Di 29.04.2014
Vor einem Jahr hat Chávez seinen Kampf gegen den Krebs verloren. Im Kampf zwischen der traditionellen Bourgeoisie und dem Volk unter der neuen Ägide der Linken hatte sich die „Bolivarische Revolution“ soweit radikalisiert, dass Chávez sie nach den Ereignissen von 2002/3 als „Sozialistische Revolution des 21. Jahrhunderts“ bezeichnete. Dieses Programm machte Chávez zu einer sozialen, ökonomischen und politischen Alternative zum Neoliberalismus, der Venezuela in den 1990er Jahren aufgezwungen werden sollte.
Ein Jahr nach seinem Tod droht Venezuela in eine schwere soziale und politische Krise zu stürzen. Auf Massendemonstrationen wird der Rücktritt seines Nachfolgers Maduro gefordert. Auch wenn ein Putsch zur Zeit nicht das wahrscheinlichste Szenario ist, muss klar sein, dass die aktuelle Situation mit ein Erbe Chávez' und des Versagens der Linken ist.
Wer heute 20 oder 30 Jahre alt ist, kennt nichts anderes als den „Chavismo“ an der Macht. Doch dieser bedeutet nicht nur sozialen Fortschritt gepaart mit antikapitalistischer und antiimperialistischer Rhetorik, sondern auch Personenkult, Autoritarismus und Revolution von oben. Für breite Teile der venezolanischen Jugend steht diese Regierung - nach 16 Jahren an der Macht - heute daher für das Establishment, für die sozialen Probleme im Land, für Korruption und Machtmissbrauch. Das Vakuum auf der Linken führt dazu, dass v.a. die rechte Opposition vom berechtigten Unmut der Bevölkerung profitiert. Doch auch die unkritische Solidarität mit der Regierung unter breiten Teilen der Linken zeugt von einem falschen Verständnis der aktuellen Situation.
Bereits vor den aktuellen Protesten gab es hunderte Mobilisierungen und soziale Proteste gegen die Regierung - zur Wohnungsfrage, gegen die steigende Kriminalität und für den Abschluss überbetrieblicher Kollektivverträge. Zudem gab es 2013 Fabriksbesetzungen. All diese Proteste unterscheiden sich grundlegend von den aktuellen Ereignissen.
Nach offiziellen Angaben sind als direkte Folge der Proteste bis jetzt 28 Menschen ums Leben gekommen. In den Bundesstaaten Táchira, Zulia und Merida, stellt sich die Lage so dar, dass das Einsickern rechter paramilitärischer Gruppierungen aus Kolumbien, die dem dortigen ehemaligen Präsidenten Uribe nahestehen, und Einheiten aus dem Inland sowie die streckenweise zu beobachtende Militarisierung dieser Gebiete durch die „National-Bolivarianischen Bewaffneten Kräfte“ (FANB) den Anschein vermitteln, als befinde sich das Land im Kriegszustand.
Als Antwort auf diese Situation gründete sich der „Consejo Popular Revolucionario“ (CPR, auf Deutsch „Revolutionärer Volksrat“). Er ist eine neue eigenständige revolutionäre Gruppe bestehend aus rund 30 verschiedenen revolutionären Organisationen, diversen soziale Bewegungen, Kollektiven und AkivistInnen. Wie dringend nötig eine revolutionäre Organisation ist, nicht nur um der neuen Offensive der politischen Rechten ein Ende zu bereiten sondern auch, um die Errungenschaften des Bolivarianischen Prozesses zu verteidigen und sie bis hin zur Einführung des revolutionären Sozialismus auszuweiten, liegt auf der Hand. Im Rahmen der Gründungskonferenz, an der über 100 Personen teilnahmen, äußerten sich viele AktivistInnen dazu, wie kritisch die Lage und wie dringend nötig es ist, angesichts der aktuellen Krise entschiedene und mutige Schritte zu veranlassen.
Die Organisationen und Einzelpersonen, die sich am CPR beteiligen, sind nicht die Einzigen, die die Notwendigkeit sehen, aktiv zu werden. Nun müssen Schritte eingeleitet werden, um diese Kräfte miteinander zu vereinen. Die ersten Maßnahmen in dieser Richtung sind bereits ergriffen worden. Wir von „Socialismo Revolucionario“ rufen alle revolutionären und linken Parteien sowie gewählte VertreterInnen aus der Linken und GewerkschafterInnen weltweit dazu auf, umgehend Solidaritätsschreiben zu schicken, um den CPR und den Kampf gegen die neue rechte Offensive zu unterstützen. Entsprechende Schreiben können auf Spanisch oder Englisch geschickt werden an: socialismo.rev.venezuela@gmail.com.
Internationale UnterstützerInnen der Initiative müssen auch darauf hingewiesen werden, dass die Obama-Administration gerade erst wieder mit „Sanktionen“ gedroht hat und dass es möglicherweise nötig werden kann, gegen die imperialistischen Angriffe rasch mit Mahnwachen vor Botschaften zu reagieren. Die Errungenschaften des Bolivarianischen Prozesses müssen verteidigt werden und die revolutionären Bewegungen im Land, die für Sozialismus kämpfen, brauchen Unterstützung.
http://socialismorevolucionario.org.ve/