Fr 23.03.2018
Sieben Jahre ist der Beginn des arabischen Frühlings her, in dem sich die Massen von Tunesien bis Syrien gegen ihre diktatorischen, korrupten Regierungen und gegen Arbeitslosigkeit und Armut erhoben. Die euphorische Stimmung dieser Zeit ist verflogen. In Ägypten hat sich eine neue Militärdiktatur etabliert, in Syrien tobt ein endloser Bürgerkrieg. In Tunesien, wo die Proteste 2011 zum Sturz des Diktators Ben Ali führten, hat sich die neue Demokratie zwar halten können, aber zunehmend müssen ArbeiterInnen und Arme erkennen, dass mit der formellen, bürgerlichen Demokratie der soziale Inhalt der Politik kein grundlegend anderer geworden ist. Die Arbeitslosigkeit in Tunesien liegt heute bei über 15%, in einigen Regionen über 25%. Die hohe Inflation lässt die Kaufkraft der Lohnabhängigen zusammenschmelzen. Die Regierung reagiert auf die chronische Wirtschaftskrise, wie es bürgerliche Regierungen so tun: Mit einem Kürzungsprogramm, das die Armen trifft und die Reichen schont.
Im Jänner sorgte das neue Sparprogramm, in dem kräftige Mehrwertsteuererhöhungen vorgesehen sind, die alle Güter des täglichen Bedarfs stark verteuern werden, für den Ausbruch ausgedehnter neuer Proteste im ganzen Land. In verschiedenen Städten wurden Polizeiwachen niedergebrannt, knapp 1.000 DemonstrantInnen festgenommen, mindestens einer von der Polizei getötet. Das neue „demokratische“ Tunesien zeigt, dass es der Masse der ArbeiterInnen und Armen nicht weniger feindlich gegenübersteht als einst das Regime Ben Alis. Wohl wurden die politischen Formen ausgewechselt, aber nicht die herrschende Klasse, in deren Interesse auch die Regierung Präsident Essebsis ihre Politik gestaltet. Und angesichts der sich ständig verschärfenden Wirtschaftskrise (so ist nach der Revolution der Tourismus eingebrochen) ist kaum davon auszugehen, dass sie von der Sparpolitik freiwillig abrücken wird. SozialistInnen von Al-Badil al-Ishtiraki (CWI in Tunesien) treten für eine neue Stufe der Revolution ein, für die Vergesellschaftung der Banken, Konzerne und großen Landbesitze sowie eine Regierung aus demokratisch in Betrieben, Unis und Stadtteilen gewählten VertreterInnen von ArbeiterInnen, KleinbäuerInnen und Jugendlichen.