Schluss mit Drohungen und Einschüchterungsversuchen!

Ein anonymes “Komitee” namens “Coacc” führt seit Monaten eine Angriffswelle nach der anderen gegen die SLP. In einem jüngsten Übergriff durch das “Coacc” kam es zu einer massiven Drohung bei der Privatadresse von SLP-Mitgliedern (“Bald kriegen wir euch Coacc”, im Bild). Das folgt einer Serie von über Social Media verbreiteten Falschinformationen bzw. entstellten Halbwahrheiten und Angriffen auf unser Büro, unsere Treffpunkte und private Wohnadressen. Während Anfangs noch politische Elemente bei “Coacc” zu sehen waren, so haben wir es zunehmend mit einem völlig unpolitischen de facto persönlichen Rachefeldzug von Unbekannten zu tun. Weder Inhalt noch Methode helfen irgendwie bei der Bekämpfung von Sexismus, weder insgesamt noch in der Linken. Trotz all der Angriffe hält die SLP das Angebot zu Gesprächen an Betroffene aufrecht - für eine unpolitische Rachekampagne von Elementen deren Inhalte und Methoden außerhalb der Linken stehen, stehen wir aber nicht zur Verfügung.

Persönliche Stellungnahme zu Angriffen des Kollektivs COACC auf die SLP

Eigentlich hatte ich nicht die Absicht, diese öffentliche Erklärung zu formulieren, weil ich nicht der Meinung bin, dass Linke zu viel Zeit auf innerlinke Kleinkriege verschwenden sollten und sich lieber auf den Kampf um die Befreiung der Arbeiter*innenklasse konzentrieren. Doch die Ereignisse der letzten Tage und Monate zwingen mich dazu, zu den Angriffen gegen die SLP als angeblich sexistische Partei Stellung zu nehmen.

Gestern erhielten wir diesen an unserer Privatadresse hinterlassenen Drohbrief . Das ist der Eskalationshöhepunkt eines monatelangen, absurden Psychoterrors durch das Kollektiv COACC (Calling Out Abusive Comrades Collective), das sich zum Ziel gesetzt hat, die politische Arbeit der SLP zu sabotieren.

Der Hintergrund sind zwei Fälle (einer von vor 6 Jahren) von übergriffigem/ sexistischem / problematischem Verhalten durch (Ex-)Mitglieder von uns und ein Dissenz mit den zwei Betroffenen darüber, welche Maßnahmen wir als Partei zu ergreifen haben. Zum Grundsätzlichen, das wir schon in mehreren Stellungnahmen auf slp.at ausgeführt haben: Wir lehnen das Konzept der Definitionsmacht im Umgang mit Sexismus innerhalb der Linken und unserer Organisation in all seinen Ausprägungen ab, weil Fälle von Sexismus sehr bewusst und kollektiv von den demokratischen Strukturen unserer Organisation behandelt werden müssen. In der Frage von Maßnahmen und Sanktionen nur das zu übernehmen, was jeweilige Opfer von Übergriffen oder Sexismus fordern, ohne kollektive Diskussion, kommt einer Willkür gleich, die dem Kampf gegen Sexismus nur schadet. Da geht's nicht nur um mögliche politische Instrumentalisierungen und Falschbeschuldigungen o.ä.. Es geht um eine grundsätzliche Herangehensweise innerhalb einer demokratisch organisierten revolutionären Partei, die in all ihren Sphären den Anspruch hat, gegen sexistisches Verhalten von Mitgliedern effektiv und nachhaltig vorzugehen. Denn die Erfahrung zeigt beispielsweise: Meistens fordern Betroffene sogar viel zu sanfte Maßnahmen, weil sie das Geschehene herunterspielen. Zum Konkreten: In beiden Fällen wurden von uns Maßnahmen - also Diskussionen, Sanktionen und "Aufgaben" - gesetzt, die zum Ziel eine Schärfung des Bewusstseins und eine Veränderung des Verhaltens hatten - wenn wir den Eindruck gehabt hätten, dass die Reflexionsbereitschaft und -fähigkeit und der absolute Wille dazu nicht da gewesen wären, hätten wir andere Maßnahmen - bis hin zu Ausschlüssen ergriffen. Das ist aus meiner Sicht der einzig richtige Umgang im Kampf gegen Sexismus in den eigenen Reihen. Nur wer bewusst und aktiv gegen sexistisches Verhalten vorgeht, kann Menschen ändern. Wer denkt, Sexismus ließe sich in jedem Fall einfach "ausschließen" hat 1. Nicht verstanden, wie patriarchale Ideologie im Kapitalismus funktioniert, sie durchdringt nämlich die gesamte Gesellschaft, also auch die Linke und 2. Keine Perspektive für einen erfolgreichen Kampf gegen Sexismus, der nämlich nur durch eine massenhafte Mobilisierung der breiten Arbeiter*innenklasse gegen Spaltung, Unterdrückung und das herrschende System erfolgen kann und nicht in zersplittertern linksautonomen "Safe Spaces".

Um die Absurdität zu verdeutlichen: In einem Fall in der konkreten Sache handelt es sich sogar um ein Verhalten VOR der Mitgliedschaft des Genossen, mit 18 Jahren, welches er heute, 6 Jahre später bzw. seit seiner Mitgliedschaft & der konkreten Auseinandersetzung mit seinem Verhalten, vollständig ablehnt und aufgearbeitet hat. Wenn man alle Männer, die sich mit 18 Jahren so verhalten haben wie er aus der Linken ausschließen würde, bliebe niemand mehr übrig. Eine proletarische, revolutionäre Partei, aber auch eine breite Linke aufbauen bedeutet immer, Menschen für den Kampf um Sozialismus zu gewinnen, die in dieser Gesellschaft sozialisiert wurden - mit allen reaktionären, sexistischen und rassistischen Einflüssen, die es bewusst zu bekämpfen gilt.

All das heißt nicht, dass es keine Diskussionen über den Umgang mit Sexismus innerhalb der Linken geben darf - bitte, gerne, immer - auch wenn ich der Überzeugung bin, dass unser Ansatz der richtige ist. Aber was uns passiert ist, ist keine Diskussion, sondern symptomatisch für eine identitätspolitische Pseudolinke, die sich zwar den Kampf gegen Sexismus auf die Fahnen schreibt, in Wirklichkeit aber ganz gezielt klassenkämpferischen und sozialistisch-feministischen Kräften und mit ihren Methoden auch der gesamten Linken und Arbeiter*innenbewegung schadet.

Persönlich derart zur Zielscheibe zu werden, hätte ich von Nazis und Rechten erwartet, bei aller Kenntnis über die Verrücktheit mancher Gruppen aber niemals innerhalb der Linken. Der Schaden ist denke ich selbsterklärend, genauso wie es offensichtlich ist, dass es hier nicht mehr um den Kampf gegen Sexismus, sondern um die Einschüchterung linker Aktivist*innen geht. Aktivist*innen, die tagtäglich die Organisierung der Arbeiter*innenklasse und Kämpfe gegen Rassismus, Sexismus, Unterdrückung und Kapitalismus vorantreiben, werden zum Hauptfeind einer kleinen Gruppe, die meint in der gesamten Linken die Deutungshoheit darüber zu haben, wie genau mit sexistischem Verhalten umgegangen werden soll. Es geht dabei auch um mehr: Die Frage nach den Schwächen der existierenden kleinbürgerlichen Ideologien innerhalb der Frauenbewegung kommt hier vielleicht ganz besonders absurd, aber doch relativ klar zum Vorschein. Ein "Feminismus", der sich darauf beschränkt linke Aktivist*innen zu "outen", anzugreifen oder zu skandalisieren ist derselbe, der keinen Klassenstandpunkt hat und nur in Kategorien von "wer hat die meisten Diskriminierungspunkte" denkt, ist derselbe, der "diverse" Repräsentation wichtiger findet als Kämpfe um reale Verbesserungen, ist derselbe, der sich nicht aus der linken Komfortzone hinausbewegt, weil er zu arrogant für eine Auseinandersetzung mit normalen Menschen ist. Gerade in einer Zeit, in der Frauen wieder weltweit an vorderster Front in Massenkämpfen um Abtreibungsrechte, sexuelle Selbstbestimmung, aber vor allem auch um soziale Verbesserungen & gegen die Auswirkungen dieser globalen Krise und reaktionären Regierungen stehen, lässt mich so etwas sprachlos über den Zustand der Linken zurück.

Der Kampf gegen Sexismus ist zentral für eine revolutionäre Partei, für das Ende jeder Diskriminierung und Unterdrückung und notwendig für die Einheit der Arbeiter*innenklasse. Aber auch mühsam, es ist mühsam in einer sexistischen Gesellschaft innerhalb der eigenen Reihen durchweg ein Klima und ein Bewusstsein zu schaffen, in dem möglichst keine sexistischen oder rassistischen Muster reproduziert werden und in der Frauen & LGBTQ+ Personen sich sicher fühlen können - immer mit dem Wissen, dass es im Kapitalismus keine vollständigen "sicheren Räume" geben kann. Nulltoleranz gegenüber sexistischem Verhalten ist innerhalb der SLP selbstverständlich. Aber Nulltoleranz bedeutet eben auch in den meisten Fällen die mühsame, aber notwendige Auseinandersetzung mit diesem Verhalten. Wo, wenn nicht innerhalb unserer Reihen soll es den Raum dafür geben, Antisexismus zu lernen & zur Praxis zu machen? Wer das Mühsame überspringt, wird nicht zum Ziel kommen, sondern für immer in einer isolierten Komfortzone bleiben, die für große gesellschaftliche Umwälzungen nicht ausgerüstet ist.