Mo 06.10.2008
Nicht nur die Finanzmärkte brechen im Herbst 2008 zusammen; und schaffen so eine lange nicht da gewesene Vertrauenskrise in den
Kapitalismus. SPÖ und ÖVP bringen es nur mehr auf knapp über 50 % der abgegebenen Stimmen. FPÖ und BZÖ sind stark wie nie.
Und dem Tod Jörg Haiders könnte nun sogar eine neue Einigkeit der Rechten folgen …
Bezieht man jene mit ein, die nicht zur Wahl gingen, liegt der Wert der beiden "Großparteien" bei unter 40%. Die "etablierte Politik" und ihre Vertreter wurden am 28.9. abgewählt. Das BZÖ ist zwar nach Haiders Tod völlig kopflos. Unter Führung der FPÖ scheint aber das Zusammenrücken des rechten Lagers, das stark und extrem wie nie zuvor seit 1945 ist, heute ein Stück wahrscheinlicher geworden zu sein. Von den kleinen Listen schaffte demgegenüber keine einzige auch nur einen Achtungserfolg. Gerade die beiden linken Kandidaturen (KPÖ und LINKE) schnitten sehr schwach ab (siehe S. 2).
Wie "rechts" ist Österreich?
Bereits 1999 erhielt die FPÖ 26,9% und wurde zur stärksten rechtsextremen Partei Europas. Durch ihre Regierungsbeteiligung, die massive Angriffe auf ArbeitnehmerInnen brachte, verlor sie stark und es kam zur Spaltung in FPÖ und BZÖ. Natürlich ist die neuerliche Stärkung von FPÖ und BZÖ auch Ausdruck bestehender rassistischer Tendenzen in der Gesellschaft bzw. in der ArbeiterInnenklasse. Ebenso hat das Ergebnis die Gefahr von rechtsextremen Aktionen und Übergriffen - wie sie am Rande von FPÖ-Kundgebungen im Wahlkampf laufend vorkamen - erhöht. Doch gleichzeitig bleibt das Hauptmotiv, für FPÖ und BZÖ zu votierten, der Protest gegen die Etablierten und die Politik der letzen Jahre.
Vor allem die FPÖ setzt heute immer stärker auf soziale Themen, gibt sich zumindest kapitalismuskritisch. Selbstverständlich stehen FPÖ und BZÖ für Sozialabbau der übelsten Sorte; das hat das "3. Lager" 2000-06 als Regierungskraft zur Genüge bewiesen. Ist es also nicht vor allem Ausdruck einer Haltung a la "Es ist eh schon wurscht", wenn zumindest Teile der ArbeiterInnenklasse und der Jugend (mangels sichtbarer Alternativen) mit einer Stimme für BZÖ/FPÖ protestieren?
Von den Parlamentsparteien ist kein Widerstand gegen rechts zu erwarten
Tatsache ist, dass schon bisher die "Ausgrenzung" gegenüber FPÖ und BZÖ und vor allem ihren Inhalten nicht existiert(e). Die ÖVP war im Wahlkampf bemüht, dieses Lager in punkto Ausländerfeindlichkeit zu überbieten. SPÖ und Grünen haben in vielen Personal- und Sachfragen im Parlament ungeniert mit der FPÖ paktiert. Über Jörg Haider ergehen sich nun alle Parlamentsparteien in regelrechten Huldigungen. Diese Anpassungstendenzen gegenüber der (gestärkten) Rechten werden im Parlament noch zunehmen. Abgesehen von der direkten Kooperation mit FPÖ und BZÖ: SPÖ, ÖVP aber auch die Grünen stehen für eine "etablierte Politik"; eine Politik der Belastungen, des Postenschachers und ohne Lösungen für die brennenden Bedürfnisse und Probleme. Sowohl eine "große", wie eine "Kenia"-Koalition (SPÖ-ÖVP-Grüne) wären aber die besten Garanten für einen weiteren Aufschwung von BZÖ und FPÖ. Im Rahmen dieser "etablierten Politik" wird das Problem des Rechtsrucks nicht gelöst werden. 1999 gab es eine monatelange "Widerstandsbewegung" gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ - zehntausende sind jede Woche auf die Strasse gegangen. Die Regierung hat das nicht gestürzt. Die SLP hat schon damals zum Aufbau einer neuen Partei links von SPÖ und Grünen aufgerufen. Wir haben betont, dass es soziale Bewegungen und Kämpfen und Streiks in den Betrieben gegen die Angriffe der Regierung braucht, um diese los zu werden.
Gerade jetzt: Linke Alternative aufbauen
Die Krise des Kapitalismus - mit sozialen Konsequenzen in noch nicht absehbarer Dimension - wird auch bei uns Protest und Gegenwehr hervorrufen. Wir unterstützen nicht nur jeden Widerstand, sondern werden die Notwendigkeit einer organisierten Kraft, einer neuen Partei für ArbeitnehmerInnen und Jugendliche thematisieren.
Wir meinen, dass der Kampf gegen die erstarkte und immer gefährlichere Rechte untrennbar mit Kämpfen gegen den Angriff auf den Lebensstandard der ArbeitnehmerInnen, Erwerbslosen und Jugendlichen verbunden sein muss. Rassismus wird nicht primär durch gute Argumente oder nette Feste bekämpft. Notwendig ist der gemeinsame Kampf gegen Betriebsschließungen und Lohndumping - dabei sehen ArbeitnehmerInnen, dass nicht ausländische KollegInnen das Problem sind, sondern die Unternehmer und das kapitalistische System.
Dass auch anderswo endlich der Druck in diese Richtung wahrgenommen wird, zeigt eine Aussage das prominenten KPÖ-Steiermark-Politikers Ernest Kaltenegger nach der Wahl. Er stellt ebenfalls ein wachsendes Bedürfnis nach einer neuen "linken Alternative" fest. Wir meinen: Nicht länger zuwarten - packen wir es gemeinsam an! Praktische Schritte in diese Richtung können Kandidaturen sein, auch wenn sie stimmenmäßig auf niedrigem Niveau abschneiden. Wichtig ist es jetzt - überall wo es geht - gemeinsam gegen Rechtsruck und (künftigen) Sozialabbau zu mobilisieren. Es gilt aber auch die Frage nach grundlegenden (unserer Meinung nach sozialistischen) Alternativen aufzuwerfen. Themen, die Menschen unter den Nägeln brennen und Antworten erfordern, welche die Rechten nicht haben, gibt es mit der Finanzkrise, der Teuerung oder den zahlreichen Betriebsschließungen genug.