflose und magere Herbstlohnrunde ein.

Die Gehälter der fast 433.000 Beschäftigten sollen um 1,5 % steigen und Unternehmen, “die es sich leisten können”, wird empfohlen eine Corona-Prämie von 150 € auszuzahlen.

GPA-Chefverhandlerin Anita Palkovich meint: „Mit dem Abschluss wurde den besonderen wirtschaftlichen Gegebenheiten des Handels Rechnung getragen, und es konnte eine nachhaltige reale Gehaltserhöhung für alle Angestellten erzielt werden.”

Das sehen wir nicht so! Real ist das gerade mal eine Inflationsabgleichung und wenn man die tatsächliche Teuerung betrachtet, befinden wir uns hier weit darunter.

Warum wird so etwas als Erfolg verkauft? Das ist eine Verhöhnung aller Kolleg*innen, die sich in dieser schwierigen Zeit abgeschuftet haben, um die Probleme zu bewältigen, die Arbeitgeber und Politik ignoriert haben. Die großen Ketten haben sogar Mehrprofite gemacht, viele Konzerne haben sich auf Kosten der Steuerzahler*innen Millionen durch die Kurzarbeit gespart und nicht wenige Unternehmen haben Hilfsgelder kassiert. Wenn es sich kleine Geschäfte “nicht leisten können”, dann darf das nicht auf alle Beschäftigten abgewälzt, sondern muss die Verteilung der Gelder durch die Regierung kritisieren werden.

Die Gewerkschaften schreiben heute am Equal Pay Day “Frauen verdienen mehr!” auf Social Media, aber gestern akzeptieren sie kampflos einen katastrophalen Abschluss in einer der größten Frauenbranchen. Das ist Heuchelei!

Mit “Held*innen” geht man anders um! Holen wir uns, was wir verdienen!

  • Wir fordern einen Mindestlohn von 1.700 € und einen Corona-Zuschlag von 500 € für jedes Monat Arbeit unter den besonderen Bedingungen (auch nachwirkend).
  • Wir brauchen eine Wiederaufnahme der KV-Verhandlungen im Rahmen einer extra “Corona-Runde”, begleitet von betrieblichen Aktionen und Streiks, um Druck auf die Profiteure und Verantwortlichen dieser Krise zu machen.
  • So wie jetzt darf es nicht laufen! Wir verlangen nachvollziehbare transparente Verhandlungen, Diskussion über Forderungen in den Betrieben und eine Urabstimmung über jedes Verhandlungsergebnis.
  • Die Gewerkschaft muss in lokalen Konferenzen demokratisch ein Programm gegen Arbeitslosigkeit diskutieren und der steigenden (weiblichen) Arbeitslosigkeit nicht nur in Industrie, sondern auch in Handel und Gastro, aktiv entgegentreten.

Damit hat die Gewerkschaft auch eine Chance auf eine bessere Position im Handel vergeben. Die Kolleg*innen waren wahrscheinlich noch nie so wertgeschätzt wie aktuell. Diese gesteigerte Solidarität und Selbstbewusstsein hätte man nutzen können um durch eine Kampagne (inklusive Kampfmaßnahmen und öffentlichem Druck) nicht nur einen besseren Abschluss zu erzielen, sondern auch den Organisierungsgrad zu erhöhen und dadurch auch langfristig die Kampfposition zu verbessern.

Schluss mit der “Corona-Schockstarre” der Gewerkschaften! Wir brauchen eine Kampfstrategie! Denn wir Frauen können und werden diese Krise nicht zahlen!

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Links: https://www.arbeiterkammer.at/equalpayday2020, https://orf.at/stories/3186220/