Was tun bei den Arbeiterkammer-Wahlen?

Stellungnahme der SLP zu den AK-Wahlen 2014
SLP-Bundesleitung

Am 27. 1. war Startschuss für die AK-Wahlen. Gewählt werden neun Länderkammern der AK. Zweieinhalb Millionen ArbeitnehmerInnen können in den nächsten Wochen „ihre“ VertreterInnen in den Arbeiterkammern der verschieden Bundesländer wählen. Die Arbeiterkammern sind in der 1. Republik als Gegenpol und zur Entmachtung der ArbeiterInnen-Räte entstanden und auch heute stark in der österreichischen Sozialpartnerschaft verankert. Sie sind ein Bestandteil des politischen Herrschaftssystems. Fast alle ArbeitnehmerInnen sind Pflichtmitglied in der jeweiligen Arbeiterkammer des Bundeslandes, in dem sie arbeiten. Im Rahmen der Sozialpartnerschaft sind die VertreterInnen der AK in unzähligen Ausschüssen aktiv, an der Entstehung unzähliger wichtiger Gesetze beteiligt. Sie sind in Führungsfunktionen im AMS und in verstaatlichten Betrieben gut positioniert, sie sind in zahlreichen sozialpartnerschaftlich besetzten Gremien und vieles mehr.

Aber der Name „gesetzliche Interessenvertretung“ täuscht. Er lenkt vom eigentlichen Inhalt der AK-Tätigkeit ab. In erste Linie geht es nicht um die sozialen Interessen der ArbeitnehmerInnen, sondern um Kompromisse. Oft wird das hohe Know-How der MitarbeiterInnen der AK nur genutzt, um bei Angriffen der Regierung oder der Unternehmen sozialpolitische Kompromisse mit denselben auszuhandeln. Kompromisse bedeuten aber meist soziale Verschlechterungen und gehen zu Lasten der ArbeitnehmerInnen. Ein typisches Beispiel dafür sind etwa die zahlreichen Flexibilisierungen der Arbeitszeit der letzten Jahre oder die für Viele alles andere als günstige Regelung der „Abfertigung neu“.

Die gute Beratungstätigkeit, die arbeitsrechtliche Unterstützung und die Vielzahl an wissenschaftlichen Studien (etwa zu Armut und Reichtum) sind eine wichtige Stütze der AK. Sie dienen der AK-Spitze vor allem dazu, die Akzeptanz bei ArbeitnehmerInnen und BetriebsrätInnen zu erhalten. Vollkommen zurecht werden diese Leistungen von Vielen geschätzt. Sie sind gerade für BetriebsrätInnen eine wichtige Hilfe. Würde (wie zwischen 2000 und 2006 passiert) eine Regierung versuchen, diese Tätigkeiten einzuschränken, würde dies einen Angriff auf Rechte der ArbeiterInnenbewegung und ihrer Organisationen bedeuten. Trotz ihrer historischen Belastung und obwohl die Institution AK oft praktisch mithilft, Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse durchzubringen bzw. keinerlei ernsthafte Proteste organisiert: Angriffe auf die positiven Teile der AK kommen einer Schwächung der ArbeiterInnenbewegung gleich und Linke sind daher gut beraten, diesen Teil der AK-Tätigkeit als Errungenschaft zu verteidigen.

Doch dabei geht es bei diesen Wahlen nicht. Die wirklich Mächtigen in der AK sind nicht die Vorsitzenden der AK-Vollversammlungen bzw. der Vorsitzende der Bundes-AK, Rudolf Kaske. Die wahre Macht liegt bei den AK-DirektorInnen, die die Arbeit des AK-Apparats steuern, mit der Bundesregierung auf Augenhöhe verhandeln und, wie etwa der Wiener AK-Direktor Werner Muhm, in der SPÖ im Hintergrund die Fäden ziehen. Bei der AK-Wahl wird also nur begrenzt die Politik der AK mitbestimmt.

 

Warum dann eigentlich wählen?

Die aktuellen Kämpfe werden nicht von und auch nicht in der AK geführt. Die VertreterInnen der AK nützen noch nicht einmal die beschränkten Möglichkeiten, z.B. auf der gesetzgeberischen Ebene, um in die Offensive zu gehen. Auch Kampagnen, wie die aktuelle für leistbares Wohnen, beschränken sich auf das Sammeln von Fakten und Appellen an die Regierung. Proteste, Demonstrationen oder gar Streiks sind im Arsenal der AK de facto nicht vorgesehen. Die AK ist zur Zeit also alles andere als eine Kampforganisation der ArbeiterInnenklasse.

Dennoch müssen wir die – beschränkten – Möglichkeiten, die sie bietet, nutzen. Insbesondere, solange es an anderen Kampffeldern (noch) fehlt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die AK-Vollversammlungen auch als Bühne für Bewegungen auf der Straße, in Betrieben und Arbeitsämtern benützt werden kann. Der Flüchtlingsbewegung, der Studierendenbewegung „Unibrennt“ oder jüngst „Sozial aber nicht blöd“ und anderen Protesten (auch internationalen) konnte durch Anträge in der AK-Vollversammlung eine breitere Öffentlichkeit geschaffen werden.

Insofern sollen wir jene Menschen in die AK-Vollversammlungen hinein wählen, die im Betrieb und in sozialen Bewegungen gut verankert sind und für diese Anliegen ihre Stimme in der AK erheben können. Die AK-Vollversammlungen sind eine Möglichkeit, die Spitzen von FSG und FCG mit den Auswirkungen ihrer Politik zu konfrontieren. Auch FPÖ und ÖVP haben VertreterInnen in der AK, deren Politik man entlarven kann. Der Kampf gegen Blau-Schwarz kann nicht der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen - FSG (die in den AK-Versammlungen ohnedies eine überwältigende Mehrheit hat) und den immer stärker werdenden islamisch geprägten Listen überlassen werden. Denn die FSG ist immer noch zu stark mit der SPÖ -Spitze verbunden. Ihre Politik des „Mauermachens“ für Verschlechterungen durch SPÖ-geführte Regierungen trägt massiv zum Aufstieg der Freiheitlichen bei.

Doch diese von uns gewählten VertreterInnen dürfen sich nicht auf Stellen von Anträgen beschränken. Sie müssen den Protesten eine Stimme geben, diese aber auch organisieren und aus der AK-Vollversammlung hinaus tragen. Aktuell könnte dies z.B. der Kampf gegen die Ausdehnung der gesetzlichen Maximalarbeitszeit auf 12 Stunden/Tag sein. Mit der Unterstützung des Koalitionspapiers trägt die FSG- Spitze massiv Schuld an möglichen weiteren Verschlechterungen der Arbeitszeit. Linke VertreterInnen in der AK können dieses Thema offensiv aufgreifen. Sie können gemeinsam mit kämpferischen BetriebsrätInnen eine Kampagnen gegen den 12-Stunden Tag starten. Durch den Druck einer solchen Kampagne und die daraus folgende Konfrontation in den AK-Vollversammlungen kann ein Druck aufgebaut werden, um eine Zustimmung von FSG-VertreterInnen im österreichischen Parlament (etwa von FSG-Chef Katzian) zu verhindern und eine echte Kampagne der AK dagegen zu starten.

 

Wen Wählen?

Linke VertreterInnen, konsequente GewerkschafterInnen können die AK-Vollversammlung als politische Bühne für verschiedene soziale Bewegungen nutzen. Sie können die SpitzenvertreterInnen von ÖGB und AK direkt mit Anliegen der KollegInnen aus dem Betrieb und vom Arbeitsamt konfrontieren.

  • Die FSG halten wir für kein wirkliches Angebot. 1) Weil eine Stimme für die FSG von der FSG-Spitze als eine Unterstützung ihrer Politik umgedeutet werden würde. Und 2) weil in der Fraktion „Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen“ kritische AktivistInnen und kämpferische BetriebsrätInnen kaum eine Chance haben. Sie werden nur geduldet wenn sie keine Kritik einbringen. Wohlmeinende linke GewerkschafterInnen in der FSG dürfen zwar bei internen Sitzungen superlinks auftreten, aber keine linken Inhalte öffentlich formulieren. Die sehr wenigen kritischen und in Bewegungen verankerten Menschen stehen, wenn überhaupt, nur sehr weit hinten auf den FSG-Listen. Die vorderen Plätze auf den FSG-Listen sind dominiert von Menschen aus dem Gewerkschaftsapparat und der SPÖ-Politik. Viele von ihnen lassen sich dann oft für die AK-Vollversammlungen entschuldigen und kommen nur zu wichtigen Anlässen bzw. Medienauftritten. Vereinzelt können dann kritische FSG- BetriebsrätInnen nachrücken. Wagen diese es aber, sich kritisch zu Wort zu melden oder gar gegen die FSG - Mehrheit einem guten linken Antrag zuzustimmen, werden sie bald nicht mehr für AK-Vollversammlungen nominiert werden.

  • Die Listen AUGE-UG (Alternative und Grüne GewerkschafterInnen), der Gewerkschaftliche Linksblock - GLB und die Kommunistische Gewerkschaftsinitative International - KOMintern vertreten in ihren Programmen viele einander ähnliche linke Forderungen (etwa eine radikale Umverteilung, eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn uvm.) Alle drei Listen vertreten einen antirassistischen Ansatz.

  • Die AUGE-UG ist mit Abstand die größte Gruppe, AUGE-VertreterInnen sind immer wieder in sozialen Bewegungen aktiv, oft sind das BürovertreterInnen, AktivistInnen und eher selten auch BetriebsrätInnen. Leider schafft es die AUGE-UG nicht, mit ihrem vollen politisches Gewicht soziale Bewegungen stärker zu unterstützen (was das Engagement einzelner KollegInnen und manche wichtige AUGE-Initiativen nicht schmälert, aber praktisch schwächt). Oft hat es denn Anschein, als sehen AUGE-UG VertreterInnen ihre Rolle auch darin, die FSG-Spitze mit linken Analysen zu beraten, anstatt Druck auf die Spitzen von AK und ÖGB aufzubauen.

  • Der GLB ist in der steirischen und der Wiener Arbeiterkammer vertreten. Er kandidiert bundesweit. Die KOMintern ist in Wien in der AK vertreten und kandidiert in Tirol, Niederösterreich und Wien.

  • In Oberösterreich steht der GLB für eine konsequente Gewerkschaftspolitik im Sozial-und Gesundheitsbereich. Die GLB-BetriebsrätInnen haben maßgeblich zu den Streiks im psychosozialen Bereich 2009 beigetragen. Thomas Erlach, oberösterreichischer GLB-Spitzenkandidat und Betriebsratsvorsitzender bei Exit Sozial in Linz, war auch die einzige Gegenstimme beim BAGS-Niedrigabschluss von 2,5% im Jänner 2014. Zur Zeit hat der GLB keinen Vertreter/keine Vertreterin in der oberösterreichischen Arbeiterkammer. Von der AUGE-UG Vertretung hat man eher das Gefühl, dass diese sich von der grünen Beteiligung an der oberösterreichischen Landesregierung bremsen lassen. Gerade in Oberösterreich gibt es eine kritische BetriebsrätInnenbasis in vielen Fachgewerkschaften, nicht nur im Sozialbereich, auch in anderen Branchen. Der Einzug des GLB in die oberösterreichische Arbeiterkammer wäre eine Hilfe für diese KollegInnen und für soziale Bewegungen. Daher ruft die SLP in Oberösterreich auf, den GLB zu wählen.

  • In Wien halten KOMintern und GLB je ein Mandat. Würde eine der beiden Listen ihr Mandat verlieren, würde dies den Ausgangspunkt für linken und sozialen Widerstand verschlechtern. Am Besten ist es dort, wo gute Erfahrungen mit einzelnen KandidatInnen der beiden Listen gemacht worden sind, diese KollegInnen zu unterstützen. Vor allem wer mit einzelnen VertreterInnen der zwei Listen Kontakt im Betrieb hat, soll diese im Betrieb auch beim AK-Wahlkampf unterstützen und versuchen, diese KandidatInnen in bestehende Bewegungen einzubeziehen.

  • In der Steiermark spielte der GLB eine wichtige Rolle im Widerstand gegen den Sozialabbau von Voves und Schützenhöfer. In der Plattform 25, die den Widerstand maßgeblich koordinierte, spielte zwar auch der AUGE-Betriebsrat Gerhard Zückert eine wichtiger Rolle. Leider kandidiert er bei der AUGE auf keinem prominenten Platz in der Steiermark. Am sinnvollsten ist es daher, in der Steiermark den GLB zu stärken. Durch die starke Verankerung der KPÖ in der Steiermark (der GLB steht traditionell der KPÖ nahe) ist dort ein gutes GLB-Ergebnis möglich. Mit einer konsequenten Politik der Mobilisierung gegen Sozialabbau und Arbeitslosigkeit aber auch gegen Rassismus und für Flüchtlingsrechte könnte ein starker GLB ein reales politisches Gegengewicht zu den Freiheitlichen in der steirischen AK sein. Es wird aber notwendig sein, diese Rolle auch aktiv vom GLB Steiermark einzufordern.

  • Spannend ist, das der „KOMintern“ ein weites Bündnis aus unterschiedlichen linken Gruppen gelungen ist. Bei der KOMintern arbeiten KollegInnen aus Österreich, der Türkei, verschiedenen EU-Ländern, dem Balkan und Armenien zusammen. Das ist ein Fortschritt gegenüber den anderen Listen, bei denen es zwar auch vereinzelte migrantische KandidatInnen gibt, die aber von einer gleichberechtigten Zusammenarbeit von ArbeitnehmerInnen unterschiedlichster Herkunft weit entfernt sind. Gerade im konservativen Tirol wäre der Einzug von KOMintern mit vielen MigrantInnen und einem Aktivisten der Flüchtlingsbewegung ein kleiner Fortschritt, der die Möglichkeiten für soziale Bewegungen verbessern würde.

  • Was tun? Am Besten ist es zu schauen, zu welchen linken KandidatInnen man in politischen Bewegungen oder im Betrieb (etwa weil die KandidatInnen Betriebsräte sind) Kontakt hat. Wen kann man unterstützten um eine linke Stimme in der AK des entsprechenden Bundeslandes zu haben, wen kann man durch die Unterstützung in soziale Bewegungen integrieren? Kann man sich bei einer/m KandidatIn vorstellen, dass sie oder er bei einer Kampagne gegen Betriebsschließungen, bei „Sozial aber nicht blöd“, bei der Flüchtlingsbewegung oder bei einem starken GewerkschafterInnenblock bei der nächsten Demo gegen den WKR-Ball oder anderen Bewegungen dabei ist? Ist es möglich, dass er oder sie in der eigenen Fraktion, in AK und Gewerkschaften die Anliegen dieser Bewegungen vertritt?

  • Doch bei der AK-Wahl gilt, wie bei allen anderen Wahlen – sie sind eine Bühne. Linke KandidatInnen bzw. Listen zu unterstützen ist gut, aber es reicht nicht. Wir müssen uns selbst organisieren, aktiv werden – und mit den Linken, die Mandate haben, gemeinsam eine kämpferische Kampagne aufbauen. Z.B. gegen die die Verlängerung des Maximalarbeitstages auf 12 Stunden.