Fr 15.10.2004
Sei es in der ehemaligen Verstaatlichten (Elin, VOEST, VA-Stahl), oder in der “New Economy”. Überall werden MitarbeiterInnenbeteiligungsmodelle als innovative Lösungen angeboten, Modelle “an denen alle verdienen”. Was ist dran an der neuen Zauberlösung?
In der tiefen Krise der New Economy im Jahr 2000 stellte der damalige Betriebsrat einer Internetmedienfirma Christian W. folgende Perspektive auf: “Bald werden wir dafür zahlen müssen, dass wir hier arbeiten dürfen”. Seine Aussage hatte schon damals einen wahren Hintergrund. In den USA gibt es bereits Firmenmodelle, die bei einer Jobausschreibung folgendes vorsehen: JedeR MitarbeiterIn muss zuerst TeilhaberIn des Unternehmens werden, bevor eine Arbeitsstelle bezogen werden darf. Die bei uns bereits übliche Praxis durch Scheinselbstständigkeiten das Unternehmensrisiko an die KollegInnen abzuwälzen, erhält so eine neue Qualität: Wer arbeiten will, soll gefälligst einen Kredit aufnehmen.
Nur der persönliche Einsatz zählt?
Wirtschaftskrisen und Fehlentscheidungen des Managements sind die entscheidenden Ursachen für den Misserfolg eines Unternehmens im Kapitalismus. Vertreter von MitarbeiterInnenbeteiligungsmodellen lassen diese Punkte bei ihrer grundsätzlichen Betrachtung komplett außer Diskussion. In der Realität werden mit Einführung solcher Modelle oft Arbeitszeiten ins Unermessliche ausgedehnt, Arbeitsrechts-Gesetze umgangen (…), ja auch die Sozialversicherungsform soll jedem selbst überlassen bleiben. Zusammengefasst bedeutet Mitarbeiterbeteiligung daher vor allem Argumentationsstoff um sämtliche Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung der letzten 150 Jahre zunichte zu machen – denn angeblich sitzen ja alle im selben Boot. Schon heute halten Betriebsratkörperschaften Aktienanteile und Beteiligungen, und in vielen Betrieben (z.B. derzeit Elin) wird den ArbeiterInnen schmackhaft gemacht doch “für einen sicheren Arbeitsplatz auf einen Teil der Lohnerhöhung zu verzichten”. In vielen Betrieben werden kleine Teile des Gehalts in Aktien ausbezahlt, ein erster Schritt in die oben beschriebene Richtung.
“Mitbestimmung” als Mühlstein für Gewerkschaften?
Auch Mitbestimmungs-möglichkeiten über Betriebsrat, Aufsichtsrat, sog. “Corporate Governance” oder wie die Modelle alle heißen mögen, bergen Gefahren für die ArbeitnehmerInnenvertretungen, sich als “Mit-Unternehmer” zu fühlen. Vor allem die Mitgliedschaft in Aufsichtsräten erwies sich in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit als zumindest problematisch. Durch Zuckerbrot und Peitsche – sprich Privilegien und Drohungen mit dem Betriebsgeheimnis versuchte das Management – oft erfolgreich – Betriebsräte, die an Aufsichtsräten teilnahmen, für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. In Zeiten der Krise bedeutet diese “Mitverantwortung” für das Unternehmen einen enormen Druck, die betroffene KollegInnen im Stich zu lassen und somit bei Kündigungen, zu geringen Lohnerhöhungen, oder wie jüngst in Deutschland Arbeitszeitverlängerungen und Gehaltskürzungen zuzustimmen. Anstatt die “Wir sitzen alle im selben Boot” – Lüge zu akzeptieren, haben kritische Betriebsräte die Aufgabe alle verfügbaren Informationen transparent zu machen. Ganz wichtig ist bei jedem Schritt daher die demokratische Kontrolle der Betriebsräte durch die Belegschaft! Offene Debatten in Betriebsversammlungen, Abstimmung über jede wichtige Veränderung, Artikel in Betriebsratszeitungen, sind wichtig, jede Form von Schweigepflicht muss abgelehnt werden! Ebenso dürfen mit der Tätigkeit als Betriebsrat oder Gewerkschaftsvertreter keinerlei Privilegien verbunden sein: Diese sollen Durchschnittsgehälter mit direkter Ankopplung an laufende KV-Verhandlungen bekommen, damit sie wissen wen sie vertreten.
Für echte Wirtschaftsdemokratie!
Im Kapitalismus gilt die Logik: Nur der Profit ist die Messlatte des Erfolgs. Als Unternehmen profitabel zu sein, bedeutet heutzutage fast immer Kürzungen und Rationalisierungen auf dem Rücken der Belegschaften. Weder Demokratie in der Wirtschaft, noch konsequente Interessenvertretung ist unserer Meinung nach über Beteiligungsmodelle möglich. Wir treten deshalb für eine Gesellschaft ein, in der die großen Konzerne enteignet und die Produktionsmittel vergesellschaftet sind und somit allen gehören. Die Produktion sollte demokratisch geplant werden – nicht nach der Logik des Profits, sondern nach den Bedürfnissen der gesamten Bevölkerung. Eine solche Gesellschaft nennen wird Sozialismus.