Italien: Nein zur Unterstützung der Truppen in Afghanistan!

Brief der FunktionsträgerInnen des CWI an die „rebellischen“ Senatoren
Übersetzung Gerhard Ziegler

Am Donnerstag wird im Senat die weitere Finanzierung der italienischen Truppen in Afghanistan zur Abstimmung gebracht. Die Angelegenheit hat bereits das Unterhaus mit einigen Gegenstimmen passiert. Im Senat hat die Regierung Prodi nur eine Mehrheit von zwei Stimmen. Acht oder vielleicht neun Senatoren von verschiedenen Parteien haben erklärt, dass sie nicht mit „pro“ stimmen werden. Sie sind von der Kommunistischen Wiedergründung (Rifondazione Comunista - RC), den Grünen, den Italienischen Kommunisten (PDCI) und einer „zentristischen“ Partei des Anwalts Di Pietro.

Diese Senatoren stehen unter enormem Druck zurückzuweichen. Es scheint, dass Prodi die Angelegenheit zur Vertrauensfrage über die Regierung machen wird, um sie zur Unterordnung zu zwingen.

Die zwei Senatoren der RC - Luigi Malabarba und Franco Turigliatto -, die es ablehnen, mit „pro“ zu stimmen, gehören zur „kritischen Linken“, die zur Zeit von „Erre“ angeführt wird. Das Komitee für eine ArbeiterInnen-Internationale (CWI) unterstützt deren Kampf innerhalb der RC und im Parlament dafür, dass diese Partei ihren Prinzipien und ihrem Programm treu bleibt. Gewählte FunktionsträgerInnen aus Sektionen des CWI auf der ganzen Welt haben den Solidaritätsbrief geschrieben, den wir im Folgenden wiedergeben.

Clare Doyle, CWI

Keine Unterstützung für die Truppen in Afghanistan


An die Mitglieder des italienischen Senats, die sich dafür ausgesprochen haben, gegen die weitere Finanzierung für die militärische Beteiligung Italiens in Afghanistan zu stimmen, und im Besonderen an die Mitglieder der Rifondazione Comunista

25. Juli 2006

Geschätzte GenossInnen,

Wir, die wir gewählte FunktionsträgerInnen von Parteien auf der ganzen Welt sind, die dem Komitee für eine ArbeiterInnen-Internationale angehören, begrüßen die Haltung, die von acht, möglicherweise neun Senatoren der Koalition Unione eingenommen wurde. Wir unterstützen Euch bei Eurer Zurückweisung der Einschüchterungsversuche  durch die Regierung Prodi und der eigenen Partei“führer“, damit ihr gegen die Wünsche der Mehrheit der italienischen Wählerschaft stimmen würdet.

Piero Bernocchi hat in einer Presseerklärung darauf hingewiesen, dass die jüngsten Meinungsumfragen mehrere Male bestätigt haben, dass 2/3 der italienischen Wahlberechtigten einen Truppenrückzug aus dem Irak und aus Afghanistan wünschen. Wir haben die Massendemonstrationen während der Berlusconi-Ära zu dieser Angelegenheit und auch zur sozialen Frage, den Angriffen auf das Arbeitsrecht, Privatisierung und Deregulierung gesehen. Das sind die Dinge, die die Wählerschaft mit ausreichender Stärke dazu bewogen, für eine Mitte-Links-Regierung zu stimmen.

Wir glauben, dass die Drohung, aus der Afghanistan-Frage eine Vertrauensabstimmung zu machen, eine Herausforderung darstellt. Diese Taktik bedeutet nichts weniger, als mit einer Pistole auf Eure Köpfe zu zielen. Es muss erlaubt sein, getreu dem Wählerwunsch und nicht dem einer Regierung, die bereits diese Wünsche mit Füßen tritt, abzustimmen. Dieser Versuch, Euch zu veranlassen, die Reihen wieder zu schließen, ist nicht nur überzogen und antidemokratisch sondern auch unnötig. Die Tatsache, dass die Parteien der Rechten sich darauf festgelegt haben, für diese Politik zu stimmen, zeigt, wie wenig „Linkes“ es in der Politik der „Mitte-Links“-Regierung gibt!

Insbesondere gehört unsere Unterstützung voll und ganz den aufrechten KommunistInnen innerhalb der Rifondazione Comunista, die innerhalb der RC wie im Parlament für die Prinzipientreue ihrer Partei kämpfen. Das ist von großer Bedeutung in Bezug auf diese Frage und eine Vorwegnahme einer noch größeren Schlacht, die sich wegen des Staats- oder Finanzhaushalts ankündigt. Die Absicht, die ArbeiterInnen, die Jugendlichen und PensionistInnen für die Systemkrise der Unternehmerschaft bezahlen zu lassen, bedeutet zig Milliarden an öffentlichen Ausgabenkürzungen.

Wir verstehen, dass die ArbeiterInnenbewegung in Italien bereits einen Generalstreik für September diskutiert. Es ist sicherlich eine Massenmobilisierung der ArbeiterInnenklasse und der Jugendlichen Italiens notwendig, um zu verhindern, dass die Regierung weiterhin die Pläne der Confindustria und der europäischen Unternehmerschaft, die in der Europäischen Kommission vertreten werden, umsetzt. Wenn die Regierung gestürzt wird, wird es für die Wahlberechtigten der ArbeiterInnenklasse durch Eure Kampagnen unter Ausnützung Eurer parlamentarischen Positionen und der Kampagnen anderer Parteien und von GewerkschaftsaktivistInnen klar werden, wem genau das zu verdanken ist - nicht den „DissidentInnen“ sondern jenen, die Politik für die Unternehmerschaft und Miniimperialisten durchführen.

Wir als echte sozialistische VertreterInnen der ArbeiterInnenklasse in unseren Ländern haben unsere Wahlkampagnen im Sinne einer Politik der Klassenunabhängigkeit angelegt und gewonnen. Wir kämpfen für den Aufbau unserer eigenen marxistischen Parteien, aber wir unterstützen auch den Aufbau von breiten, antikapitalistischen Parteien in der Mehrheit der Länder der Welt. Aus diesem Grund sehen wir die RC als ein Beispiel einer solchen Partei, die weder reformistisch noch stalinistisch ist und in der die Hoffnungen und die Bewunderung der ArbeiterInnen und Jugendlichen ruhen. Wir glauben, dass es nicht nur notwendig ist, dem Kapitalismus zu trotzen, sondern auch für eine sozialistische / kommunistische Transformation der Gesellschaft zu kämpfen.

Wir sind überhaupt nicht damit einverstanden, dass die RC an einer Regierung mit kapitalistischen Parteien teilnimmt. Wir stimmen darin überein, die Formierung einer Regierungsalternative zur verhassten Berlusconi-Koalition zu unterstützen. Aber wie viele Mitglieder der RC haben wir mit Enttäuschung gesehen, wie die Führer der RC die grundlegenden kommunistischen Prinzipien aufgegeben haben und auch die Entscheidungen des Kongresses, der grundlegenden Körperschaft der Partei, wo Entscheidungen gefällt werden, ignoriert haben. Wir haben uns bereits vor den Allgemeinen Wahlen gegen Aktionen einiger gewählter FunktionsträgerInnen der RC ausgesprochen, die sich auf lokaler Ebene an Koalitionen beteiligt haben, die neoliberale Politik mit Privatisierungen und Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben vorgenommen haben.

Wir glauben, dass die RC, die sich in den Massenoppositionsbewegungen während der Berlusconi-Ära aufgebaut hat, hätte sie die Allgemeinen Wahlen mit einer Politik der Klassenunabhängigkeit angehen können, jetzt in einer viel besseren Position wäre, um der neoliberalen Politik Widerstand zu leisten. Wir hätten Interesse an allen ihren Standpunkten und Kommentaren in dieser Angelegenheit.

Wir wünschen Euch viel Erfolg in Eurer tapferen Haltung und erwarten, dass diese die Anerkennung der ArbeiterInnen und Jugendlichen in Italien und auf der ganzen Welt erfährt, die sie verdient. Ihr habt eine große Gelegenheit, die Dinge richtig darzulegen, die auf dem Spiel stehen.

Wir werden Euren prinzipienfesten Kampf so breit wie möglich bekannt machen und das Komitee für eine ArbeiterInnen-Internationale wird Material dazu auf seiner Web-Site veröffentlichen. Schickt bitte Berichte über jede Entwicklung und lasst uns wissen, wie wir Euch mehr Hilfe und Unterstützung geben können.

Geschwisterlich auf Eurer Seite in Solidarität, Kampf und Sozialismus 

die gewählten FunktionsträgerInnen in den Sektionen des CWI:

Australien, Sozialistische Partei

  • Stephen Jolly, Yarra City (Melburne).

England und Wales, Sozialistische Partei

  • Dave Nellist, Karen Mackay und Rob Windsor, Coventry.
  • Ian Page und Chris Flood, Lewisham (London).
  • Dave Sutton, Stoke-on-Trent.
  • Dr. Jackie Grunsell, Save Huddersfields NHS.

Deutschland, Sozialistische Alternative

  • Christine Lehnert, Sozialistische Alternative (SAV) / Bündnis gegen Sozialabbau, Rostock.
  • Claus Ludwig, Gemeinsam gegen Sozialraub (GgS), Köln.
  • Marc Treude, Wahlalternative für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG), Aachen.
  • Nico Weinmann, Kasseler Linke für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (Kasseler Linke.ASG), Kassel.

Pakistan, Sozialistische Bewegung und Kampagne um Gewerkschaftliche Rechte

  • Amir Alam, Nafees Khan, Sadiq Hussain, Ibrar Khan, Allah Dino, Zuhra Bano und Kishan Lal, Karachi.
  • Muhammad Ibrahim und Masuad Abro, Dadu.
  • Sanjay Kumar, Shikarpur.
  • Hashim Jan, Nordwest Grenzprovinz.

Irland, Sozialistische Partei

  • Ruth Coppinger und Clare Daly, Fingal County.
  • Mick Murphy, Dublin Süd.
  • Mick Barry, Cork.

Sri Lanka, Vereinigte Sozialistische Partei

  • M.A. Piaratna, Eheliagoda.

Schweden, Partei der Sozialen Gerechtigkeit

  • Ingrid Eriksson, Jan Hägglund und Per-Olof Johansson, Umea.
  • Jonas Brännberg und Thom Nilsson, Lulea.