Di 11.07.2006
Mehr als 500.000 ArbeiterInnen, Studierende, Intellektuelle, Arbeitslose und andere strömten am Sonnabend, dem 8. Juli, auf den zentralen Platz der mexikanischen Hauptstadt Mexiko-Stadt, den Zócalo. Eine Flut von gelb, die Farbe von Lopez Obradors Wahlkampagne, ergoss sich von diesem Platz durch alle großen Straßen der 30-Millionen-Stadt. Dieser Massenprotest war die Reaktion auf den Aufruf des radikal-populistischen Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel López Obrador (in Mexiko mittlerweile besser bekannt unter der Bezeichnung ‘AMLO’) an seine Anhänger, an der Kundgebung teilzunehmen. ‘AMLO’ war der Kandidat der PRD (Partido de la Revolución Democratica; „Partei der demokratischen Revolution“) für die mexikanischen Präsidentschaftswahlen vom 2. Juli 06.
Zu den Protesten wurde aufgerufen, um eine breite Kampagne gegen den offenkundigen Wahlbetrug zu starten, der stattgefunden hatte, um den rechts-konservativen Kandidaten Felipe Calderón von der neoliberalen PAN (Partido Ación Nacional; „Partei der nationalen Aktion“) ins Amt zu hieven.
Die jetzigen Auseinandersetzungen bezüglich der Wahlergebnisse folgen einer der am stärksten polarisierenden Wahlkämpfe, die das Land je gesehen hat. Der Wahlkampf war von einer starken Polarisierung zwischen den Klassen und sogar zwischen den Regionen gekennzeichnet. Die Arbeiterklasse, Bäuerinnen, Bauern, die indigene Bevölkerung sowie sich radikalisierende Studierende und Intellektuelle in den Städten standen hinter AMLO, der seine Stimmen hauptsächlich im Süden des Landes und in der Mega-City Mexiko-Stadt gewinnen konnte. Die reiche Elite, Teile der Mittelschicht und eine Mehrheit des agrarisch strukturierten Nordens unterstützten hingegen Calderón. Die herrschende Klasse befürchtet, dass, sollte Obrador die Präsidentschaft angeboten werden, damit nur neuen sozialen Kämpfen von ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern Tür und Tor geöffnet wird.
Diese sehr wichtige Wahl offenbarte ferner die historische Marginalisierung der dritten politischen Kraft in Mexiko. Die „Partei der institutionalisierten Revolution“ (Partido Revolucionario Institucional; PRI), die von 1929 bis 2000 die Regierung stellte, trat mit ihrem Kandidaten Roberto Madrazo an. Er kam mit ungefähr 20% der abgegebenen Stimmen nur auf den demütigenden dritten Platz. Damit konnte die PRI zum ersten Mal überhaupt in keinem einzigen der 32 Bundesstaaten Mexikos eine Mehrheit gewinnen. Das wiederum basiert auf den Erfahrungen der vergangenen Wahlen und vor allem der aus dem Jahre 2000. Vor sechs Jahren wurde die korrupte, repressive, patriarchische und populistische PRI mit offiziell 80% bzw. 90% „wiedergewählt“.
Die PRI war mehr und mehr für Korruption und Stimmen-Kauf bekannt geworden – eine Methode, der sich jetzt die neoliberale PAN bedient.
Massive Wahlfälschungen
Von AMLO wird berichtet, dass er die Wahl in 45 der 300 Wahlbezirke für sich entscheiden konnte. Am 6. Juli zitierte die spanische Tageszeitung El País Claudía Sheinbaum, die Sprecherin der PRD, die sagte, dass es in 18.000 Wahllokalen mehr Stimmzettel als registrierte Wahlberechtigte gegeben hat. In 50.000 von 130.788 Wahllokalen war die gemeldete Zahl abgegebener Stimmen höher als die Summe der registrierten Wahlberechtigten.
Das Wahlgutachten der PRD dokumentiert eine Liste weit verbreiteter Unregelmäßigkeiten. So wird z.B. beschrieben, dass eine zweite Zählung nur in 2.600 der insgesamt gut 130.000 Wahllokale durchgeführt wurde. Und allein diese Nachzählung führte dazu, dass Calderóns Führung von 400.000 auf 244.000 Stimmen zusammenschmolz. Wegen „Unregelmäßigkeiten bei der Behandlung der Registrierkarten, einer nicht zuzuordnenden Autorenschaft und rechnerischer Fehler“, so die offizielle Verlautbarung, sind in der ersten Auszählung unglaubliche 2,5 Millionen Stimmen aus 11.000 Wahlurnen nicht berücksichtigt worden, deren Ergebnis am 3. Juli 06 veröffentlicht wurde.
Bezugnehmend auf das mexikanische Magazin El Universal in Mexicali, Baja California kam es bei der Bestimmung der Stimmenverteilung in 80% der Wahllokale zu „rechnerischen Fehlern“. Andere Berichte geben Auskunft über zu früh geschlossene Wahllokale mit Hunderten um ihr Wahlrecht Betrogenen. El Universal zitiert einen anderen Sprecher der PRD, Manuel Camacho, der bekundet, dass es im Bundesstaat México sogar Fälle gab, bei denen Stimmen in einigen Wahllokalen 85 Mal gezählt wurden, bis das Endergebnis feststand. Andere Quellen berichten von einem Wahllokal in Mexiko-Stadt, in dem 188 Stimmen für den Kandidaten Obrador gewertet wurden, obwohl von der Wahlkommission nur 88 Wahlberechtigte für diesen Wahlkreis registriert waren.
In den nördlichen Bundesstaaten, wo die Rechts-Konservativen stark sind, „kam es“ zu mehr Stimmen für den Präsidentschaftskandidaten als für Senatoren und Kongressabgeordnete zusammen. In den südlichen Bundesstaaten, wo hingegen die PRD ihre Hausmacht hat, war die Situation genau umgekehrt: Es gab mehr Stimmen für Senatoren und Kongressabgeordnete als für den Präsidentschaftskandidaten!
Dieser massive Wahlbetrug schlug sich auch jenseits der mexikanischen Grenze nieder. In den USA wurden „illegale“ mexikanische ArbeiterInnen von den mexikanischen Botschaften und Konsulaten kurzerhand als nicht wahlberechtigt erklärt. Auf diese Weise wurden über eine Million Wahlberechtigte von der Wahl ausgeschlossen, weil ihre Registrierkarten angeblich abgelaufen waren. Es wurde ihnen aber auch nicht erlaubt, die Karten außerhalb Mexikos einfach erneuern zu lassen.
Die El País vom 7. Juli 2006 kommentierte noch während der Wahl: „Es herrschte selbst dann noch eine außerordentlich gelassene Atmosphäre im nationalen Wahlkampfbüro der PAN, als die ersten Hochrechnungen nichts Gutes für Calderón erahnen ließen. `Die Situation wird sich schon noch zu unseren Gunsten wenden´, wurde behauptet.
Und tatsächlich „wendete“ sich noch einiges. Die PRD führte über 20 Stunden, die die Auszählung andauerte. Bis zu dem Zeitpunkt, da 99.6% der Stimmen „überprüft“ waren und die PAN sich auf mysteriöse Art und Weise plötzlich an erster Stelle wiederfand!
Es kam einem vor, als handele es sich um die Neuauflage der Wahl von 1988. Damals führte der PRD-Kandidat, Cuauhtémoc Cárdenas, bis zu dem Zeitpunkt, als auf einmal alle Computer ausfielen. Als sie wieder hochgefahren werden konnten, lag dann plötzlich die PRI vorne. So unterwürfig wie seiner Zeit der Präsidentschaftskandidat der Demokraten in den USA, John Kerry, akzeptierte auch Cárdenas das Ergebnis, was zu großer Verärgerung unter den Anhängern der PRD führte.
Größte Demonstration in der Geschichte Mexikos
Weit bevor die Wahlkampagnen der einzelnen Parteien in diesem Jahr begonnen hatten, versuchte die neoliberale PAN schon einen eventuellen Sieg der PRD unmöglich zu machen. Im vergangenen Jahr versuchte der scheidende Staatschef, Vincente Fox (PAN), zu unterbinden, dass der amtierende Bürgermeister von Mexiko-Stadt, Obrador, überhaupt auf dem Wahlzettel erschien. Er suchte einen Grund zu kreieren, um Obrador ins Gefängnis zu bringen. Dieses Verhalten provozierte Obrador so sehr, dass er die größte Demonstration in der Geschichte Mexikos organisierte. Schätzungsweise 1,5 Mio. Menschen folgten seinem Aufruf und forderten den Rücktritt von Fox.
Daraufhin schalteten die rechts-konservativen Kräfte einen Gang zurück. Dies allerdings nur, um die entscheidenden weiteren Schritte zu planen, die die PRD um ihren Sieg bringen sollten: Während des Wahlkampfes knackten Hacker die Homepage des PRD-Kandidaten, manipulierten die dort gemachten Aussagen und wandten anderen schmutzige Tricks an. Im Bundesstaat Guerrero wurden zwei Wahlbeobachter der PRD von „Unbekannten“ nieder geschossen.
Vor dem Hintergrund, Obradors Wahlsieg zu verhindern, kam es in der mexikanischen Bevölkerung zu einer massiven Polarisation zwischen arm und reich. Obrador erfuhr eine überwältigende Unterstützung durch die Arbeiterklasse, Bäuerinnen, Bauern, die Armen in den Städten, Jugendliche, sich radikalisierende Angehörige der Mittelschicht und Intellektuelle. Auf der anderen Seite wurde Calderón von der Rechten des Landes und der reichen Elite gestützt.
Die Unterstützung für AMLO spiegelt die Bandbreite derer wider, die sich von seinen Ansätzen angesprochen fühlten. Die Korruption und die reiche Elite im Land anprangernd, versprach er die Bezüge des Präsidenten zu halbieren. Im selben Zusammenhang kündigte er an, die Löhne der meisten Beschäftigten um 20% zu erhöhen und die Preise für Strom, Benzin und Haushalts-Gas um 10% zu senken. Er stellte darüber hinaus eine staatliche Beihilfe von monatlich 70,- US-Dollar für Ältere, alleinerziehende Mütter und Behinderte in Aussicht. Gleichzeitig forderte er, dass das NAFTA (Freihandelsabkommen zwischen Kanada, den USA und Mexiko mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die einfache Bevölkerung) in seinen entscheidenden Passagen neu verhandelt werden müsse. Diese Forderung provozierte natürlich die Gegnerschaft des US-Imperialismus und der Bush-Administration.
Solche radikal-populistische Ankündigungen fanden natürlich einen überwältigenden Rückhalt unter der mexikanischen Bevölkerungsmehrheit. Und die Wahl Obradors hätte zweifellos einen enormen Rückschlag für den US-Imperialismus und die mexikanische herrschende Klasse bedeutet. Bush und die Vereinigten Staaten hatten sich daran gewöhnt, mit einem willfährigen und neoliberalen Präsidenten Fox ihre Geschäfte zu machen. Selbstredend wollten sie sich nicht daran gewöhnen, fortan mit einem radikalen, populistischen Nationalisten wie Obrador zu verhandeln.
Unglücklicher Weise vertrat auch Obrador jedoch kein politisches Programm, das mit dem kapitalistischen Wirtschaftssystem als Ganzem brechen wollte, wenn er sich gegen Korruption und die sogenannten Reformen wandte, die angeblich den Armen zu gute kommen sollten. Über den ganzen Wahlkampf hindurch betonte er, dass er weder den Unternehmen noch dem Kapitalismus Schaden zufügen wolle. „Ich bin gegen [...] die Korruption, die unser Land so hart getroffen hat. Aber ich habe kein Problem mit den Unternehmern dieses Landes“, sagte er während einer Wahlveranstaltung in Tijuana.
Kapitalismus mit „menschlichem Antlitz“
In einem Interview mit der Tageszeitung Washington Post erklärte Obrador: „Ich pflege gute Beziehungen zu Geschäftsleuten. Probleme habe ich nur mit Lobbyisten, die eine Regierung nur für ihren eigenen Vorteil benutzen wollen“.
Mit anderen Worten zieht er einen Kapitalismus mit „menschlicherem Antlitz“ vor, der weniger korrupt ist.
Eine führende Figur in Obradors Wahlkampfteam und im Schattenkabinett für den Posten des Finanzministers vorgesehen war Rogelio Ramírez de la O. Er sagte der in London erscheinenden Financial Times: „Fiskalische Disziplin ist die Voraussetzung dafür, die Kosten für Schuldentilgung zu verringern und für eine niedrigere Inflationsrate zu sorgen [...] einen solch umsichtigen Ansatz möchte Herr López (Obrador) gerne sehen – eher vergleichbar mit Brasiliens Luis Ignacio Lula da Silva als mit dem radikalen Hugo Chávez in Venezuela“ (4. April 2006).
In Mexiko griffen einige bürgerlich-kapitalistische Kommentatoren diese Aussagen auf. Eduardo Garcia, der für das Finanzmagazin Sentido Común schreibt, kommentierte: „Es gibt zwar einige Befürchtungen innerhalb des Unternehmer-Lagers, diese sind allerdings nicht rational zu begründen. Es liegt wohl eher daran, dass ein Ausländer ans Ruder käme, würde Obrador tatsächlich die Wahlen für sich entscheiden. Außerdem hatte man bisher nichts mit ihm zu tun. Es handelt sich dabei nur um die Angst vor dem Fremden, davor, dass er die Regeln möglicherweise nicht einhalten könnte. Zwar mag er sich gegen einzelne Unternehmer stellen, er stellt sie aber nicht gegen das Unternehmertum als solches.“
Obradors Billigung des kapitalistischen Systems wird letztendlich auch deshalb zu einer Krise führen, da er den an ihn gerichteten Erwartungen im Endeffekt nicht gerecht werden kann, sollte er doch noch den Wahlsieg zuerkannt bekommen.
Was Teile der herrschenden Klasse Mexikos zudem fürchten, ist der Fakt, dass ein Sieg Obradors auch den Effekt hätte, die Arbeiterklasse und Armen des Landes weiter zu beflügeln. Tür und Tor würden für weitere Kämpfe und Forderungen nach einem Wechsel geöffnet. Ein Beispiel für diese These sind die jüngsten Auseinandersetzungen von mehr als 70.000 LehrerInnen, die im Bundesstaat Oaxaca ihre Wellen Schlugen. Über diesen Kampf entwickelte sich ein echter Volksaufstand, in dem der Rücktritt des Gouverneurs gefordert wurde. Andere Beschäftigte wie die Bergleute und Metallarbeiter traten ebenfalls auf den Plan. Soziale Organisationen und lokal verankerte Gewerkschaften, die zusammen über 10 Mio. Menschen repräsentieren, haben für den 28. Juli 06 zu einem Generalstreik aufgerufen. Dies sollte als Warnung für noch bevorstehende Kämpfe gewertet werden, die auf Mexiko zukommen.
Die herrschende Klasse befürchtet, dass Obrador unter solchen Bedingungen kein verlässlicher Partner mehr sein würde und in eine radikalere Position gedrängt werden könnte. Dann wären auch stärkere staatliche Eingriffe nicht mehr auszuschließen, was die Eliten natürlich abschreckt.
Die momentane Krise, die sich in diesen Wahlen widerspiegelt, schlägt ein neues Kapitel in der Geschichte der Klassenkämpfe in Mexiko auf – und all das geschieht direkt hinter der Grenze zu den USA. Die Auswirkungen dieser Bewegungen werden auf dem gesamten amerikanischen Kontinent inklusive den USA spürbar sein. Kurz nachdem in den USA Millionen von illegalisierten ArbeiterInnen mit lateinamerikanischer (vor allem mexikanischer) Herkunft gegen die Verschärfung der dort herrschenden Ausländer-Gesetze auf die Straßen gegangen waren, erlebt nun ein weiteres lateinamerikanisches Land unruhige Zeiten: Mexiko.
Eintägiger Generalstreik ist nötig
Wegen des massiven Drucks sah sich Obrador genötigt, zu Massenprotesten aufzurufen und die Wahlergebnisse in Frage zu stellen. Auch forderte er eine Nachzählung der Stimmen. Nach Bekanntwerden des Wahlbetrugs nannte Obrador seinen Gegenkandidaten Calderón eine „Marionette der Einflussreichen“. Den scheidenden Präsidenten Fox nannte er einen „Verräter“. Ohne Zweifel geben diese sentimentalen Ausbrüche Auskunft über die Haltung der Massen, bei denen so etwas anzukommen scheint und die Obrador im Wahlkampf unterstützten.
Wie nicht anders zu erwarten, sandte George W. Bush unverzüglich seine Glückwünsche zu Calderóns Wahlsieg. – Zur Erinnerung: Bush selbst wandte vor sechs Jahren bei den Präsidentschaftswahlen in den USA noch sehr ähnliche Mittel im Bundesstaat Florida an, um die Wahlen für sich ausgehen zu lassen... Als Echo auf Bushs Gratulationen trafen die Segenswünsche des konservativen kanadischen Premierministers Stephen Harper und – zur besonderen Verärgerung der mexikanischen Bevölkerung – des spanischen „sozialistischen“ Regierungschefs José Luis Rodriguez Zapatero ein, der damit endgültig all denen sein wahres Gesicht gezeigt hat, die bisher noch Hoffnungen in ihn setzten.
Von El País am 10. Juli 2006 interviewte DemonstrantInnen auf dem Zócalo zeigten ihre Wut gegen Zapatero: „Er ist ein Verräter. Er ist genau wie (sein konservativer Vorgänger) Aznar […]“, sagten sie. Ein älterer Arbeiter wurde mit dem Satz zitiert: „Erinnert euch daran, dass wir Flüchtlinge des Spanischen Bürgerkriegs in den 1930er Jahren aufgenommen haben [...] und nun tun sie uns das an! Sagt Zapatero, dass er sich auf was gefasst machen kann."
Natürlich ist die Stimmung unter den ArbeiterInnen und Jugendlichen, die für die PRD gestimmt haben, angespannt. Sie wollen dieses Ergebnis von Wahlmanipulation nicht hinnehmen und gegen den Betruf kämpfen. Das mexikanische Magazin La Jornada berichtet von handgemalten Schildern, die vergangenen Sonnabend auf dem Zócalo den Wahlbetrug anprangerten. Auf weiteren stand zu lesen: “Estamos listos, Senor, usted ordene!“ [„Wir sind bereit, mein Herr, gib nur den Befehl!“] Die DemonstrantInnen skandierten: „If there is no solution, there will be revolution“ [„Wenn es keine andere Lösung mehr gibt, dann muss es die Revolution sein“].
Dennoch ist mehr nötig als nur dieser erste Schritt mit Aufrufen zu Protesten, soll der Wahlbetrug tatsächlich rückgängig gemacht werden. Es bedarf der vollen Mobilisierung der Arbeiterklasse und anderer unterdrückter Schichten. Vielsagend sind diesbezüglich die Berichte von allgemeinem Stöhnen und Buh-Rufen, als Obrador seine Anhänger bat, von Straßenblockaden oder andere Handlungen abzusehen! Die PRD hat dazu aufgerufen Komitees zu bilden, die die Leute über den Verlauf der Proteste und Demos informieren und das ganze Ausmaß der Wahlfälschung dokumentieren soll.
Solche Komitees müssen ausgebreitet und von unten durch die Arbeiterklasse und all die organisiert werden, die gegen den Wahlbetrug kämpfen wollen. Gewählte Ausschüsse müssen in den Betrieben, Schulen, Unis, und Communities aufgestellt werden, um einen echten Kampf gegen die Regierung gewährleisten zu können. Diese Ausschüsse müssen auf lokaler Ebene, dann stadt-, landes- und bundesweit miteinander vernetzt werden, um die Kampagne zu koordinieren. Ein solcher Kampf muss demokratisch durch die Arbeiterklasse, die Jugend, die Bäuerinnen und Bauern sowie die sich radikalisierednde Mittelschicht organisiert werden. Er darf nicht in den Händen der amtierenden Partei-Führung ruhen.
Die Massenkundgebungen, zu denen Obrador aufgerufen hat, müssen als erster Schritt in einen eintägigen Generalstreik münden, damit eine breite Kampagne gegen den versuchten Wahlbetrug erfolgreich sein kann. Die Kampagne muss auch dazu führen, dass sich eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse und Bevölkerungsmehrheit gründet, um den Kampf gegen den Betrug aufzunehmen. Darüber hinaus muss aber auch die Abschaffung des herrschenden korrupten kapitalistischen Gesellschaftssystems diskutiert werden.
Korruption und Stimmenkauf, welche in Mexiko üblich sind, sind Teil des kapitalistischen Systems. Nur wenn das System beendet wird, das diesen Mechanismen zugrunde liegt, kann auch die zermürbende Armut aufhören, von der die Bevölkerungsmehrheit in Mexiko gebeutelt ist. Eine Regierung der ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern mit einem revolutionären sozialistischen Programm muss gebildet werden, um den Kapitalismus in Mexiko und ganz Lateinamerika zu überwinden.