Fr 04.12.2015
Die wesentlichen Gründe für den gegenwärtigen Klimawandel sind der (steigende) Ausstoß fossilen CO2 durch die Verbrennung von Erdöl, Erdgas und Kohle sowie der Verlust an Waldbestand in den höheren nördlichen Breiten und Tropen. Dabei wären die technologischen Möglichkeiten klimafreundlichen Wirtschaftens verfügbar. Doch richtungsweisende Entscheidungen folgen im Kapitalismus nicht berechtigten Wünschen und demokratischen Mehrheiten. Es herrschen die besitzenden Klassen. Selbst in Ländern, in denen formal demokratische Systeme existieren, bedeutet eine politische Maßnahme keineswegs, dass dies die Handlungen der Konzerne und wirtschaftlichen Strukturen ändert. Trotz herzerwärmender Reden durch Obama und UNO-Chef Ban Ki-moon: Die herrschenden Eliten in ihrer Gesamtheit legen gegenwärtig den Schwerpunkt vielmehr auf Projekte wie TTIP; dem genauen Gegenteil dessen, was nötig wäre.
Ein eindrucksvolles Beispiel der Widersinnigkeit herrschender „Klimapolitik“ ist das „Erneuerbare Energie-Gesetz“ (EEG) in Deutschland. Anstatt eine echte Energiewende zu bringen, vermittelt es den (falschen) Eindruck, die Erneuerbaren würden Energiekosten erhöhen. Das EEG ist letztlich staatlich festgeschriebene Umverteilung von unten nach oben. Das dahinter stehende und weiterhin fossil-dominierte Subventions-Regime wird nicht hinterfragt. Die steigenden Energiekosten sind Folge der Strommarkt-“Liberalisierung“ Ende der 90er sowie dem de-facto-Monopol der vier großen Energie-Konzerne am deutschen Markt. Den Bärenanteil am Anstieg des Anteils der Erneuerbaren haben unzählige Menschen, die sich engagieren und v.a. im Bereich Solaranlagen mutige Schritte setzen. Demgegenüber verhöhnt die Politik der großen Energiekonzerne all diese Anstrengungen.
Die Triebfeder zur vorgeblichen „Energiewende“ für Teile des deutschen Kapitals ist die Verbesserung der eigenen Position im „globalen Wettbewerb“ und künftige „Energie-Unabhängigkeit“. Der Horizont von Merkel & Co. endet bei den Bilanzen der führenden deutschen sowie in Deutschland operierenden Unternehmen. Und als Diener ihrer Herren kann und will die (kapitalistische) Regierung wirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen nicht in Einklang bringen.
Wenn Konzerne Hirnschmalz einbringen, dann um zu betrügen – wie beim VW-Abgas-Skandal. Eine geheime Software erkennt Testsituationen, um ein Spezialprogramm in der Abgasnachbehandlung zu starten, wodurch die Stickoxid-Emission im Grenzwert gehalten wird. Im alltäglichen Betrieb wird jedoch bis zum 40-fachen ausgestoßen! Zu genau solch kriminellem Verhalten führt uns die vielgepriesene „Konkurrenz“ im Kapitalismus. Auch auf der Ebene der Politik bleibt von der Illusion Grüner Parteien in den „freien Markt“ nur ein Scherbenhaufen: Ökosteuern sind Massensteuern und somit unsozial, während im Emissionshandel gerade mal CO2-Pakete hin- und hergeschoben werden.
Die nationalstaatliche Zwangsjacke ist wesentliches Merkmal des Kapitalismus und zementiert beim Klimawandel die strukturelle Hilflosigkeit. Die entscheidenden Ebenen wirtschaftlichen Handelns sind demokratischen Vorgängen entzogen. Unternehmen erpressen notfalls die Gesellschaft („Abwanderung“), und werden dies tun, solange keine international wirksame Planung von Ressourcen, Bedarf, Produktion und Verteilung stattfindet. Die internationale Arbeitsteilung benötigt eine völlig andere Eigentums-Struktur sowie politische Gliederung. Kurzum: ohne Bruch mit dem Kapitalismus ist Klimaschutz eine symbolische Angelegenheit. Ohne vollständiger Vergesellschaftung aller global relevanten Energiefirmen inklusive demokratischer Kontrolle durch Beschäftigte und KonsumentInnen wird sich an der Grundlage der Klimakatastrophe nichts ändern. Klimaschutz muss mittels Massenbewegungen gegen die herrschenden Zustände erkämpft werden.
Tatsache ist, dass mit der Ausbeutung fossiler Energiequellen noch immer Vermögen zu machen sind. Die mangelnde Nachhaltigkeit dieser Vorgangsweise kümmert die „Eliten“ nicht. Es ist das Wesen der Profitlogik, die gesamtgesellschaftlichen und langfristigen Auswirkungen nicht über die Bilanz zu stellen, sondern zu ignorieren. Der Gipfel des Zynismus ist das Gerede von „Freiheit“, die sich angeblich durch fossile Energie ergibt. Das bringt uns zu den sogenannten „KlimaskeptikerInnen“. Hierbei handelt es sich überwiegend um (sehr) wohlhabende Männer mit einem stark konservativen bis rechtsextremen Hintergrund. Die Finanzierung dieser Szene durch Energiekonzerne ist vielfach belegt. In den USA gibt es eine „Skeptiker“-Lobby; teils als Wurmfortsatz der schauerlichen „Tea-Party“ bei den Republikanern. In Österreich wird diese Rolle zunehmend von der FPÖ übernommen und schon mal die Klimaerwärmung angezweifelt. Im Regierungsübereinkommen in Oberösterreich steht dann auch das Bekenntnis „zu einer umsichtigen Umweltpolitik, welche auf die Bedürfnisse des Wirtschaftsstandortes Rücksicht nimmt und diesen nicht über Gebühr behindert.“
Aber auch der österreichische Staat befindet sich auf dieser Linie: trotz 31,5% Anteilen am OMV-Konzern wird nichts getan, um einen Kurswechsel einzuleiten. Der ehemalige Vorstandschef Roiss erklärte 2013, dass für die OMV „die Erneuerbaren“ kein Thema sind. Sein Nachfolger, Rainer Seele, wurde vor kurzem genau deshalb an die Spitze der OMV geholt, da er zuvor beim Erdölgiganten Wintershall im Bereich „upstreaming“ groß zugelangt hatte. Mit diesem Begriff wird die Fixierung auf Suche, Erschließung und Ausbeutung fossiler Lagerstätten schöngeschrieben. Zu den „Erneuerbaren“ kann die Werbeagentur ja ein kindergerechtes Werbefilmchen basteln.
So wie die Gründe des Klimawandels im Chaos der kapitalistischen Produktionsweise liegen, werden die Folgen ebendieses Klimawandels soziale Kämpfe verschärfen. Der Weltklimarat rechnet in seinem Synthesis- Report 2014 mit bedeutenden Einkommens-Verlusten sowie einer Verschärfung der wirtschaftlichen Lage in vielen Ländern. Gerade aufgrund der neo-kolonialen Unterdrückung werden existenzbedrohliche Zustände (Hunger, Kriege, Massenflucht) stetig zunehmen.
Der bekannte Klimaforscher Stefan Rahmstorf, der nicht im Verdacht steht, Sozialist zu sein, schreibt in seinem Buch „Der Klimawandel“: „Nach der Lektüre dieses Buches wird der Leser hoffentlich unserer Ansicht zustimmen, dass die Bewältigung des Klimawandels eine Feuertaufe für die im Entstehen begriffene Weltgesellschaft darstellt.“ Rahmstorf diskutiert auch die Potentiale sogenannten „Geo-Engineerings“. Gemeint sind damit teils gigantische Projekte, um CO2 zu binden oder die Auswirkungen des Klimawandels abzufedern. An dieser Stelle ist keine Bewertung möglich, ob oder welche dieser Maßnahmen überhaupt realisierbar und wirksam sein können. Doch aufgrund der Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus steht fest, dass diese „Feuertaufe der Weltgesellschaft“ in der Ablösung durch ein nachhaltig planendes, nicht-profitorientiertes und national-beschränktes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem liegen muss.