Mo 01.12.1997
Der Verbund parteiunabhängiger Gewerkschaftsorganisationen UG im ÖGB ist am 19. November 1997 vom ÖGB-Bundesvorstand als Fraktion anerkannt worden. Mit diesem Schritt wurde eine wichtige UG-Forderung erfüllt.
Die Plattform „Unabhängige GewerkschafterInnen“ versteht sich als Zusammenschluß überparteilicher und parteiunabhängiger Listen auf Personalvertretungs-, Betriebsrats- und Gewerkschaftsebene. Sie tritt für eine Demokratisierung des ÖGB ein und steht z.B. für die Umverteilung zugunsten sozial Benachteiligter, für die Gleichstellung aller In- und AusländerInnen im Arbeitsleben, im politischen und im sozialen Bereich und für den Kampf gegen Arbeitslosigkeit und die Ausbreitung prekärer Arbeitsverhältnisse.
Der ÖGB und seine Einzelgewerkschaften werden von einem bürokratischen Apparat dominiert: Wer nicht Betriebsrat/Personalvertreter ist, hat de facto keinen Einfluß auf die Politik und Arbeit des Apparates ÖGB. Außerdem gibt es da noch die Fraktionen (die seit 1945 nicht einmal im Statut verankert waren, obwohl sie in der Praxis bis heute die entscheidende Rolle spielen). Fraktionsunabhängige GewerkschafterInnen haben praktisch keinen Platz im ÖGB. In vielen Fällen kann einE fraktionsloseR AktivistIn nicht einmal Mitglied einer Ortsgruppenleitung werden, sondern muß auf einer Fraktionsliste kandidieren. In den meisten Gewerkschaften gibt es nicht einmal Gewerkschaftswahlen, sondern es werden die Ergebnisse der Betriebsrats/ Personalvertretungswahlen auf die Gewerkschaft umgelegt. Falls eine BR- oder PV-Liste nicht in der Gewerkschaft vertreten ist, Pech gehabt... Die Plattform UG bietet alternativen, parteiunabhängigen, linken... Gewerkschaftsgruppen oder -listen einen Platz, um im ÖGB überhaupt einen Standort zu haben.
Überparteilich und Unabhängig
In der UG haben sich der Namenlistenverbund (in der GdG eine anerkannte Fraktion), die UG in der GÖD (noch keine anerkannte Fraktion in der GÖD) und die „alternativen und grünen GewerkschafterInnen“ (sind Bundesfraktion in der GPA und auch vertreten in den GMBE, KMfB und DuP) und parteiunabhängige BR-Listen organisiert. Der SOV-GewerkschaftsStammtisch arbeitet in der UG mit und ist ohne Stimmrecht im Koordinationsausschuß der UG kooptiert.
Seit 1995 gibt es eine Fraktionsordnung, die erstmals festlegt, welche Voraussetzungen Gruppen erfüllen müssen, um als Fraktion anerkannt zu werden. Linke haben es im ÖGB schwer - man/frau muß sich zu einer Fraktion bekennen, um demokratische Rechte im ÖGB ausüben zu können. Es gibt aber auch noch den GLB und linke FSGlerInnen, mit denen die SOV zusammenarbeiten möchte, um eine demokratische und kämpferische Gewerkschaft aufzubauen und zu leben. Die Fraktion ist ein zweischneidiges Schwert: einerseits Repräsentation im ÖGB, andererseits verhindert die derzeitige Fraktionsexistenz eine effiziente Zusammenarbeit von linken GewerkschafterInnen - z.B. bei AK-Wahlen.
Die UG bekennt sich zu Überparteilichkeit und Unabhängigkeit der Gewerkschaft, weil die FSG-FCG-Führung den ÖGB in eine Sackgasse der politischen Gängelung durch SPÖ und ÖVP geführt haben. Der ÖGB muß im Sinne der SPÖ-Führung die Sozialpartnerschaft exekutieren, die Demokratie in der Gewerkschaft und der Kampf für die sozialen Interessen der ArbeiterInnenschaft bleiben auf der Strecke. Aber: Gewerkschaften sind gezwungen, politisch zu sein. Jede Forderung, jeder Arbeitskampf stellt die Gewerkschaft vor politische Fragen. Die SOV tritt ein für eine politische Gewerkschaft, die für die grundlegenden materiellen Interessen der ArbeitnehmerInnen kämpft und auch politische Kämpfe für demokratische Rechte, für soziale Sicherheit und wirtschaftliche Alternativen führt.
Wir sehen die UG als Schritt zur Demokratisierung des ÖGB. Sie ist aber kein abgeschlossenes Projekt, sondern wird sich wie die Gewerkschaften selbst verändern - ob daraus eine kämpferische, demokratische Gewerkschaft erwächst, die sinnlose fraktionelle Trennwände zwischen linken GewerkschafterInnen niederreißt, wird die Zukunft weisen und liegt in unserer Verantwortung.
Alternative und Grüne
Die Gewerkschaftliche Einheit (GE) hat sich also in „Alternative und Grüne GewerkschafterInnen“ umgetauft, aus drei Gründen: „Grün als Ausruck der Notwendigkeit verstärkt ökologisches Gedankengut in die Gewerkschaftspolitik zu verankern, dem Wunsch Rechnung zu tragen, daß es innerhalb unserer Gruppierung viele engagierte KollegInnen gibt, die sich als Grüne verstehen und auch dies nach außen dokumentieren wollen und schließlich die Hoffnung, daß bei unterschiedlichen Wahlen (AK, BR-Wahlen) potentielle GrünwählerInnen erreicht werden.“ (GE-News) Die SOV steht dieser Entscheidung sehr kritisch gegenüber, da der Name Grün jetzt wohl auch speziell für die Partei „Grüne“ steht und weil damit auch WählerInnen und AktivistInnen der UG abgestoßen werden - es ist kein Schritt zur Integration von linken GewerkschafterInnen, sondern zieht neue Trennwände auf. Wie sollen sich den nun GewerkschafterInnen, die sich als SozialistInnen verstehen, verhalten? Diese Namengebung ist für die SOV ein demokratiepolitischer Rückschritt, weil wir die UG als offenes linkes Projekt verstehen. Die UG kann ein organisatorischer Stützpunkt für oppositionelle Gewerkschaftsgruppen sein und weiter wachsen - aber nur, wenn nicht schon wieder eine Parteigrenze eingezogen wird. Gleichwohl sollte die Entscheidung der grünen GewerkschafterInnen akzeptiert werden, weil sie sich der „Parteiunabhängigkeit“ verpflichtet fühlen und wenn sie weiterhin keine Grenze nach links aufziehen.