Do 01.11.2001
Einerseits wird die Notwendigkeit der „Nationalen Einheit“ beschworen und geradezu jedem/r verordnet. Anderereseits rüstet der Staat auf, schränkt unsere Freiheit und Sicherheit ein. Überwachung von allem und jedem ist ein Ziel. Tja, etwas widersprüchlich. Blau-Schwarz glaubt das Märchen der „Nationalen Einheit“ selbst nicht.
In einer immer engeren Zwickmühle befindet sich der ÖGB. Unmittelbar nach dem 11. September in inniger Umarmung mit Regierung und Wirtschaftskammer, muss er nach der Urabstimmung wieder dem Druck von unten Rechnung tragen. Verzetnitschs markige Sprüche (inklusive dem Unwort Streik) lassen die Unzufriedenheit der österreichischen ArbeitnehmerInnen mit der Wirtschafts- und Sozialabbau-Politik spüren. Die Regierungsvertreter runzeln die Stirn. Auch gegen einen aufmuckenden ÖGB wird die Regierung die „Anti-Terror-Keule“ schwingen. Wer kritisiert, wer es wagt zu demonstrieren oder gar zu streiken, ist ein potentieller Terrorist bzw. dessen Vorform.
FPÖ als Rammbock
Haider und Westenthaler sind die Rammböcke der Regierungsfront. Den ersten Attacken (Fingerprints für alle, Abschaffung des Asylrechts) folgen Forderungskataloge mit „Law and order“-Phrasen. Der neue enthält Fein- heiten wie die Aberkennung der Staatsbürgerschaft aus „Gründen der Staatssicherheit“ (was immer das heißen wird). Vizekanzlerin Riess-Passer dachte schon im Sommer über Einschränkungen und Verbote von gewerkschaftlichen Kämpfen nach. Haider sieht zwischen Bin Laden und den „Anti-Globalisierungs-Demonstranten“ Verbindungen. Das ist ein Vorgeschmack auf Kommendes. Nur wer in kompromissloser Opposition zu dieser Politik steht, kann eine unabhängige Rolle spielen. Das sei dem ÖGB ins Stammbuch geschrieben.
Opposition oder Beiwagerl
Die erste Serie der Regierungsoffensive, inklusive der Bildung eines „Nationalen Sicherheitsrates“, wurde von SPÖ und Grünen unterstützt. Nachdem sich der FPÖ-Rammböck gegenüber der vorsichtigeren Strategie von Innenminister Strasser durchgesetzt hat, distanziert sich nun die parlamentarische „Opposition“ von der Härte der FPÖVP-Initiativen. Das kann nicht davon ablenken, dass sie prinzipiell keine Alternative haben. Die Ermahnungen zur „Einhaltung der Menschenrechte“ sind bloße Routine - nicht mehr. Die SPÖ sieht seit langem wieder einen Silberstreif am Horizont: Aus der ÖVP kommen Signale für eine künftige Wiederbelebung der Großen Koalition. Das ist die Perspektive der SPÖ. Selbst die Position, für den NATO-Beitritt zu sein, ist SP-intern seit langem kein Tabu mehr. Gusenbauer stellt klar: „in Krisenzeiten sollte es einen Konsens in der Außen- und Sicherheitspolitik zwischen Regierung und Opposition geben, gerade in einem kleineren Land.“ („profil“ Nr. 41)
Welche Sicherheit?
Zum Schutz vor Terrorismus sind die Regierungsmaßnahmen sinnlos. Gegen biologische Waffen ungeklärter Herkunft hilft die verstärkte Überwachung linker Organisationen nichts. Flugzeugentführungen kann man mit dem elektronisch gespeicherten Fingerabdruck von Max Mustermann nicht verhindern. Die herrschende Elite will mit diesen Maßnahmen gegen jetzige und vor allem künftig wachsende Opposition die Trumpfkarte des autoritären Staates in der Hand halten.
Die Sicherheit, die wir wirklich bräuchten, wurde schon von SPÖVP zerstört. Blau-Schwarz beschleunigte diesen Abbau sozialer Sicherheit. Arbeitslosigkeit und Zukunftsängste wachsen. Eine Milliarde mehr für das Bundesheer macht hohe Offiziere glücklich; von Jobabbau bedrohte AUA-KollegInnen sicher nicht. Die Anti-Terror-Politik ist ein Vorwand für innere Aufrüstung. Der „Nationale Schulterschluss“ soll uns zerquetschen.