Fr 27.09.2013
Am Dienstag den 17.9. um 9 Uhr in der Früh haben sich um die 1.000 Gemeindebedienstete und dutzende Müllautos, Lastwägen und Schneepflüge am Rathausplatz in St. Pölten versammelt. In einer lauten Protestkundgebung mit anschließendem Demonstrationszug durch die Stadt drückten die Beschäftigten ihren Unmut gegen die Nulllohnrunde aus. Es geht auch um die drohenden Privatisierungen von kommunalen Diensten. Es gelang sehr lebendig die Situation der KollegInnen darzustellen, ihre Arbeitsrealität und die Bedrohung durch die Lohnkürzung. KollegInnen berichteten in Interviews auf der Bühne darüber und zum Abschluss gab es sogar ein Protestlied von MusiklehrerInnen. So war die Stimmung sehr kämpferisch. Die Sozialistische LinksPartei (SLP) war in Solidarität auch dabei. Die sozialistische Zeitung VORWÄRTS stieß auf großes Interesse. Als Lehramtsstudent, der in den aktuellen Auseinandersetzung aktiv ist, und ehemaliger Zivildiener im AKH Linz, der bei der Bewegung gegen die - 1 % und den Streiks in den Ordensspitälern beteiligt war, führten die SLP-Aktivisten mit den KollegInnen interessante Diskussionen über die Erfahrungen und die möglichen nächsten Schritte.
Diese Streichung der Lohnerhöhung heuer hat der öffentliche Dienst dem Sparpaket der rot-schwarzen Bundesregierung vom letzten Jahr zu verdanken. Jetzt wird diese verzögert auch in Niederösterreich umgesetzt. Gehetzt wird immer gegen „die faulen überzahlten Beamten“, in Wahrheit sind das aber Großteils Niedriglohnsektor-Beschäftigte. „Die Beamten“ sind KindergärtnerInnen, LehrerInnen, PflegerInnen, SachbearbeiterInnen, Beschäftigte der Müllabfuhr und der Wirtschaftshöfe, Feuerwehrleute und viele andere Berufsgruppen, die 24 Stunden am Tag überall für uns da sind, wie es die aktuelle Kampagne der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG) richtigerweise darstellt. Es geht um die gesamte öffentliche Daseinsvorsorge.
Inkonsequente Gewerkschaftspolitik von oben herab können wir uns nicht mehr leisten!
Sonst aber lässt die Gewerkschaftsführung auf sich warten, wenn es darum geht österreichweit gegen diese Lohnkürzung, die auch auf andere Bereiche überschlägt (Beispiel: oö. Ordensspitäler), zu kämpfen. Die Gewerkschaft hat dem Sparpaket zugestimmt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Führung noch sehr stark mit der SPÖ verbunden ist. Das ist einer der großen „Grundwidersprüche“ der aktuellen Gewerkschaftsbewegung und macht es für sie dann schwer gegen die „eigene Partei“ als Dienstgeber und Regierung zu kämpfen. So haben die von der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) geführten Gewerkschaften ein paar Dampfablassaktionen organisiert, aber sonst die Auseinandersetzung vor allem ausgebremst und damit die überwiegend wütenden und kampfbereiten KollegInnen verraten.
Auch die Aktion in St. Pölten war zwar ein lautstarkes Zeichen nach außen, aber in Wahrheit von der SPÖ-Bürokratie im Gemeindebereich von oben herab organisiert. Den Beschäftigten wurde de facto vom Dienstgeber freigegeben. Das führte zu einer gut besuchten Veranstaltung, aber Druck in der Art einer Arbeitsniederlegung macht das nicht. Das führt zu der Frage, ob Teile der SPÖ und Gewerkschaftsführung die Wut der KollegInnen für eine Wahlkampfveranstaltung missbraucht haben. Warum kämpft die GdG in anderen (rot geführten) Bundesländern, wie Salzburg oder Wien, nicht, aber im schwarzen Niederösterreich schon?
Auch das fehlende Bündnis mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), die von der Fraktion christlicher GewerkschafterInnen (FCG) geführt ist, ist die Schuld von beiden Seiten. Die GÖD ist zu keinen Maßnahmen bereit und die SPÖ-Gewerkschaftsbürokratie nutzt solche Auseinandersetzungen für den Wahlkampf anstatt die kämpferischen Teile der GÖD-Basis einzuladen.
Trotzdem war die Demonstration in St. Pölten ein wütendes und kämpferisches Signal, weil sich die KollegInnen eben nicht nur als SPÖ-Wahlkampfmasse benutzen lassen. Doch was sind die nächsten Schritte der Gewerkschaft? Die Erfahrung aus Oberösterreich, wo ein Streik der Gemeindebediensteten gegen die Lohnkürzung von 1 % in letzter Sekunde von der Gewerkschaftsführung abgesagt und dann ein fauler Kompromiss gemacht wurde, zeigt, dass die Gewerkschaftsführung keine Interesse an einer Eskalationsstrategie hat und die KollegInnen viel zu wenig in den Kampf einbindet bzw. entscheiden lässt. Zuallererst wäre nötig solche Demonstrationen mit Warnstreiks zu verbinden, damit so viele KollegInnen wie möglich teilnehmen können und schon vorher auf betrieblicher Ebene in den Kampf einbezogen werden müssen.
Erfolgreiche Kämpfe durch Druck von unten und Streiks!
Doch es gab erfolgreichen Widerstand gegen die Nulllohnrunde. So machte in Wien eine Basis-Kampagne, initiiert von der Konsequenten Interessensvertretung (KIV), Teil der Alternativen und Grünen bzw. Unabhängigen GewerkschafterInnen (AUGE / UG), klar, dass die Mehrheit der KollegInnen gegen die Nulllohnrunde ist. Das zwang die Gewerkschaftsführung zu einem Umschwenken und eine Lohnerhöhung von 35 € konnte erreicht werden. In Salzburg streikten die Landesbeschäftigten, vor allem die Landeskrankenhäuser, sogar zwei Mal einem halben Tag lang mit Demonstrationen, die durch die Stadt marschierten. Eindrucksvoll brachten jeweils um die 4.000 Beschäftigten die Nulllohnrunde zu Fall und erkämpften eine Lohnerhöhung von € 35 und eine Einmalzahlung von € 100. Das Besondere daran war, dass die Streiks von kämpferischen PersonalvertreterInnen unabhängig organisiert wurden. Auf die Gewerkschaft, die sich vorher auch auf Landesebene für die Nulllohnrunde ausgesprochen hat, wurde nicht gewartet. Jetzt stellen sich die KollegInnen in Niederösterreich auf die Beine. Wir hoffen sie lernen aus den Niederlagen und Erfolgen in den anderen Bundesländern und machen den nötigen Druck auf ihre Führung.
Bundesweit die ganze Sparpolitik bekämpfen!
Das wäre ein weiterer Ansatz für einen Kampf gegen die massiven Angriffe der Regierung gegen ArbeiternehmerInnen, PensionistInnen, Arbeitslose, Frauen, MigrantInnen, SchülerInnen und Jugendliche. Bei den aktuellen und jüngsten Auseinandersetzungen geht es vor allem um Löhne und Arbeitsbedingen (Nulllohnrunde, Lohnkürzungen, Kollektivvertragsverhandlungen des privaten Sozialbereichs, Ordensspitäler, Kindergärten, Lehrerdienstrecht, …). Doch nötig wäre ein gemeinsamer Kampf gegen alle Kürzungen und Einsparungen, wo privater und öffentlicher Sektor, die verschiedenen Branchen und KlientInnen/PatientInnen/Angehörige eingebunden werden. Dieser muss entschlossen mit Kampfmaßnahmen geführt werden und in einer demokratischen Weise die KollegInnen in den Kampf und die Entscheidungen einbeziehen. Das wird de facto eine Auseinandersetzung mit der Gewerkschaftsführung. Doch angesichts der drohenden nächsten Kürzungswelle nach der Wahl, ist dieser Kampf bitter nötig.