So 01.11.1998
In Zeiten, in denen die durchschnittliche Laufzeit eines Kabaretts länger dauert, als eine Legislaturperiode (Hader Privat derzeit 7 Jahre, Dorfer Badeschluß 4 Jahre), steht es um das politische Kabarett schlecht. Wer würde denn heute noch über Mock, Löschnak, Hesoun, Marilies Flemming etc. lachen wollen – die taten damals schon weh.
Und so boomt zwar die Kabarettszene, jedoch ohne, daß sie noch den Anspruch hat, mehr zu sein als Unterhaltung. Worauf ich hinaus will: Es fehlt meist irgendeine gesellschaftskritische Message, die sich nicht darin erschöpft, etwas gegen Haider oder irgendwelche Ungustln zu haben. Und wenn Gesellschaftskritik vorkommt, ist sie meist sehr abstrakt bzw. trifft niemanden konkreten und tut niemandem weh. Oder aber sie ist nicht wirklich mutig.
Schluß mit lustig
Wenn Dorfer und Dühringer in Zeiten eines Aufnahmestopps im öffentlichen Dienst bzw. das Personal betreffenden Sparmaßnahmen in MA 2412 alte beamtenfeindliche Klischees breittreten (à la „Die Herrschaften erholen sich gerade von der Mittagspause“) trifft sich das mit den Interessen der Regierung und mit dem von den kleinformatigen Zeitungen vermitteltem Bild der öffentlich Bediensteten.
Aber es gibt eine Ausnahme in der heimische Kabarettlandschaft:
Das neue Programm von Thomas Maurer - Intensiv Damisch - ein politisches Kabarettstück, das aber angenehm aus der Machart alter Politkabaretts herausfällt. In diesem wechseln sich ja meist voneinander unabhängige Sketches ab, die von Liedern mit geringem musikalischem Wert unterbrochen sind. Maurer spannt hingegen, wie bei seinem vorigen Stück eine Rahmenhandlung, die mit abrupten Brüchen zu absurden und geistreichen Episoden führt.
Ausgangspunkt ist, daß Maurer Schlafstörungen hat (nicht einmal das neue SPÖ-Programm konnte Abhilfe schaffen). Sein Steuerberater und gleichzeitig ehemaliger Dealer (sie lernten sich bei einem LSD-Wettessen kennen) kann ihm offene Schulden nicht bezahlen und übergibt Maurer sein Kontingent an Psychotherapiestunden. Maurer quält dann den Therapeuten mit seinen Träumen, die allesamt politischer und nicht sexueller oder persönlicher Natur sind.
Haider erschießen
Im ersten Traum wollte er Haider erschießen. Mein liebster Traum ist folgender (man beachte die Symbolik): Er ist einmal redenhaltender FPÖ-Funktionär, ein anderes mal Sozi: Von den Reden her macht das nicht so viel Unterschied (in den Gemeindewohnungen bleiben wir unter uns), wohl aber vom feed-back der Leute. Wenn er einen Sozi träumt, kommt bei den Reden keine Begeisterung auf, also trifft er sich mit Industriellen und Wirtschaftsvertretern im Steirereck und will bei diesen punkten, durch Zugeständnisse bei arbeitnehmerseitigen, auszuschöpfenden Flexibilisierungspotentialen. In Alpträumen verirrt er sich in der SCS, nachdem er die Gesellschaft von Ronald Mc Donald oder etwa K.O. Pauer, der einen Lieferanten verdrischt und ähnlichen Figuren genossen hat. Der Psychotherapeut hat dann genug von diesen „sich in antikapitalistischen Metaphern erschöpfenden Träumen“ und zahlt ihm den Rest seines Stundenguthabens bar aus.
Zu guter letzt schließt sich nach weiteren Geschehnissen, an die ich mich nicht mehr so erinnern kann der Kreis, in dem er endlich ... einschläft.