Fr 27.07.2007
Bush behauptet nach wie vor, dass der Irak unter der Besatzung durch britische und US-Truppen Fortschritte in Richtung einer stabilen, demokratischen Gesellschaft macht. In Wirklichkeit ist die Situation katastrophal.
Für viele Irakis sind die Dinge viel schlimmer als noch unter der brutalen Diktatur von Saddam Hussein. Es gibt einen gravierenden Mangel an frischem Wasser, Elektrizität und Benzin. Der Wiederaufbau der betroffenen Städte ist ein schlechter Witz. Jeden Tag sterben hunderte als Resultat der us-britischen Besatzung, der Aufstände, des sektiererischen Bürgerkriegs zwischen SunnitInnen und ShiitInnen und schierem Gangstertum.
Bush, Blair und nun Brown behaupten, dass sie dafür kämpfen Demokratie im Irak aufzubauen. Allerdings boykottieren zur Zeit eine Reihe von irakischen Parlamentsabgeordneten auf sunnitischer Seite das Parlament. Es gibt keine Übereinkunft über konkrete Details der neuen Gesetze um einige der SunnitInnen zu rehabilitieren (sie waren als frühere „UnterstützerInnen von Saddam“ vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen worden), oder darüber, wie die Ölressourcen zwischen sunnitischen, schiitischen und kurdischen Gebieten aufzuteilen wären. Wie kann unter militärischer Besatzung Demokratie herrschen?? Zur Zeit hält die USA tausende von Gefangenen ohne das Recht auf einen legalen Prozess.
Bush behauptet dass die Sicherheit im Irak sich als Resultat einer Truppenaufstockung um 30.000 im Irak ergeben wird. Allerdings ist der Konflikt mit der Konzentration der USA auf Baghdad und Teile der hauptsächlich sunnitischen Provinz Anbar lediglich in andere Regionen verlagert worden. Unlängst gab es zum Beispiel schreckliche Bombenattentate in der hauptsächlich kurdischen Stadt Kirkuk.
Bush behauptet immer noch, dass die Situation bis nächsten Frühling stabilisiert werden kann. Allerdings wurde jüngst berichtet, dass Bushs wichtigster Geheimdienstmann, General Michael Hayden, die Regierung gewarnt hat, dass die Unfähigkeit der irakischen Regierung zu regieren „irreversibel“ scheint. Hayden könne keinen Meilenstein oder Checkpoint sehen, wo die Situation gedreht werden könnte. Top US-Militärs haben außerdem gewarnt, dass die Stabilisierung des Iraks, selbst wenn sie erreicht werden könnte, viel länger dauern würde als Bush erwartet.
Bush ist mehr und mehr politisch isoliert. Eine Reihe führender RepublikanerInnen fordert einen Zeitplan für den Truppenabzug. Bushs Niederlage bei den Midterm Elections letzten November geht zum größten Teil auf die Ablehnung von Bushs Politik im Irak durch die US-ArbeiterInnenklasse zurück. Seitdem ist die Unterstützung durch die US-Bevölkerung für den Truppenabzug aus dem Irak massiv gewachsen. Mehr als 50% der Familien, die jemanden beim Militär haben wollen den Abzug.
Die Demokraten, die zweite Partei des US-Kapitals, hat nun eine Mehrheit im Kongress. Während sie zwar symbolische Resolutionen für einen Zeitplan für den Abzug beschließen, vermeiden sie tatsächlich den wahren Kern der Sache. In unglaublich feiger Art und Weise weigern sie sich die Finanzierung von Bushs Militärabenteuer zu kürzen.
Der frühere Kopf der Nationalen Sicherheitsbehörde, der zur Ruhe gesetzte General William Odon, forderte, dass die Demokraten sich weigern sollten, Geld für irgend etwas anderes als den Truppenabzug zur Verfügung zu stellen – mit einer klaren Deadline für den Abzug. Er sagte auch, dass die Demokraten Bush warnen sollten, dass er, wenn er den Krieg fortzusetzen versucht, ihm die Absetzung droht.
Trotz der überwältigenden militärischen Stärke des US Imperialismus hat Bushs Abenteuer im Irak dazu beigetragen die Grenzen der US-Militärmacht aufzuzeigen. Der US Imperialismus wurde im Irak besiegt.
Das wurde jüngst in Leitartikeln in der New York Times, einer der angesehensten Magazine der herrschenden Klasse in den USA, betont: „Es ist erschreckend klar, dass es Mr. Bushs Plan ist, den Kurs so lange zu halten bis er den Schlamassel auf seinen Nachfolger abwälzen kann. Welches Ziel er auch hatte, es ist verloren. (The Road Home, 8.7.2007)
„Die Truppen im Irak zu halten“, kommentiert die New York Times, „wird die Dinge nur noch schlimmer machen.“ Die Priorität sei nun, sagen sie in einem anderen Editorial (13. Juli), „die Notwendigkeit einen ordentlichen Plan für den Truppenabzug zu entwickeln, da die Sache verloren ist, und die Truppen so neu zu positionieren, dass sie tatsächlich unsere nationalen Interessen schützen.“
Sogar wenn die US-Führung solch eine Exit-Strategie annehmen würde, könnte es trotzdem sehr schwierig für sie werden, ihre Kräfte ohne eine erniedrigende Schlappe abzuziehen. So wie es jetzt aussieht wird Bush wahrscheinlich die Agonie verlängern und dem US Imperialismus eine noch tiefere Niederlage zufügen. Darüberhinaus kann eine Implosion des Iraks die Krise im gesamten Nahen Osten vertiefen.
Gordon Brown setzt hier die Politik Blairs des Anbiederns an den US-Imperialismus fort. Die britischen Truppen im Irak, vor allem in den südlichen ölreichen Gebieten Basras sind bereits von 7.000 auf 5.500 zurückgestuft worden. Allerdings ist der Konflikt in der Region stärker als je zuvor, und die britischen Truppen können ihre Basen kaum verlassen ohne Verluste hin zu nehmen.
Letztes Wochenende kommentierten zwei neue Minister, Douglas Alexander, Minister für Entwicklungspolitik und Mark Maloch Brown, stellvertretender Außenminister, dass die britische Regierung ihre Distanz zur Bush Regierung halten sollte. Britannien und die USA sollten nicht „an der Hüfte zusammenwachsen“, so Malloch Brown. Browns neue Außenminister, David Miliband, setzte schnell nach, dass es „keine Änderung im Verhältnis zwischen Britannien und den USA geben werde“.
Wie die USA steht auch der britische Imperialismus vor einer strategischen Niederlage im Irak, wie ein höhrerer britischer Militär meint. Die britischen Truppen im Irak haben eine höhere Zahl an Verlusten im Vergleich zu jenen der USA gemessen an der Bevölkerungszahl.
Die britischen Truppen (zur Zeit 7.000) stehen auch vor einer zweiten „strategischen Niederlage in Afghanistan“. Die Kräfte der Taliban sind gewachsen und stärker, während die vom Westen finanzierte Regierung von Karzai vor der realen Gefahr eines Zusammenbruchs steht.
In einer Debatte im Oberhaus warnte jüngst Lord Inge, früherer Chef der britischen Verteidigungskräfte, dass “die Situation in Afghanistan viel schlimmer ist, als viele Menschen sehen. Wir müssen die Sache konfrontieren, die Konsequenzen einer strategischen Niederlage in Afghanistan und was das für die Nato bedeuten würde... Wir müssen diese Situation anerkennen. Aus meiner Sicht – und ich war jüngst in Afghanistan – ist sie viel gravierender als viele Menschen wahrhaben wollen.“
Die britischen und us-Truppen sollten aus dem Irak und aus Afghanistan sofort abgezogen werden. Die ohnehin schon schreckliche Situation im Irak kann nur noch verschlimmert werden wenn die imperialistische Besatzung anhält. Die Konflikte zu lösen ist die Aufgabe der irakischen Bevölkerung.
Aus sozialistischer Sicht wird Fortschritt davon abhängen, ob die Kräfte der ArbeiterInnenbewegung die sektiererische und nationalistische Spaltung überwinden können und gemeinsame Organisationen aufbauen können um die Menschen vor gewaltsamen Anschlägen, politischer Repression und wirtschaftlicher Ausbeutung zu schützen.