So 05.09.2021
Wir leben in einer entscheidenden Phase im Kampf gegen den Klimawandel. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) der Vereinten Nationen hat gewarnt, dass wir mit dem derzeitigen Tempo auf eine Erwärmung von 3°C zusteuern - weit über dem Limit von 2°C, das im Pariser Abkommen zur Abwendung einer Klimakatastrophe festgelegt wurde.
Doch diese Katastrophe bahnt sich bereits an - mit tragischen Folgen. In Zhengzhou in China, starben 12 Menschen, nachdem sie nach extremen Regenfällen in überfluteten U-Bahn-Waggons eingeschlossen waren. In Deutschland und Belgien sind Dutzende von Menschen bei beispiellosen Überschwemmungen ums Leben gekommen. In den USA und Kanada haben schwere Hitzewellen Hunderte von Menschenleben gefordert. Es ist deutlicher denn je, dass wir jetzt handeln müssen - nicht erst in 10 oder 20 Jahren.
Angesichts dieser anhaltenden Katastrophen wird die COP26-Konferenz im November in Glasgow, Schottland, wichtige Fragen darüber aufwerfen, wie wir den Klimawandel ernsthaft angehen können.
Seit dem letzten Gipfel, der sich nur dadurch auszeichnete, dass er jegliche Maßnahmen bis zur diesjährigen Konferenz aufschob, haben wir gesehen, dass Kapitalist*innen wie Joe Biden bereit sind, unter dem Druck der Krise, die wir durchleben, große Versprechungen zu machen. Biden selbst hat viele dieser Versprechen nicht eingehalten, auch nicht in Bezug auf das Klima. Einerseits hat er geschworen, "Umweltgerechtigkeit voranzutreiben", andererseits hat er sich geweigert, gegen neue Ölpipelines wie die Line 3 und die Dakota Access Pipeline (DAPL) vorzugehen.
In der Zwischenzeit verdeutlicht eine wachsende Liste von Großunternehmen, die an der COP26 teilnehmen, dass jede Art von "Systemwechsel" für diese Diskussionen ausgeschlossen ist. Es ist klar, dass die diesjährige Konferenz keine ernsthaften Lösungen für Arbeitnehmer*innen und junge Menschen bieten wird, die mit den schlimmsten Auswirkungen dieser Krise konfrontiert sind. Aber sie wird eine wichtige Gelegenheit sein, sich zu organisieren und einen Kampf für echte Maßnahmen zu führen.
Die Klimabewegung im Jahr 2021
Beim globalen Klimastreik im September 2019, der den Höhepunkt der Klimabewegung bisher darstellte, gingen weltweit über 7 Millionen meist junge Menschen in 150 Ländern auf die Straße. Seitdem hat die Bewegung jedoch eine gewisse Flaute erlebt.
In diesem Organisationsvakuum haben sich viele junge Menschen nach anderen Wegen umgesehen, um die Bewegung fortzuführen.
Dazu gehört der Aufstieg der grünen Parteien, insbesondere in Europa. In anderen Fällen haben die Menschen nach individuellen Aktionen "jenseits der Politik" gesucht, durch Organisationen wie Extinction Rebellion (XR). Aber diese Art von Aktionen ohne eine klare Vorstellung von einem Systemwandel oder davon, welche Kräfte ihn herbeiführen können, werden nicht in der Lage sein, die Art von entscheidendem Wandel zu bewirken, die wir brauchen.
Welche Art von Kräften brauchen wir?
Die ersten Wellen von Schulstreiks zeigten einen Weg, der auf der Massenmobilisierung junger Menschen aufbaut und sich mit der organisierten Arbeiter*innenklasse, insbesondere den Gewerkschaften, verbindet. Wenn Arbeiter*innen streiken, können sie die Gesellschaft zum Stillstand bringen. Auch wenn kleinere Aktionen wirksam sein können, wird die Unterstützung der Arbeiter*innenbewegung entscheidend sein, um Maßnahmen gegen den Klimawandel durchzusetzen.
Dazu könnten koordinierte Streiks zwischen Gewerkschaften verschiedener Länder gehören, um das globalisierte kapitalistische System in die Knie zu zwingen, als Teil einer wirklich internationalen Bewegung gegen den Klimawandel.
Eine Massenbewegung gegen den Klimawandel müsste sich mit anderen Kämpfen von Arbeitnehmer*innen und jungen Menschen zusammenschließen, wie z.B. den Kämpfen gegen Angriffe auf unser Recht, international zu protestieren, gegen sexistische und rassistische Unterdrückung und mit den Arbeiter*innen, die gegen den massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen als Folge der Pandemie kämpfen - sie alle haben ein Interesse daran, den Klimawandel zu beenden. Es würde auch den systemischen Charakter des Klimawandels hervorheben und aufzeigen, wie er mit dem kapitalistischen System zusammenhängt, das für die vielschichtige Krise verantwortlich ist, mit der die einfachen Menschen jetzt konfrontiert sind. Dies wäre ein wichtiger Schritt nicht nur im Kampf gegen den Klimawandel, sondern auch, um die verbreitete Idee der "Klimagerechtigkeit" Realität werden zu lassen.
Sozialismus ist Überleben
Das muss mit einem klaren Programm für einen grundlegenden Systemwandel verbunden sein. Das bedeutet, den Kapitalismus in Frage zu stellen und für eine sozialistische Gesellschaft zu kämpfen, in der demokratisch entschieden wird, was und wie produziert wird. Im Kapitalismus, wo die Produktion auf dem endlosen Streben nach immer höheren Profiten beruht, werden die Auswirkungen auf die Umwelt als "externe Effekte" behandelt. Diese Ausrichtung auf kurzfristigen Profit ist ein dem Kapitalismus eingebautes Merkmal. Das Ergebnis ist, dass es die großen Unternehmen selbst sind, die in hohem Maße zur Zerstörung unseres Planeten beitragen: Über 70 % der CO2-Emissionen stammen allein von den 100 größten Unternehmen weltweit.
Darüber hinaus ist die Lebensmittelindustrie für bis zu 26 % der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Lebensmittel werden massiv überproduziert, während Millionen von Menschen weltweit hungern. Das ist völlig unhaltbar, aber solange damit noch Gewinne erzielt werden können, werden diese Unternehmen ihren zerstörerischen Kurs fortsetzen.
Es gäbe die notwendige Technologie, um fossile Brennstoffe rasch durch nachhaltige Energiequellen wie Wasser-, Wind- und Sonnenenergie zu ersetzen und Lebensmittel auf nachhaltigere Weise zu produzieren. Aber kein Konzern wird bereitwillig seine Gewinne opfern, um einen solchen Übergang durchzuführen.
Ein sozialistisches Programm zur Bekämpfung des Klimawandels würde bedeuten, dass die großen Umweltverschmutzer, die die überwältigende Mehrheit der Emissionen verursachen, in demokratisches öffentliches Eigentum überführt werden - schließlich können wir nicht kontrollieren, was uns nicht gehört. Auf dieser Grundlage könnten wir die Produktion in einer Weise planen, die die Umwelt und das Leben der arbeitenden Menschen berücksichtigt. Wir könnten sofort damit beginnen, die massiven Treibhausgasemissionen und die allgemeine Verschwendung des derzeitigen Systems - einschließlich Plastikmüll und Abholzung von Wäldern - zu bekämpfen. Wichtig ist, dass wir gleichzeitig alle Arbeitsplätze schützen, sie umwidmen und neue nachhaltige Arbeitsplätze schaffen.
Vorbereitung auf internationale Massenproteste rund um die COP26
Die Klimakrise hat nicht darauf gewartet, dass wir uns mit COVID-19 befassen, aber sie hat gezeigt, dass im Kapitalismus die internationale Zusammenarbeit, die zur Bewältigung einer Krise großen Ausmaßes erforderlich ist, nicht möglich ist. Stattdessen wurde das Coronavirus durch Probleme wie den Impfstoff-Nationalismus zu einer weltweiten Katastrophe, bei der kapitalistische Staaten und Großunternehmen Wettbewerb und Profit über die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus stellen. Generell war das Vorgehen der herrschenden Klasse durch einen reaktiven Ansatz gegenüber dem Virus gekennzeichnet, ohne die nötige Voraussicht oder Planung, um es wirksam zu bekämpfen.
Der letzte COP-Gipfel wurde mit Massenprotesten von über einer halben Million Menschen beantwortet. Wir müssen jetzt mit der Organisation beginnen, um massive Gegenproteste auf der COP26 selbst im November sowie lokale Proteste in Ländern auf der ganzen Welt zu organisieren.
Ein COP26-Bündnis, an dem Dutzende verschiedener Kampagnengruppen beteiligt sind, hat bereits mit den Vorbereitungen für Proteste begonnen. Dazu gehört auch die massenhafte Mobilisierung von Arbeitnehmer*innen und Student*innen - die Gewerkschaften müssen ihre Mitglieder organisieren, damit sie zahlreich erscheinen, und die Student*innengewerkschaften an Hochschulen und Universitäten sollten für den Transport sorgen, um eine möglichst hohe Beteiligung zu erreichen. Dies sollte als der Beginn einer neuen, stärkeren Klimabewegung mit einem klaren Aktionsprogramm gesehen werden.
Die ISA wird in den kommenden Monaten Proteste auf der Konferenz vorbereiten, und wir werden einen internationalen Block organisieren, um die Notwendigkeit eines sozialistischen Wandels zur Bekämpfung des Klimawandels zu unterstreichen. Wir sind eine internationale Organisation, weil der Klimawandel, wie alle Aspekte des Kapitalismus, ein internationales Problem ist - wir müssen uns international organisieren, um zurückzuschlagen, und wir haben keine Zeit zu verlieren!
Wir sagen
1. Die Nutzung fossiler Energieträger ist für etwa 85 % der jährlich von Menschen verursachten CO2-Emissionen verantwortlich. Wir müssen die Verbrennung fossiler Brennstoffe für die Energie- und Kunststoffproduktion in den nächsten Jahren beenden und einen drastischen Wechsel zu Technologien vollziehen, die erneuerbare Energiequellen (Wind, Sonne, Wellen usw.) und Wasserstoff* nutzen. Die Technologie dafür ist vorhanden. Was dem System fehlt, ist der politische Wille, den Übergang zu vollziehen. (*Wasserstoff sollte, um umweltfreundlich zu sein, durch Wasserelektrolyse hergestellt werden, angetrieben durch Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen und nicht aus oder mit Hilfe von Erdgas und anderen fossilen Brennstoffen)
2: Die Industrie für fossile Brennstoffe und ihre Produkte sind für 91 % der weltweiten industriellen Treibhausgasemissionen und für etwa 70 % der Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit menschlichen Aktivitäten verantwortlich. Auf nur 100 Unternehmen weltweit entfallen etwa 71 % der industriellen Treibhausgasemissionen und die Hälfte der mit menschlichen Aktivitäten verbundenen Emissionen auf dem Planeten! Keines dieser Unternehmen wird bereitwillig auf die Grundlage verzichten, auf der seine Gewinne wachsen. Wir müssen daher diese Unternehmen unter die Kontrolle der Gesellschaft stellen und ihren Reichtum nutzen, um sie ohne Arbeitsplatzverluste in Unternehmen umzuwandeln, die Energie und Kraftstoffe unter Verwendung erneuerbarer Energiequellen und der Wasserstofftechnologie produzieren und die Energieproduktion auf der Grundlage sozialer Bedürfnisse und nicht kapitalistischer Gewinne planen.
3: Eine sehr kleine Anzahl von Konzernen kontrolliert den Großteil der weltweiten Nahrungsmittelproduktion und des Handels. Sie sind verantwortlich für 75 % der weltweiten Entwaldung, für 15-20 % der CO2-Emissionen, für die Zerstörung anderer wertvoller Ökosysteme und für den massiven Einsatz von Agrochemikalien, die sowohl die Natur als auch unsere Gesundheit beeinträchtigen. Die Lebensmittel- und Agrarindustrie ist auch der zweitgrößte Verursacher anderer Treibhausgasemissionen, wie z. B. Methan (56 %). Sie sind für 19-29 % der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich, die durch menschliche Aktivitäten verursacht werden. Wir müssen diese Unternehmen aus den Händen der Kapitalist*innen nehmen, die Abholzung stoppen, ein weltweites Massenaufforstungsprogramm organisieren und die Nahrungsmittelproduktion auf nachhaltige und umweltfreundliche Weise planen, wozu auch gehört, dass wir mehr unserer Nahrungsmittel vor Ort anbauen, traditionelle Saatgut- und Viehsorten verwenden und die Bevölkerung über den übermäßigen Fleischkonsum und seine negativen Auswirkungen sowohl auf die Umwelt als auch auf die persönliche Gesundheit (wieder) aufklären.
4: Wir müssen einen massiven öffentlichen Investitionsplan für gute und effiziente, kostenlose öffentliche Verkehrsmittel, umweltfreundliches Bauen und Modernisierung von Häusern, Recycling- und Reparaturmöglichkeiten umsetzen, anstatt Abfälle zu verbrennen und/oder ins Ausland zu verschiffen. All diese Maßnahmen sind mehr als erschwinglich, wenn der von uns allen produzierte Wohlstand nicht von einer kleinen Elite angeeignet wird, die die Wirtschaft und das politische Establishment kontrolliert.
5: All diese Maßnahmen und die, die erforderlich sind, um die entstandenen Schäden an den Ökosystemen zu beheben, könnten Millionen von neuen Arbeitsplätzen schaffen. Den Arbeiter*innen in den Industrien und Sektoren, die von der notwendigen Umstellung betroffen sind, müssen Arbeitsplätze und Umschulungen ohne Lohneinbußen garantiert werden. Investitionen in erneuerbare Energien schaffen weitaus mehr Arbeitsplätze: Für jeden Arbeitsplatz, der durch Investitionen in fossile Brennstoffe geschaffen wird, entstehen mit demselben Geld 5-7 "grüne" Arbeitsplätze.
6: Wir brauchen eine deutliche Aufstockung der öffentlichen Mittel für demokratische und unabhängige wissenschaftliche Forschung, um den Klimawandel besser zu verstehen und zu bekämpfen, um Technologien für die Erzeugung und Speicherung grüner Energie weiterzuentwickeln, um umweltfreundliche Materialien weiterzuentwickeln (z.B. Materialien, die Plastik ersetzen werden, umweltfreundlicher Beton und Baumaterialien) usw. Staatliche Gelder, die jetzt für Subventionen, Steuererleichterungen und Anreize für Unternehmen, die fossile Brennstoffe nutzen ausgegeben werden, sollten in die Forschung fließen. Es muss nicht betont werden, dass die Ergebnisse dieser Forschung der gesamten Gesellschaft gehören und dem Gemeinwohl dienen sollten. Sie sollten nicht von Großunternehmen gekauft, patentiert und für Profitzwecke verwendet werden dürfen.
7: Dies ist UNSER Planet, also sollten wir die Wirtschaft auf der Grundlage des Rechts eines jeden auf ein Leben frei von Armut, Unterdrückung und Zerstörung demokratisch planen und führen; auf der Grundlage der Nachhaltigkeit, um sicherzustellen, dass wir alle eine Zukunft auf diesem Planeten haben. Bekämpft den Kapitalismus, um ihn durch eine Gesellschaft zu ersetzen, die auf der Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen und nicht auf den Profiten der Unternehmen basiert, auf dem Respekt vor der Umwelt und nicht auf der Zerstörung, auf wahrer Demokratie und nicht auf der Kontrolle der Wirtschaft und des politischen Lebens durch die Unternehmen: eine demokratische sozialistische Gesellschaft!