Mi 16.04.2008
- Es gibt den Wunsch nach einer politischen Alternative: 42 % der NichtwählerInnen von 2006 meinten, dass alle bei der Nationalratswahl antretenden Parteien unattraktiv seien (= 588.000). „An Stammtischen verkündet sowieso eine Mehrheit, bloß das kleinste Übel gewählt zu haben.“ meint der Politologe Filzmaier im März 2008. Die Ablehnung der etablierten Parteien steigt ebenso wie der Wunsch nach etwas anderem, neuen.
- Seit der Rechtsentwicklung der SPÖ in den 1980er und 1990er Jahren, hat die ArbeiterInnenklasse, haben die sozial Schwachen keine politische Vertretung mehr. Die SPÖ ist eine „normale“ bürgerliche Partei geworden (wenn auch zweifellos mit einer speziellen Geschichte), die neoliberale Politik betreibt und in der sich der Druck aus der ArbeiterInnenbewegung, speziell der Gewerkschaften nicht widerspiegelt.
- Es gibt die Notwendigkeit nach einer neuen politischen Vertretung der ArbeiterInnen und Jugendlichen: Alle etablierten Parteien sind völlig in der neoliberalen Logik verhaftet. Vor dem Hintergrund einer drohenden Rezession bedeutet dass eine Intensivierung der – schon in „Aufschwung“zeiten betriebenen – Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse in den Bereichen Arbeitszeit, Arbeitslosigkeit, Sozialleistungen, Einkommen, Bildung und Gesundheit. Um den ständigen Angriffen auf den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse etwas entgegensetzen zu können, braucht es eine neue politische Vertetung.
- Der subjektiver Wunsch Vieler und die objektive Notwendigkeit für eine solche neue Partei reichen aber offensichtlich nicht zur Bildung einer solchen aus. Während es in einer Reihe von Ländern (Deutschland, Brasilien, Belgien, Frankreich, Britannien…) lebhafte Debatten, Ansätze oder sogar schon neue Formationen gibt, verzögert sich dieser Prozess in Österreich. Dafür gibt es zwei Gründe:
- Die österreichische Geschichte und die jahrzehntelanger Hegemonie der SPÖ über die ArbeiterInnenklasse. Es gibt wenig Erfahrung mit Abspaltungen und Neugründungen – das geht zurück bis 1918, wo in Österreich im Gegensatz zu Deutschland die Linke weitgehend in der Sozialdemokratie verblieb.
- Das Entstehen neuer Formationen erfolgt nicht aus dem bloßen Wunsch heraus, sondern braucht objektive Rahmenbedingungen: Klassenkämpfe, soziale Bewegungen und Individuen, die Initialzündungen geben können. Durch die Rolle und insbesondere die Krise des ÖGB verzögert sich dieser Prozess in Österreich. Der ÖGB setzt traditionell kaum auf Klassenkämpfe, durch seine Krise wurde die 2003 begonnene kämpferischere Politik wieder eingefroren. Dennoch wird die ÖGB-Führung nicht auf Dauer Klassenkämpfe verhindern können.
- Durch die Verzögerung von Klassenkämpfen kommen sozialen Bewegungen wie es sie in Ansätzen um die Frage einer EU-Volksabstimmung bzw. der Postprivatisierung gab eine größere Bedeutung zu: die SLP lädt daher auch zu gemeinsamen Aktionen von GewerkschafterInnen gegen jede Packelei mit ÖVP und FPÖ ein.
- Im Neuformierungsprozess ist es wichtig, die Lehren aus den Erfahrungen anderer Länder zu ziehen: diesen „Vorteil“ aus der Verzögerung des Prozesses in Österreich sollten wir ziehen. Aus der Sicht der SLP sind die wichtigsten Lehren:
- Eine neue Formation muss eine aktive, kämpferische Politik fahren. Sie beschränkt sich nicht aufs Kommentieren, sondern greift in Kämpfe ein bzw. initiiert diese auch.
- Eine neue Formation braucht demokratische Strukturen, in denen Individuen ebenso wie existierende Organisationen sich einbringen können.
- Eine neue Formation beschränkt sich nicht auf eine Kritik kapitalistischer Auswüchse, sondern stellt den Kapitalismus an sich in Frage. Bleibt sie in der kapitalistischen Logik verhaftet, findet sie sich rasch bei der Legitimierung von Sozialabbau wieder.
- Die Existenz einer starken neuen Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche steht in einer Wechselwirkung mit der Existenz einer pseudo-antikapitalistischen rechtsextremen Formation. Gibt es keine linke Alternative, können reche Parteien wie die FPÖ dieses Vakuum füllen. Der effektivste Kampf gegen FPÖ&Co ist daher der erfolgreiche Aufbau einer antikapitalistischen Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche.
- Für den Aufbau einer solchen neuen politischen Kraft kommt GewerkschafterInnen eine besondere Rolle zu, da eine solche neue Partei eine Partei der ArbeiterInnenklasse sein muss und Klassenkämpfen bei ihrer Entstehung eine wichtige Aufgabe zu kommt. Linke die für den Aufbau einer solchen neuen Kraft einstehen müssen daher auch in und um die Gewerkschaften arbeiten und die Idee einer solchen neuen Kraft propagieren.
- Die SLP betont die Notwendigkeit des Aufbaus einer neuen Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche seit langem. Wir sehen es als unsere Aufgabe, alle Schritte (wie bei Neuwahlen eine neue Kandidatur - kein KP-Bündnis unter anderem Namen - links von SPÖ und Grünen) in diese Richtung zu unterstützen und unsere Erfahrungen aus Kampagnen und Kandidaturen sowie die weitergehenden Erfahrungen aus anderen Ländern in diesen Prozess einzubringen.
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