Fr 16.10.2015
Die EU-Wahlen im Mai 2014 haben den Aufstieg einer neuen politischen Kraft in Spanien gesehen: Mit Podemos fand die Indignados Bewegung, die drei Jahre davor gestartet hatte, auf Parteiebene eine politische Form. Es war zu Beginn klar, dass viele ihrer Forderungen linke Forderungen waren, auch wenn ihre Führung versuchte, sie als „weder links noch rechts“ darzustellen. Zu den radikalsten Forderungen zählten Verstaatlichung der Schlüsselindustrien, Nicht-Bezahlung der „illegitimen“ Schulden, sowie bedingungsloses Grundeinkommen, das dem Mindestlohn entsprechen sollte. Der Wahlerfolg von Podemos zeigte das Potential an Unterstützung, das solche Forderungen in einer weiteren Schicht von ArbeiterInnen und Jugendlichen in Spanien finden könnten.
Ein Jahr später, bei den Lokal- und Regionalwahlen im Mai 2015, war das Wahlergebnis weit weniger spektakulär. Verschiedene Faktoren können diese Stagnation erklären, aber es ist klar, dass ein Hauptgrund der klare Ruck nach rechts der Partei im letzten Jahr war. Das kann man deutlich am neuen Programm erkennen, das die radikalsten Forderungen für defensive Forderungen fallen gelassen hat. Das Programm beinhaltet jetzt z.B. Rücknahme der Privatisierung im Gesundheitssystem statt Verstaatlichung der Schlüsselsektoren der Wirtschaft und Neuverhandlung der Schulden statt Nicht-Bezahlung.
Die Führung von Podemos ist sehr darauf bedacht, nicht als linksradikal in den Medien zu erscheinen. Sie haben selbst den Ausverkauf von Tsipras gegenüber der EU nach dem „Oxi“ (Nein) im Referendum verteidigt und klargestellt, sie hätten das Selbe getan. Alle diese Faktoren haben natürlich eine Auswirkung auf die Perspektiven für Podemos in den Wahlen im Herbst/Winter diesen Jahres. Jüngste Umfragen zeigen nicht nur eine Stagnation, sondern einen Rückgang in der Unterstützung von 23,9% im Oktober 2014 auf 15,7% im Juli 2015.
Viele auf der Linken analysieren, dass Podemos alleine nicht die Situation in Spanien verändern kann, und rufen nach einem gemeinsamen Wahlbündnis in den nächsten Wahlen. Das entspricht ähnlichen Entwicklungen die bei den Lokalwahlen stattgefunden haben. Damals haben sich in vielen Städten AktivistInnen von Podemos, Izquierda Unida (Vereinigte Linke, ein linkes Parteienbündnis) und anderen linken Gruppen in demokratischen Versammlungen zusammengetan, die gemeinsam über KandidatInnen und Programm entschieden.
Allerdings bedeutet der Mangel an interner Demokratie in Podemos, dass es der Führung möglich ist, ihre Pläne für ein eigenständiges Antreten bei den Wahlen fortzuführen. Das mag widersprüchlich klingen. Ja, Podemos ist in lokalen Versammlungen oder „Kreisen“ organisiert. Aber diese Kreise haben kein Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen wie Strategie oder Programm. Andere Entscheidungen, wie die Wahl der Führung oder von KandidatInnen werden zentralisiert ausgeführt, über Online-Wahlen, was bedeutet, dass es keine wirkliche Debatte oder Entscheidungen über KandidatInnen in den Versammlungen gibt. Außerdem beschränkt Podemos die Teilnahme anderer linker Kräfte: Ihre internen Regeln besagen, dass keinE FunktionärIn Mitglied einer anderen Partei sein darf, außer die andere Partei löst sich in Podemos auf. Diese Regel wird so weit ausgelegt und auch durchgeführt, dass linke AktivistInnen anderer Parteien oder Gruppen nicht an den Versammlungen teilnehmen dürfen.
Wo es möglich ist, nimmt Socialismo Revolucionario (CWI in Spanien) an diesen Versammlungen teil. Wir fordern dabei u.a. eine fundamentale Veränderung der internen Demokratie von Podemos und des Programms. Gemeinsam mit anderen Linken rufen wir für eine gemeinsame Front bei den nächsten Wahlen auf. Allerdings sagen wir klar, dass das bedeutet, eine neue Organisation mit revolutionärem Programm aufzubauen, die wirklich demokratisch ist, wo lokale Versammlungen über Strategie und Programm entscheiden können, statt der Parteiführung alleine.
Genauso wichtig wie die Frage der internen Demokratie ist die Frage eines sozialistischen Programms, mit Forderungen wie der Nicht-Bezahlung der Schulden, Mindestlohn für alle (auch für Arbeitslose), Verstaatlichung der Schlüsselsektoren der Wirtschaft, um Jobs und Dienstleistungen für die gesamte Gesellschaft zur Verfügung stellen zu können, statt nur die Profite einer Minderheit zu sichern. All das ist verbunden mit der Notwendigkeit, mit dem Kapitalismus zu brechen, um Armut und Ungleichheit endlich zu beenden.