Mit voller Wucht: Der „Rechtsstaat“ im Kapitalismus zeigt erneut sein wahres Gesicht – die Klassenjustiz

Was hinter den Urteilen im sogenannten „Schleppereiprozess“ steht
SLP-Stellungnahme

Noch immer wird Überraschung geheuchelt, obwohl bereits mehrfach und eindrucksvoll bewiesen ist, dass im Rechtsstaat Klassenjustiz geübt wird, wie zB im Prozess gegen TierschützerInnen und im Prozess gegen den Antifaschisten Josef. Der sogenannte „Schlepperprozess“ habe Fragen aufgeworfen, ist in bürgerlichen Medien zu lesen. Der Vorwurf der politischen Motivation sei an den Gesetzgeber, nicht an die Justiz zu richten, sagte die Staatsanwältin. Tatsächlich gibt es keine offenen Fragen. Es ist klar und deutlich, dass eine Verurteilung der Geflüchteten in diesem politischen Prozess erfolgen musste, um den gesamten Schauprozess samt seiner unmenschlichen Auswüchse mit monatelangem Freiheitsentzug zu rechtfertigen. Angesichts von Freisprüchen und Verfahrenseinstellungen bei großen Verbrechen der Mächtigen einerseits und Verfolgungen, Repression und Verurteilungen bei den Schwächsten und bei jenen, die sich gegen Rassismus und Faschismus stellen andererseits, ist es lächerlich, wenn die Justiz die Verantwortung abschiebt. Wie groß der Spielraum der Justiz bei der Anwendung von Gesetzen ist, zeigt sich bei Verfahrenseinstellungen, Freisprüchen und milden Urteilen zugunsten korrupter PolitikerInnen, Superreicher und Mächtiger, wovon wir in letzter Zeit ausreichend Beispiele gesehen haben. Tatsächlich sind sowohl Gesetzgebung als auch Justiz einhellige Instrumente der herrschenden Klasse. Um Menschlichkeit zu heucheln, wurden die Betroffenen systematisch von Beginn an, insb. seitens der Innenministerin als „Schlepper“ bezeichnet und in der Propaganda von „unmenschlichen“ Vorgangsweisen, Ausbeutung etc. gesprochen. Millionen  Euro wären von dieser „Mafia“ gemacht worden, was die Medien ungeprüft verbreiteten und so das verbrecherische Vorgehen des Innenministeriums deckten. Alles war nur ein großes Lügengebäude, aber die Wirkung war getan. Die Maschinerie war angeworfen. Fluchthilfe wurde ganz generell als „Schlepperei“ diffamiert. Längst ging es nicht mehr darum, was die Betroffenen konkret gemacht haben. So stümperhaft konnten die Ermittlungen gar nicht sein. Schließlich wurde ihnen eben einfach vorgeworfen, jemandem geholfen zu haben. So viel zu den „demokratischen“ Werten, die hier angeblich verteidigt werden. Tatsächlich geht es darum: Wenn sich gerade die Schwächsten, wie Flüchtlinge, denen grundlegende Rechte verwehrt werden, organisieren, um sich zu wehren und den Mut aufbringen, zu kämpfen, dann ist das besonders bedrohlich für die Herrschenden. Die Geflüchteten haben unglaublichen Mut bewiesen. Sie haben gezeigt, dass sie – die Betroffenen – diejenigen sind, die Veränderungen herbeiführen können und müssen und nicht irgendwelche „demokratisch“ gewählten VertreterInnen, die lediglich unterschiedliche Fraktionen der Herrschenden repräsentieren und von ihnen nicht einmal gewählt werden können; und auch nicht wohlhabende Promis, Intellektuelle und wohlmeinende Karitative, die am System und an den Ursachen nicht kratzen. Die Geflüchteten haben sich aus der ihnen zugedachten Opferrolle herausbegeben und sind selbst als AkteurInnen aufgetreten. Das hat auch viele gestört, die vermeintlich auf der Seite der Schwächsten stehen, diese aber lieber als Opfer sehen, an deren Stelle karitative StellvertreterInnen agieren. Repression gegen Bewegungen wie den refugeeprotest muss gerechtfertigt werden. Die medial unterstützte Diffamierung dieser Bewegung wurde von brutaler polizeilicher Repression begleitet. Die Verurteilungen stellen den Gipfel einer systematischen Niederschlagung von Selbstorganisation dar. Die stümperhafte Vorgangsweise dabei ändert nichts an diesem Zweck, sondern stellt eine zusätzliche Gefahr für AktivistInnen dar. Die Justiz musste schließlich große Mühe aufwenden, um die gesamte monatelange Überwachung, den monatelangen Prozess durch Verurteilungen rechtfertigen zu können. Alleine mit dem Prozess wurden die Betroffenen physisch und psychisch fertiggemacht. Die Repression gegen die Flüchtlingsbewegung samt medialer Diffamierung, die nun in den Verurteilungen gipfelte sagt: Ihr habt nicht aufzumucken!

Die Lehren aus den Urteilen

Der Mut der refugee-Aktivisten, sich zu organisieren und zu kämpfen ist richtig! Die volle Wucht, mit der gegen die Bewegung vorgegangen wurde und wird, zeigt genau das. Sie zeigt, dass genau die Selbstorganisation Betroffener der wunde Punkt der Herrschenden ist und dass dies der richtige und einzige Weg zur Veränderung ist. Die SLP hat von Beginn der Bewegung an klar gemacht, dass Flüchtlinge Teil der ArbeiterInnenklasse sind, weil sie nichts zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft und dass es im Interesse von Unternehmen, Konzernen und Reichen ist, mit Rassismus die ArbeiterInnenklasse zu spalten und Geflüchtete als schwächsten Teil völlig rechtlos zu halten, ihnen sogar Arbeit zu verbieten. Wir forderten und fordern deshalb, dass die Organisationen der ArbeiterInnenklasse die Flüchtlingsbewegung aktiv voranbringen. ArbeiterInnenkammer, ÖGB und Fachgewerkschaften haben wir wiederholt aufgefordert, dieser ihrer Aufgabe nachzukommen. Es kamen nur Lippenbekenntnisse und einzelne Diskussionsveranstaltungen. Aus diesem Grund alleine konnte der Repressionsapparat so brutal zuschlagen. Wir fordern die abgehobene Führung dieser Organisationen weiter auf, als Organisationen der ArbeiterInnen und damit der Flüchtlinge zu agieren und ihre Ressourcen dafür einzusetzen. Teile von UnterstützerInnen der Flüchtlingsbewegung sind angesichts der Repression und der Angst davor zu der falschen Folgerung gelangt, es wäre für die Bewegung besser, mehr stillzuhalten, nicht zu viel zu fordern und es wäre gefährlich, zu „radikal“ zu sein und es dürften keine „Parteien“ an der Bewegung sichtbar teilnehmen, was bis zur absurden Forderung eines „Fahnenverbots“ in Demonstrationen ging. Bei dieser Ansicht müsste konsequenterweise von einem Protest, von einer selbstorganisierten Bewegung völlig Abstand genommen werden. Abgesehen davon, dass wieder nicht zwischen Form und Inhalt unterschieden wurde, also zwischen „Parteien“ der Herrschenden und Organisationen auf Seite von ArbeiterInnen und Geflüchteten: Die wirkliche Gefahr bestand und besteht darin, die Bewegung zu bremsen, sich auf „moderate“ Forderungen (bessere Versorgung oder karitative Ansätze) zu beschränken, die Flüchtlinge in die Opferrolle zu sperren und jegliche Organisierung (und damit Demokratie) in der Bewegung abzulehnen. Es geht nicht darum, dass manche Forderungen zu wenig „radikal“ sind, sondern darum, dass eine Verbesserung der Lebenssituation von Geflüchteten mit Appellen an „Rechtsstaat“ und „Demokratie“ schlicht nicht möglich ist, sie haben sich längst als nutzlos erwiesen. Die Urteile im sogenannten „Schlepperprozess“ zeigen, auf welcher Seite bürgerlicher Rechtsstaat und bürgerliche Demokratie stehen und dass demokratische Strukturen in der Bewegung von essentieller Wichtigkeit sind. Die Ablehnung jeglicher Organisation und „basisdemokratische“ Vorgangsweise führen dazu, dass diejenigen die Bewegung führen, die die meiste Zeit und die meisten Ressourcen haben, und nicht die, die aus der Bewegung dafür gewählt wurden. Aber auch gewählte SprecherInnen haben zu wenig Rückenstärkung aus der Bewegung, wenn es an Organisierung mangelt. Das alles schwächt eine Bewegung und erleichtert die Repression.

Wie weiter?

Die Urteile sind nicht die Niederlage der Flüchtlingsbewegung! Im Gegenteil: Sie zeigen, dass die refugees mit ihrem Mut recht haben und die Herrschenden verängstigt haben, indem sie als Betroffene sich organisiert haben. Die Lehren daraus sind, dass bessere Organisierung nötig ist – durch demokratische Strukturen in der Bewegung und Aktionen der Gewerkschaften. Die SLP steht mit voller Solidarität hinter den refugees, besonders den Verurteilten und denen, die die Repression in Gestalt dieses Prozesses und der Polizeirepression getroffen hat. Wir verurteilen diesen politisch motivierten Prozess samt seiner Urteile gegen Geflüchtete und fordern einmal mehr von ÖGB, Fachgewerkschaften und ArbeiterInnenkammer, Aktionen gegen diesen Prozess, die Urteile, die dahinterstehende Polizeirepression sowie jeden weiteren staatlichen Rassismus zu setzen sowie Geflüchtete aktiv zu organisieren.