Di 01.07.1997
Lohnraub, Rentenklau und Sozialabbau - die Pläne der SPÖVP-Regierung. Um diese durchzusetzen hetzen Regierung, „unabhängige“ WissenschafterInnen und bürgerliche Medien gegen „bevorzugte Gruppen“ in der Gesellschaft. Wer gehört zu diesen "Privilegierten", auf die sie es abgesehen haben? Sozialhilfe-EmpfängerInnen, Arbeitslose, Frauen, Kranke und Pflegebedürftige, SchülerInnen und StudentInnen, PensionistInnen, Öffentlich Bedienstete und letztlich alle ArbeitnehmerInnen.
Durch die “Spar”pakete 1+2 brachten die ArbeitnehmerInnen mittels Steuererhöhungen und Sozialabbau mehrere Milliarden Schilling Opfer. Damit nicht genug, nun steht uns ein permanentes "Sparpaket" ins Haus. Die Begründungen bleiben gleich: Der Staat sei so überschuldet, müsse so viele Zinsen zahlen, er habe zu wenig Einnahmen und zu viele Ausgaben, es müsse bei sozialen Leistungen gekürzt werden, die Menschen leben zu lange, also müßten die Pensionen gekürzt werden...
Bluten für Profite?
Für wen aber sollen wir diese Opfer bringen? Damit der „Standort Österreich“ gesichert wird, also eine hohe Profitrate für die Kapitalisten bringt. (Dafür müssen die Steuern der Kapitalisten und Reichen gesenkt, die Arbeitszeit flexibilisiert, Löhne und Arbeitslosengeld reduziert werden.) Für „die Stabilität“, damit Österreich die Konvergenzkriterien der EU erreicht. (Dafür müssen die Ausgaben des Staates radikal gekürzt werden: d.h. Abbau von tausenden Öffentlich Bediensteten, Kürzung bei Pensionen, Sozialleistungen, beim Gesundheitswesen und bei der Bildung.) Mit Standort“logik“ und Maastrichtkriterien üben Unternehmer und Regierungen international Druck auf die ArbeiterInnenklasse aus.
Die Ideen der Regierung:
Einschnitte im Sozialbereich, die Ersparnisse von 16 Mrd. Schilling für das Budget 97/ 98 bringen sollen. Nachdem die Arbeitslosen bereits bei den ersten beiden Sparpaketen draufzahlten, soll nun die Arbeitslosenversicherung um weitere 5,5 Mrd. geplündert werden. Die Höhe der Arbeitslosenunterstützung wurde durch Verbreiterung der Rechenbasis gesenkt, die Notstandshilfe nach oben begrenzt und die Inflation wird, ebenso wie bei den Sozialleistungen, nicht abgegolten.
Sozialministerin Hostasch will die Höchstbeitragsgrundlage bei der Sozialversicherung (ASVG) von 40.800 auf 45.000 Schilling anheben. Das ist zwar eine Belastung für die paar Prozent Großverdiener. Trotzdem ist diese Maßnahme nur ein Scheingefecht, denn das große Kapital bleibt nach wie vor ungeschoren. Lediglich jeweils 500 Millionen sollen Unternehmer und Bauern mehr an SV-Beitrag bezahlen. Die Wirtschaftskammer hat bereits angekündigt, diese „Belastung“ ihres Klientels nicht zu akzeptieren.
SV-Pflicht für alle?
Alle Erwerbseinkommen sollen sozialversicherungspflichtig werden. An sich nicht schlecht, da die atypischen Beschäftigungsverhältnisse und die geringfügige Beschäftigung aufgrund der Flexibilisierung weiter zunehmen. Der springende Punkt: Die Unternehmer wollen sich die SV-Beiträge ersparen. Nur steht noch nicht einmal fest, welche sozialen Leistungen mit diesen sehr niedrigen Löhnen erworben werden sollen. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten stieg im Vergleich zum Vorjahr um 20.000. Ende Mai waren 166.749 Personen, davon 120.754 Frauen, geringfügig beschäftigt, d.h. sie verdienten nicht mehr als monatlich 3.740 S. Bis jetzt heißt das: keine Kranken- und Pensionsversicherung. Die Unternehmer haben durch die Ausweitung „flexibler“ Beschäftigungsmodelle enorm profitiert. Es ist deshalb völlig inakzeptabel, wenn sie jetzt versuchen, die Kosten für die SV-Pflicht auf die ArbeitnehmerInnen überzuwälzen.
"Pensionsreform"
„Das faktische soll an das gesetzliche Pensionsalter herangeführt werden“. Was heißt das? Die ArbeitnehmerInnen sollen durch Schikanen gezwungen werden, auch wenn sie krank sind, weiter zu arbeiten. Bei den öffentlich Bediensteten hat die Regierung gezeigt, wie es geht: Die Pension wird für jedes Jahr vor dem gesetzlichen Pensionsalter um 2 % gekürzt, es gibt Schikanen bei der ärztlichen Kontrolle und die Möglichkeit, frühpensionierte BeamtInnen zu "reaktivieren". Die Krankenstände und Kuranträge sind bereits dramatisch zurückgegangen. Gründe? Angst vor Arbeitslosigkeit, vor Repression, vor Mobbing und vor Einkommensverlust. Vorschläge zur Pensions-Kürzung gibt es genug: Bei BeamtInnen die Einführung eines Durchrechnungszeitraumes für die Ermittlung der Pensionshöhe ab 1999 bzw. bei den ASVG-Pensionen die Ausdehnung des Durchrechnungszeitraumes von 15 auf 20 Jahre. Letzteres bedeutet vor allem für viele Frauen - die schon jetzt Probleme haben, die Versicherungszeiten „zusammen zu bekommen“ - den sicheren Absturz in die Armut.
Kampfmaßnahmen notwendig
Die Regierung privatisiert ein staatliches Unternehmen nach dem anderen - zuerst die Industrie, die Salinen, jetzt die Banken, bald die PSK, Austria Tabak, AUA, Flughafen, Verbund, Staatsdruckerei. Steuern und Gebühren werden erhöht, Leistungen abgebaut. Während neue Jobs versprochen werden, stehen im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft tausende Arbeitsplätze auf der Abschußliste. Der Lebensstandard breiter Schichten der Bevölkerung wird zurückgeschraubt - die „Null-Lohnrunde“ wird immer beliebter. Das ist die politische Offensive des Kapitals im Rahmen seines ganz normalen Wahnsinns: Zerschlagung des Sozialstaats, Aufbrechen von Kollektivverträge und Einschränkung gewerkschaftlicher Rechte. Selbst eine aktive Beschäftigungspolitik im engen Rahmen des AMS behindere den freien Wettbewerb und Gewerkschaften sind überhaupt ein Störfaktor in der Marktwirtschaft. Gleichzeitig findet man allerdings nichts dabei, Milliarden Steuergelder als Exportförderung zu fordern.
Wir halten diese Entwicklung für unerträglich - Kampfmaßnahmen sind überfällig. Doch solange sich „Gewerkschaftsführer“ wie GÖD-Vorsitzender Dohr sich „ungestraft“ damit brüsten dürfen, größere Streiks gerade noch verhindert zu haben oder ein Streikbrecher von der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft durch einen Deal mit den sozialdemokratischen StudentInnen neuer ÖH-Vorsitzender wird, wird es schwer sein, die rollenden Angriffe aufzuhalten. Immerhin: Seit vier Jahrzehnten ist zum ersten Mal das Wort Generalstreik in der öffentlichen Debatte gefallen. Ein Anzeichen, daß man endlich auch bei uns mit Kapitalisten und Regierung in der einzigen Sprache spricht, die sie verstehen. Denn es hilft nichts, passiv abzuwarten. Gegen diese Belastungswelle hilft nur der aktive Kampf!