Di 01.07.1997
Für viele Jungendliche endet mit dem Beginn der Ferien ihre Schullaufbahn. Nun folgt die “Karriere mit Lehre” - der Kampf um den Arbeitsplatz beginnt. Denn die Zeiten, wo es noch mehr Lehrplätze gegeben hat als Lehrstellensuchende sind vorbei. Das Arbeitsmarkt Service erwartet, daß es im September rund 12.000 mehr gemeldete Lehrstellensuchende geben wird als Lehrstellen.
Diese Zahl alleine besagt schon, daß die Chance eine Lehrstelle zu finden, gering ist. Aber dann auch in einem Beruf ausgebildet zu werden, der einem liegt, fällt unter „Science Fiction“. Denn die begehrtesten Berufe, wie Büro-, Industrie- oder Speditionskauffrau/mann, sind kaum zu bekommen, da auf eine Stelle fast 5 Bewerber kommen. Wer also dieses Jahr keine Lehrstelle bekommen hat, dem/der bleibt nur die Möglichkeit, irgendwo als HilfsarbeiterIn zu arbeiten oder noch eine Ehrenrunde in der Schule zu drehen und nächstes Jahr sein Glück nochmals zu versuchen. Und die, die noch eine Lehrstelle erhalten haben, stehen unter einem vergrößerten Druck. Denn wenn man/frau sich weigert, eine ausbildungfremde Tätigkeit zu verrichten, wie nach Geschäftsschluß noch schnell das Geschäft aufwaschen, dann stehen gleich zig andere bereit für diese Lehrstelle. So nutzen die Unternehmer die Jungendarbeitslosigkeitsrate von mittlerweile schon 16,3% aus, um die Jugendlichen gegeneinander auszuspielen. Weiters benutzen sie gleich die Diskussion um die fehlenden Lehrstellen zu einem Frontalangriff auf die ArbeitnehmerInnenrechte. Da wird steuerliche Begünstigung gefordert für Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, als ob die Unternehmer nicht schon genug begünstigt wären. Das Lehrlingspaket der Regierung sieht vor, daß die Unternehmer keine Krankenversicherungsbeiträge mehr bezahlen müssen, sondern diese von der restlichen Belegschaft des Betriebes mitbezahlt werden. Der neuerste Vorstoß von Unternehmerboß Maderthaner: Das Arbeitsmarktservice soll den Betrieben die Zeit, die die Lehrlinge in der Berufsschule verbringen, bezahlen. Anstatt auf die Erpressungsversuche der Unternehmer einzugehen, Lehrstellen für weitere Vergünstigungen zu schaffen, sollten Betriebe, die nach einem entsprechenden Schlüssel zuwenig Lehrlinge ausbilden, saftige Strafen bezahlen. Weiters soll jeder Betrieb 2 % seiner Betriebswertschöpfung als „Ausbildungssteuer“ bezahlen. Mit diesem Geld plus jenem aus den Strafen kann die überbetriebliche Ausbildung finanziert werden.
Von einem Ausbildungsplatz kann sowieso nur in den wenigsten Fällen gesprochen werden. Das Duale-Ausbildungssystem - Betrieb und Berufsschule - hat völlig versagt und nie zu einer echten Bildung geführt. Im Betrieb ist man/frau sowieso den größten Teil der Lehrzeit mit Hilfsarbeiten beschäftigt und an einem Tag Berufsschule lernt man gerade das, was für die Ausübung des Berufs gebraucht wird. Von einer Ausbildung kann daher nicht die Rede sein. Wir stellen diesem das Konzept der intergrierten Gesamtschule bis zum 19. Lebensjahr entgegen. Das bedeutet zum einen Chancengleichheit und zum anderen die Möglichkeit im Rahmen der Gesamtschule einen Beruf in Lehrwerkstätten zu erlernen.