Di 17.01.2023
Die Rechte gewinnt Wahlen in Italien, Bolsonaro schneidet stark ab, Trump baut seine Kräfte auf - die Rechten scheinen in der Offensive zu sein. Neben Rassismus sind die Zielscheibe meist Frauen und LGBTQI+ Personen. Hierfür gibt es mehrere Gründe, von konservativen Geschlechterrollen, bis hin zu Ressourcenmangel und Wirtschaftskrisen.
Als Roe gegen Wade gekippt wurde, haben die Rechten in den USA einen landesweiten Angriff auf das körperliche Selbstbestimmungsrecht gestartet. Und das ist Inspiration für Rechte international. Verschärfte Abtreibungsregeln werden nämlich auch künftig eine Gefahr in Italien sein, nach dem Wahlsieg der rechtsaußen Partei Fratelli d’Italia, die offen gegen Abtreibungen ist. Die Vorsitzende und neue Regierungschefin Meloni spricht sich auch gegen gleichgeschlechtliche Ehe aus und will queeren Personen die Adoption per Verfassungsänderung verbieten.
Was steckt dahinter?
Der Kapitalismus stützt sich gerade in Krisenzeiten auf konservative Geschlechterrollen. In den letzten Jahrzehnten passierte ein starker Ausbruch aus den Rollen durch die Frauenbewegungen und LGBTQI+ Community. Mit der Häufung von wirtschaftlichen Problemen wird das zum Problem fürs kapitalistische System. Da kommen reaktionäre Kräfte und ihre Ideen gelegen, um Frauen und queere Personen wieder in diese Rollen zu stecken.
Warum sind diese Geschlechterrollen so wichtig? Sie senken die Produktionskosten und erhöhen so die Profite. In der Berufswelt sind frauendominierte Branchen die mit der schlechtesten Bezahlung - wenn wegen Krisen gespart werden muss, wird dort zuerst gespart. Unbezahlte Care-Arbeit wird als Frauenarbeit abgetan. Geschlechterrollen liefern dann eine „Erklärung“, um diese Ausbeutung zu rechtfertigen („Frauen haben angeborene Fähigkeiten und sind deswegen dafür besser geeignet“ etc.). Und LGBTQI+ Personen brechen aktiv diese Geschlechterrollen, weswegen meist Transpersonen besonders zur Zielscheibe werden.
Staaten brauchen Nachwuchs als Arbeitskräfte und Soldat*innen. In China, Russland, Brasilien und den USA geht die Geburtenrate zurück, gerade hier sind Abtreibungsrechte von Angriffen betroffen, um die Geburtenrate anzuheben. Versucht wird mit dieser Offensive auch, reaktionäre (Wähler*innen)-Schichten anzusprechen. Das war so bei Trump. Bolsonaro setzte stark auf die religiöse Rechte und Lula äußerte sich kritisch zu Abtreibung mit dem Ziel der größeren Unterstützung aus diesem Lager.
Widerstand gegen Angriff auf unsere Rechte
Zumindest in manchen Ländern sind Frauen und LGBTQI+ Personen gesetzlich und damit quasi auf Papier gleichberechtigt. In den meisten Ländern ist das nicht der Fall. Doch selbst diese "Gleichberechtigung” ist nur ein Versprechen, an das sich nicht gehalten wird. Und dieser Widerspruch führt zu Wut und Enttäuschung und das wird dann mit auf die Straße getragen. Das ist der Grund für die vielen feministischen und queeren Proteste auf der Welt. Und selbst die härteste Repression kann diese auf Dauer nicht stoppen. Das kann man beispielsweise im Iran sehen: Begonnen hat es mit Protesten gegen die Sittenpolizei und den Zwangshidschab und auf jede neue Welle von Repression des Regimes antwortet die Bewegung mit noch mehr Widerstand. Das Protestpotential von feministischen und queeren Themen ist groß und ein Grund warum die Herrschenden so brutal dagegen vorgehen mit dem Ziel, es im Keim zu ersticken.
Andererseits ist das aber kein automatischer Prozess: Der Fall von Roe gegen Wade hätte zu Massenprotesten führen können, aber aufgrund der mangelnden Führung und Ablenkung auf die Wahlebene (“wählt Demokraten”) durch die Establishment-Feminist*innen waren die Proteste bis jetzt zu schwach.
Genau deswegen ist es wichtig, eine Bewegung aufzubauen, die den Zusammenhang von Kapitalismus und Geschlechterrollen sieht. Diese Analyse zeigt, wie wir bestmöglich gegen diese strukturelle Unterdrückung von Frauen und LGBTQI+ Personen kämpfen können. Der Kapitalismus hat kein Interesse an der Gleichberechtigung von Frauen und LGBTQI+ Personen, sondern profitiert davon. Diese Bewegung braucht ein sozialistisches Programm und muss klar antikapitalistisch sein.