Droht ÖVP-FPÖ Nr. 4?

Severin Berger

In Oberösterreich und seit Ende März auch in Niederösterreich führen schwarz-blaue Koalitionen die Landesregierungen an. Auf Bundesebene gab es das zuletzt mit Schwarz-Blau 3 von 2019 bis zur spektakulären Sprengung der Regierung im Zuge des Ibiza-Skandals. Aktuelle Sonntagsumfragen sehen die FPÖ bundesweit auf Platz eins, und Schwarz-Blau 4 wäre dadurch leicht möglich. Doch ist das auch politisch momentan eine realistische Option?

Bis vor kurzem sind sowohl ÖVP als auch FPÖ noch einen ablehnenden Kurs bei dem Thema gefahren, aufgrund der Coronapolitik der momentanen Regierung und der Frage des Ukraine-Kriegs.

Doch in den letzten Wochen gibt es immer mehr Anzeichen in eine andere Richtung. Für die ÖVP als klassische Partei der Reichen wird diese Entscheidung eine schwierige sein, denn einem Teil des Kapitals in Österreich wäre diese Regierungskoalition aufgrund der politischen Instabilität und des Risikos der Unberechenbarkeit nicht die liebste. So hat gerade erst das ÖVP-getriebene Veto Österreichs beim Schengen Beitritt Bulgariens und Rumäniens hier sehr sauer aufgestoßen: Wohl ein Manöver der ÖVP vor der Wahl in Niederösterreich, um der FPÖ Wähler*innen wieder abzujagen. Rechtspopulistische Wahlkalküle der ÖVP werden sich künftig wohl häufen, in der Hoffnung, sich an der Macht zu halten. Gleichzeitig ist sie abhängig von den großen Fischen, die die Wirtschaft kontrollieren, die Wahlumfragen aber nur in einem kleineren Ausmaß. Die Industriellenvereinigung sprach sich in den letzten Monaten gleich mehrmals gegen den Kurs der FPÖ aus. Allen voran beim Thema Ukraine-Krise auf “moralischer” Ebene, gleichzeitig sind aber Teile des Kapitals wieder in Einklang mit der FPÖ, wenn es um die Ablehnung der Sanktionen gegen Russland geht. Und so konnte die FPÖ auch für Kapitalvertreter*innen trotz wirrer Corona-Positionen wieder aus dem Schmuddeleck kommen. Auch wenn instabil, so bedeutet eine ÖVP-FPÖ-Koalition nicht nur Machterhalt für die ÖVP, sondern auch eine enorme Kürzungspolitik und Fokus auf die nationale Wirtschaft was zumindest Teilen des Kapitals entgegen kommt!

Herrschaft des Schreckens verhindern

Was würde Schwarz-Blau 4 reell bedeuten: ein Blick in die Vergangenheit lässt bangen: Bei Sozialstaat, Bildung, Jugend- und Frauenpolitik und noch in vielen anderen Bereichen wurde gekürzt. Das traf alle, die nicht zum reichen Klientel von ÖVP/FPÖ gehören. Zum Beispiel die Kürzung der Mindestsicherung und die Verknüpfung der Sozialhilfe mit Sprachkenntnissen. Die Kürzung der Wohnbeihilfen hat v.a. Frauen und Kinder sehr stark getroffen - das passt für FPÖ-ÖVP zu ihrer Ansicht einer “traditionellen” Familie. Wieder zeigt sich, dass die FPÖ genauso eine Partei der Reichen ist, mit engen Verbindungen zu Waffenhersteller*innen, Immobilienspekulant*innen, Finanzdienstleistungsinstituten. In deren Interesse schafft sie mehr Möglichkeiten, die Beschäftigten stärker auszubeuten, begleitet auf politischer Ebene durch die ideologische Grundlage für Sozialabbau und Spaltung in der Gesellschaft.

Sieht man sich die Entwicklungen der internationalen Rechten an, wird ein Angriff auf das Recht auf Abtreibung wie auch die Rechte von queeren, vor allem Trans-Personen, wohl ganz oben auf der Agenda stehen.

Um ÖVP-FPÖ zu verhindern braucht es eine echte Alternative auf linker Seite. Wir müssen schon jetzt Widerstand zu dieser Politik und jeden Angriff auf Teile der Arbeiter*innenklasse aufbauen. Und hier gibt es viele Ansätze: die Proteste im Gesundheits- und Sozialbereich, im Bildungswesen und bei den diversen Kollektivvertragsverhandlungen wie auch die Klimaproteste, die Verteidigung von Frauen- und Queer-Rechten.

 

 

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