Stiehlt Trump die Wahl? Wie reagiert die Linke?

Bryan Koulouris, ISA USA

Am 12. September rief Trump per Twitter seine Unterstützer*innen auf, zweimal abzustimmen: mit Briefwahl und in der Wahlkabine. Gleichzeitig versucht er, die Briefwahl durch Lügen, Kürzungen bei der Post und Klagen gegen die Auszählung der Briefwahlstimmen vor dem Wahltag zu untergraben. Hinzu kommt die übliche rechte Beeinflussung der Wähler*innen durch Fälschung der Wählerlisten, Schließung der Wahllokale, Ausschluss ehemaliger Häftlinge von der Stimmabgabe und Einführung neuer Anforderungen für die kurzfristige Wahlregistrierung. Selbst ohne die Angriffe von Trump gibt es keine weit verbreitete Infrastruktur für die Stimmabgabe per Post, um der höheren Nachfrage im Falle einer Pandemie gerecht zu werden. Der Mangel an Tausenden von Wahlhelfer*innen zu Tausenden könnte dazu führen, dass die Wahllokale in den sogenannten „Battleground States" (auch „Swing States“, in denen beide Kandidat*innen eine gleich große Gewinnchance haben), geschlossen werden. Diese undemokratische Entrechtung trifft die Armen und People of Color am härtesten.

Aufgrund von Gesundheits- und Sicherheitsbedenken der Pandemie gaben nur 26% der Biden-Wähler an, dass sie am Wahltag persönlich abstimmen werden, während 66% der Trump-Anhänger sagten, dass sie auf diese Weise abstimmen würden (NBC / WSJ-Umfrage). Das bedeutet, dass die Ergebnisse, die wir am Wahltag sehen, extrem irreführend sein könnten. Trump könnte in einer weitaus stärkeren Position sein, als er am Ende haben wird, wenn alle Stimmen ausgezählt sind. Beide Parteien bereiten sich auf chaotische Wahlergebnisse vor.

Es könnte eine gefährliche Situation entstehen: Wenn in der Wahlnacht Trump vorne liegt, könnte er versuchen, auch mit nur einem kleinen Anteil der ausgezählten Stimmen den Sieg zu erklären. Einige progressive Gruppen bereiten sich auf dieses potenzielle Szenario mit Plänen für Massenproteste und zivilen Ungehorsam vor, was ein guter Schritt ist. Aktionen wie diese müssen unabhängig von der Führung der Demokratischen Partei organisiert werden, die es versagt hat, einen Kampf gegen den Wahlsieg von George W. Bush im Jahr 2000 zu führen. Stattdessen sollten wir uns auf die potenzielle Macht der arbeitenden Menschen verlassen, um das "business as usual" zu stören.

Die Sozialistische Alternative ist gegen die Logik des geringeren Übels, und wir organisieren uns sowohl gegen Trumps rechte Agenda als auch gegen das von den Unternehmen gelenkte Establishment der Demokratischen Partei mit Massenaktionen und einem Programm der Arbeiter*innenklasse. Gleichzeitig verteidigen wir standhaft das demokratische Wahlrecht. Wenn Trump versucht, diese Wahl zu stehlen, dann sollten Sozialist*innen, Arbeiter*innen, Jugendliche und rassistisch und sexistisch Unterdrückte mobilisieren, um mit allen Mitteln zurückzuschlagen, die wir haben, um diese rechte Bedrohung aus dem Weißen Haus zu vertreiben. Natürlich lehnte die herrschende Klasse Trumps frühere Drohung, die Wahlen einfach abzusagen, ab. Sie wollen keine Trump-Diktatur, aber das schließt verschiedene Möglichkeiten für Trump und die Republikanische Partei, die Wahl zu stehlen, nicht aus. Dies gilt umso mehr angesichts der Veränderungen, die nach dem Tod von Ruth Bader-Ginsberg im Obersten Gerichtshof wahrscheinlich eintreten werden.

Der beste Weg für uns, den „schweren Wahldiebstahl" zu stoppen, ist ein Massenstreik von Millionen von Arbeiter*innen, der durch gut organisierte Massendemonstrationen in jeder Stadt unterstützt wird. Auch hier zeigt die Erfahrung 2000, dass die Demokraten lieber verlieren würden, als eine Massenbewegung zur Verteidigung der Wahl aufzubauen. Stattdessen müssem die Gewerkschaften an der Spitze stehen, um die Demonstrant*innen in einer Bewegung gegen Wahldiebstahl auch möglicherweise gegen rechte Milizen zu schützen. Angesichts der Wirtschaftskrise, der Massenarbeitslosigkeit, einer globalen Pandemie, rassistischer Polizeimorde und noch nie dagewesener Waldbrände sollte eine Massenbewegung viel mehr verlangen, als nur den Rücktritt von Trump.

Ein Millionenstreik würde den Milliardären und der ganzen herrschenden Klasse zeigen, dass die Menschen eine gestohlene Wahl nicht einfach so hinnehmen würden. Er würde uns auch helfen, die Kraft der vereinigten Arbeiter*innenklasse zu zeigen, und könnte ein Sprungbrett für eine wiederbelebte Bewegung gegen Rassismus und alle Ungleichheit sein. Wenn Trump versucht, die Wahl zu stehlen, dann könnte ein erfolgreicher Massenstreik mit klaren Kampfforderungen, der den rechten Flügel besiegt, dazu beitragen, die Grundlage für eine neue Arbeiter*innenpartei zu schaffen, die sowohl dem Rechtspopulismus als auch der Demokratischen Partei, die beide den Interessen der Milliardäre dienen, entgegentritt.

Mehr unter: https://www.socialistalternative.org/