Mi 20.11.2013
Dieser Wirbelsturm war drei Mal so stark wie der Hurrikan „Katrina“, der in den USA 2005 1.400 Menschen das Leben kostete. Die Winde, die am Freitag, den 7. November im Osten der Philippinen auftraten, hatten ein Tempo von 275 Stundenkilometern. Das führte zu Wellen, die so hoch waren wie zweistöckige Häuser, und Hunderte von Menschen verschlangen.
Die Regierung geht von 10.000 Todesopfern aus. Mehr als 600.000 Menschen wurden obdachlos. Die humanitäre Katastrophe – der Mangel an Lebensmitteln, Wasser und Schutzräumen – ist gewaltig. Zudem besteht eine große Seuchengefahr, da Leichen nicht abtransportiert werden und verfaultes Wasser in die Wasserversorgung eindringt.
Am schlimmsten betroffen sind die Inseln Samar und Leyte. In Tacloban, der Hauptstadt von Leyte, hängen Leichen in den Bäumen, in etlichen Straßen finden sich ganze Leichenmassen. Mehrere Ortschaften von Leyte sind komplett zerstört. Vielerorts kam es zu Plünderungen und Konfrontationen zwischen bewaffneten Gruppen und der Armee.
Während es viele Beispiele von Opfer- und Hilfsbereitschaft gibt, werden die verheerenden Folgen noch durch Missmanagement verstärkt. Armut, mangelhafte Bauweise und dürftige Infrastruktur haben ein Übriges getan, dass sich die Probleme forcieren.Die Philippinen verfügen, gemessen an der Bevölkerung, über die geringste Anzahl von Straßen – was Hilfsmaßnahmen enorm erschwert.
Ein Drittel der Häuser von Tacloban (mit seinen nunmehr über 200.000 EinwohnerInnen) ist nur aus Holz gebaut und damit nicht in der Lage, den Wasser- und Sturmmassen zu trotzen. Der Bürgermeister der Stadt ist ein Neffe von Imelda Marcos, der Witwe des Diktators.
Die in dieser Katastrophe zu Tage tretenden Schrecken sind ein Erbe von Imperialismus und Kapitalismus auf den Philippinen. Von IWF und WTO gegängelt, erlaubte die Wirtschaftspolitik es einer kleinen obszön reichen Minderheit, sich den Reichtum des Landes anzueignen. Obwohl das ökonomische Wachstum mit knapp acht Prozent derzeit China übertrifft, kommt das nur Wenigen zu Gute. Kein Wunder, dass es erst kürzlich zu Massenprotesten gegen Korruption kam.
Das „Haiyan“-Desaster führte auch zu verzweifelten Handy-Telefonaten – von MigrantInnen, die am stärksten ausgebeutet werden und mit über zehn Millionen mehr als zehn Prozent der 92 Millionen großen Bevölkerung stellen.
Der US-Imperialismus, der Anfang der Neunziger seine Militärstützpunkte in der Region einbüßte, reagierte schnell und entsandte mehrere Schiffe – die wenig zur Hilfsaktion beitragen, sondern vor allem eine Demonstration der Stärke bedeuten sollen. Das Weiße Haus erhofft sich über diese Katastrophe wachsenden Einfluss in der Region – auf Kosten von China. Die US-Regierung schielt auf ein erneutes Abkommen mit den Philippinen, um dort wieder Truppen stationieren zu können. In letzter Instanz spielen die Ölvorkommen und sonstige Energiereserven hierbei eine relevante Rolle.
Die Zunahme von Wetterextremen ist eine direkte Folge der Klimaerwärmung durch die Treibhausgase. Ein weiter ansteigender Meeresspiegel und Flutkatastrophen treffen gerade Menschen in Südostasien.
Bezeichnenderweise sorgte der Wirbelsturm „Haiyan“ ausgerechnet am Vorabend der Weltklimakonferenz in Warschau für Panik. Eine Klimakonferenz, die wie so viele zu vor wieder ohne wirkliche Ergebnisse zu bleiben droht. Der Hauptvertreter der Philippinen, Yeb Sano, erklärte in Warschau, solange einen Hungerstreik durchzuführen, solange kein Abkommen zur umfassenden Reduzierung der Treibhausgase erreicht wird. Sollte er es damit ernst meinen, dann könnte er bereits zu seinem Begräbnis einladen. Denn von kapitalistischen Politikern ist ein solcher Schritt nicht zu erwarten – dafür wird eine sozialistische Massenbewegung nötig sein, die den Planeten vom Kapitalismus befreien kann.