So 06.10.2019
„Über den Sinn und Zweck der berüchtigten ‚Wohlfühl-Schule‘ kann man lange diskutieren, worüber man jedoch nicht diskutieren kann ist, dass dein momentaner Umgang mit deinen Besuchern, Schüler wie auch Lehrer, echte Leben kostet […], dass seit meinen fünf Jahren hier bei dir sich mindestens vier Personen selbst das Leben genommen haben.“ so Thomas Neuner bei seiner Maturarede über die Zustände an der HTL Wels. Tatsächlich sind Selbstmorde unter Jugendlichen ein zunehmendes Problem - unabhängig von Tote Mädchen lügen nicht. Es ist die zweithäufigste Todesursache bei Erwachsenen unter 25. In Österreich haben 18.000 Jugendliche Selbstmordgedanken.
Jeder Selbstmord hat auch individuelle Gründe. Doch die Zunahme stressbedingter psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen zeigt einen Zusammenhang mit steigendem Stress im Bildungssystem auf. Besonders häufig treten Angststörungen und Depressionen auf. Ein Drittel der Jugendlichen ist akut Burnout-gefährdet.
Die „Reformen“ der letzten Jahre erhöhten die Belastung an den Schulen: Überfüllte Klassen und Lehrpläne einerseits, konstanter Mangel an pädagogischem, sozialem und psychologischem Unterstützungspersonal andererseits. Für Schüler*innen vergeht kaum ein Schultag ohne Stress und Angst.
Gleichzeitig herrscht ein Gefühl der Sinnlosigkeit. Neuner nennt es einen Faustschlag, „wenn man realisiert, dass man sich sämtlichen Stoff des heutigen Schultages in der halben Zeit selbst im Internet erarbeiten hätte können.“ Im Kapitalismus ist das Ziel der Bildung nicht, uns selbst zu kritisch denkenden Menschen zu bilden. Der Leistungsstress soll uns disziplinieren, damit wir in der Wirtschaft bestmöglich verwertbare kleine Rädchen werden. Wer das nicht mitmachen kann oder will, bleibt auf der Strecke. Das führt zu Burnout, Depression, Missbrauch leistungssteigender Drogen, Selbstverletzung und, mit anderen Faktoren, schlimmstenfalls zum Selbstmord.
Wir brauchen Schulstreiks fürs Klima auch an der Schule: Gegen Leistungsdruck und soziale Aussortierung. In solchen Bewegungen erkennen wir auch, dass wir nicht alleine sind – sondern gemeinsam mit anderen ein besseres Leben erkämpfen können.