So 06.01.2013
Gemeinsame Presseerklärung des DSM-Vorstands und der VertreterInnen der Streikkomitees in den Bergwerken „Bokoni Platinum“, „Harmony Gold“, „Anglo Gold Ashanti“, „Royal Bafokeng“ sowie beim Bauunternehmen „Murray & Roberts“, 17. Dezember 2012.
Dieses Wochenende wurde eine neue politische Partei gegründet: die „Workers´ and Socialist Party“ (WASP). Diess Ereignis hat das Potential die politische Landschaft Südafrikas zu verändern – so, wie Marikana, wo das Blutbad an den Bergleuten, die Beziehungen in der Arbeitswelt verändert hat. Gegründet wurde diese Partei nun vom „Democratic Socialist Movement“, der Sektion des Komitees für eine Arbeiterinternationale (und Schwesterorganisation der SLP in Südafrika; Erg. d. Übers.), und den VertreterInnen der Streikkomitees bei „Bokoni Platinum“ in Limpopo, „Royal Bafokeng“ sowie „Murray and Roberts“ in Rustenburg, „North West“ und „KDC“ in Carltonville, Provinz Gauteng. Die Gründungskonferenz konnte stattfinden, obwohl es im Vorfeld zu scheinbar zusammenhanglosen, aber wahrscheinlich mit Vorsatz durchgeführten Sabotageakten gekommen ist. So wurde die Genehmigung für die Nutzung eines Stadions in Limpopo, wenige Stunden nachdem sie gerade ausgestellt worden war, wieder zurückgenommen. Außerdem wurden den Sprechern des Streikkomitees von „Bokoni Platinum“ drakonische Auflagen gemacht, um an der Konferenz überhaupt teilnehmen zu können. Und die Medien haben das Ereignis einfach totgeschwiegen.
Trotz der Steine, die uns schon bei der Vorbereitung dieser Veranstaltung in den Weg gelegt wurden, haben wir nicht lange lamentiert. Eigentlich sollte es eine Kundgebung mit anschließender Pressekonferenz werden, auf der der gemeinsame Plan zur Parteigründung vorgestellt und in deren Rahmen auch die Freilassung der wichtigsten VertreterInnen des Streikkomitees bei „Bokoni Platinum“, die gegen Kaution freigekommen waren, gebührend gefeiert werden sollte.
Die VertreterInnen, die sich auf eigene Faust zum Veranstaltungsort durchschlagen konnten, als das Treffen bereits abgesagt worden war, ließen sich von nichts abschrecken und waren entschlossen, mit dem fortzufahren, was zunächst erst noch zu einem verkürzten Gründungstreffen der „Workers´ und Socialist Party“ hatte umfunktioniert werden müssen.
Die Stimmung der TeilnehmerInnen hellte sich dann aber vor allem dadurch auf, dass einige der Grußbotschaften verlesen wurden, die von KollegInnen bei „Harmony Gold“, „Anglo Gold Ashanti“ aber auch von Schwesterorganisationen der DSM in Nigeria, Venezuela, China und aus anderen Ländern stammten. Auch von Paul Murphy, der für die irische „Socialist Party“ im Europaparlament sitzt, lag eine Grußadresse vor.
Wie dringend nötig eine derartige Partei ist, wurde noch einmal sehr deutlich, als die SprecherInnen der einzelnen Streikkomitees darüber berichteten, wie es in verschiedenen Minen des Landes aussieht, nachdem die KollegInnen dort wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt sind. So herrscht bei „Bokoni Platinum“ quasi der Ausnahmezustand, und Beschäftigte, die nicht zurück am Arbeitsplatz erschienen sind, wurden aus den umliegenden Wohngebieten, aus denen sie kommen, im Polizeigriff zu ihrem Arbeitsplatz im Bergwerk abgeführt. Bei „Harmony Gold“ haben die ArbeiterInnen erneut auf das Mittel des Arbeitskampfes zurückgegriffen. Und auch überall sonst brodelt es unter der Oberfläche, weil viele der Forderungen, für die die ArbeiterInnen teilweise schon im August und unter Inkaufnahme enormer Lohnverluste sowie angesichts ohnehin schon entbehrungsreicher Lebensverhältnisse in den Wohnquartieren rund um Marikana und den umliegenden Gebieten in den Streik getreten sind, nicht erfüllt worden sind oder ihnen auch nur im Geringsten entsprochen wurde.
Obwohl die Gründungskonferenz der „Workers´ and Socialist Party“ mit nur zwanzig anwesenden Delegierten in recht moderatem Rahmen stattfand, wurde dabei doch die Idee konkretisiert, dass man ein alternatives und sozialistisches Programm braucht, das die Verstaatlichung der Kommandozentralen der Wirtschaft zum Ziel hat. Und dabei spielen die Bergwerke weiterhin eine ganz wesentliche Rolle. Eine der Hauptforderungen der WASP wird die Verstaatlichung der Minen sein müssen. Diese müssen in den unmittelbaren Besitz der ArbeiterInnen überführt und unter die Geschäftsführung und Kontrolle der Beschäftigten selbst gestellt werden. Das wäre ein wichtiger Bestandteil des Prozesses, der letztlich zur sozialistischen Veränderung der Gesellschaft führt. Denn das ist die einzige Grundlage, auf der eine dauerhafte Lösung der Probleme der Bergleute und der Arbeiterklasse insgesamt möglich ist. Der historische erste Schritt auf dem Weg zur Gründung dessen, was bis jetzt als Massenpartei der ArbeiterInnen bezeichnet wurde, wird der Aufbau der Streikkomitees als die ersten Bataillone im Kampf zur Vereinigung der ArbeiterInnen in den Bergwerken, Fabriken und landwirtschaftlichen Betrieben, in den Wohnvierteln und unter den Studierenden sein. Diese müssen zu einer gewaltigen Kraft zusammengeführt werden, die am 21. März 2013 (Jahrestag des Massakers von Sharpeville; Erg. d. Übers.) die historische Verknüpfung zwischen den Geschehnissen von Marikana und jenen von Sharpeville (1960) herstellen wird.
Die WASP wird sich durch ihr eindeutig sozialistisches Programm, ihre Herangehensweise Wahlkämpfe nur als einen Teil der politischen Aktivitäten zu betrachten sowie durch das Auftreten ihrer RepräsentantInnen in der Öffentlichkeit von allen anderen politischen Parteien unterscheiden müssen. Letztere werden dem Prinzip der jederzeitigen Wähl- und Abwählbarkeit unterliegen und ihre Einkünfte werden nicht höher als ein durchschnittlicher Facharbeiterlohn liegen. Die WASP wird zeigen, wie belanglos der Parteitag der ANC geworden ist, bei dem sich die KandidatInnen, die gegeneinander um Plätze in der Parteiführung antreten, allesamt der Festigung der sklavischen Abhängigkeit der Arbeiterklasse im Kapitalismus verschrieben haben. Es ist genau dieser Kapitalismus, den die WASP abzuschaffen gedenkt.
In den Tagen und Monaten vor ihrer endgültigen Gründung wird die WASP um Unterstützung für die Partei werben. Dies soll auf Grundlage einer Resolution geschehen, in der zum Aufbau der Partei aufgerufen wird, damit die Idee von einer politischen Alternative in den organisierten Formationen wie etwa den Gewerkschaften, den Strukturen in den Wohnvierteln, sozialen Bewegungen und gleichgesinnten politischen Gruppierungen verbreitet wird. Diese Strukturen sollen eingeladen werden, sich dieser Resolution anzuschließen und sich damit auch formell der WASP anzuschließen. Die WASP wird eine kämpferische und kämpfende Partei sein, die die Proteste gegen mangelnde Dienstleistungen mit denen der Studierenden gegen nicht bezahlbare Gebühren und mit betrieblichen Kämpfen gegen befristete Verträge, Personalabbau und Zeitarbeit verbinden wird. Als Bestandteil der Mobilisierung zur endgültigen Gründungskonferenz werden die AktivistInnen der WASP nun im ganzen Land ausschwärmen, um eine Million Unterschriften zu sammeln, damit man bei den Parlamentswahlen 2014 antreten kann. Außerdem wird die WASP eine Kampagne für die Abberufung aller inkompetenter und korrupter Stadträte anstoßen, damit diese durch VertreterInnen der WASP ersetzt werden: VertreterInnen der ArbeiterInnen mit einem durchschnittlichen Facharbeiterlohn. Die WASP wird ihr ganzes Gewicht in diese Kampagne gegen Korruption und die Einführung eines elektronischen Mautsystems einbringen.
Es wird nun eine Reihe von regionalen Kundgebungen organisiert, in deren Rahmen über die Annahme der o.g. Resolution berichtet und auf denen genau erklärt wird, welche Leitlinien das Programm der WASP haben soll. Das wird auf dem Gründungstag der WASP am Sharpeville-Gedenktag zusammengeführt und ist Bestandteil der Kampagne für die Registrierung und Zulassung zu den Wahlen 2014, bei der die WASP selbstverständlich als sozialistische Arbeiterpartei antreten will.
Veröffentlicht von:
DSM-Vorstand, Vertreter der Streik- und Betriebskomitees bei „Bokoni Platinum“, „Harmony Gold“, „Anglo Gold Ashanti“, „Royal Bafokeng“ und „Murray & Roberts“.
17. Dezember 2012