So 31.12.2006
Die hastige Hinrichtung Saddam Husseins ist geprägt von Verzweiflung. Bush brauchte „gute“ Nachrichten aus dem Irak. Gerade jetzt, da jeden Tag die Meldung vom dreitausendsten getöteten US-Soldaten im Irak ins Haus steht. Eine entscheidende Schlüsselfraktion von Schiiten innerhalb der irakischen Regierung, die Dawaa, wollte damit inmitten vom Chaos und Tod gekennzeichneten „normalen“ irakischen Alltag ihr „entschlossenes“ Vorgehen demonstrieren. Deswegen fand die Hinrichtung auch noch vor Ende der zweiten Anklage gegen Saddam wegen der Giftgasangriffe auf Tausende von KurdInnen im Jahr 1988 in Halabja statt. Dass Saddam vor Ende des Halabja-Prozesses hingerichtet wurde, führte bei vielen KurdInnen zu Befremdung, die das Gefühl haben, ihre Unterdrückung durch Saddam würde relativiert.
Es ist jedoch offensichtlich, dass Saddams Ableben den eskalierenden sektiererischen Konflikt im Irak nicht beenden wird. Wenn weiterhin eine nicht-sektiererische und multi-ethnische ArbeiterInnenbewegung fehlt, wird der Irak auseinander brechen. Saddams letzte Worte auf dem Schafott waren wohl kalkuliert, um die Spaltung zwischen ShiitInnen und SunnitInnen neu zu entfachen: Er verurteilte „die Perser“ während er ausrief: „Lang lebe der Islam!“.
Mag Bush auch davon ausgehen durch Saddams Hinrichtung zu neuen Ehren gekommen zu sein. Während eine Mehrheit von IrakerInnen dem ehemaligen Diktator keine Träne nach weint, wird sein Tod wahrscheinlich noch zu zunehmenden Forderungen der SchiitInnen nach einem Abzug der US-amerikanischen und britischen Besatzungstruppen führen.
Bush und Blair haben sich beide aufgrund der offensichtlich desaströsen Bilanz ihres „Krieges der Willigen“ im Irak dazu entschlossen, die Hinrichtung Saddams nicht übertrieben darstellen zu wollen. Insgeheim sind sie jedoch froh, dass er tot ist. Wie schon von vielen angemerkt wurde als Saddam noch am Leben war, waren sich die Regierungen nicht nur in Washington und London der Gefahr bewusst, dass weitere Details über deren Unterstützung für Saddam bis zur Besetzung Kuwaits 1990 bekannt werden könnten. Das ist auch der Grund, weshalb Saddam für kein Verbrechen angeklagt worden ist, das in Verbindung mit dem Krieg gegen den Iran zwischen 1980 und -88 steht.
Es ist wichtig, dass die imperialistische Unterstützung für Saddam nicht aufgrund der Art und Weise seines Sturzes, des Prozesses gegen ihn und wegen seiner Hinrichtung vergessen wird. All diese Erfahrungen haben speziell auf sunnitischer Seite bereits dazu geführt, dass er als antiimperialistischer Kämpfer und jetzt sogar als Märtyrer gesehen wird.
Das CWI war in seiner Gegnerschaft zur US-amerikanischen und britischen Invasion in den Irak unnachgiebig aktiv. Wir stellten fest, dass es hierbei um einen imperialistischen Krieg mit dem Ziel ging, US-amerikanische Macht zu demonstrieren und die Kontrolle über den Nahen Osten und seine Ölreserven zu sichern. Bei der Washingtoner und Londoner Propaganda über „Demokratie“, „Menschenrechte“ und die „Beendigung der Unterdrückung“ handelte es sich um nichts als um billige Lügen.
Ein Blick auf das zaghafte Verhalten von Bush and Blair gegenüber der reaktionär-feudalen Diktatur in Saudi-Arabien zeigt die Heuchelei. Die britische Regierung spricht von Saddam als jemandem, der dem Gesetz überantwortet wurde. Doch nur ein paar Wochen zuvor beendete Blair polizeiliche Untersuchungen, die genauere Auskünfte darüber zu Tage gebracht hätten, wie die korrupte saudische Elite ihr eigenes Land plündert. Bush und Blair sprechen bei Zeiten über den „Kampf für Frieden“, allerdings schwiegen sie, als es um eine Waffenruhe der mit ihr verbündeten israelischen Regierung während ihres Anschlags dieses Jahr auf den Libanon ging.
Die Gegnerschaft des CWI zum Imperialismus und dessen Invasion bedeutet umgekehrt aber keinesfalls eine etwaige Unterstützung für Saddams Herrschaft. Wir lehnten den Krieg ab, unterstützten aber nicht eine Fortführung von Saddams Diktatur. Wir argumentierten, dass es der einzige Weg vorwärts für die irakischen Menschen gewesen wäre, wenn sie selbst Saddam gestürzt und mit dem Aufbau eines von ArbeiterInnen und armen BäuerInnen regierten Irak begonnen hätten. Heute bleibt dies die einzige Option, die einen Ausweg aus dem Horror bieten kann, dem die IrakerInnen ausgesetzt sind.
Saddam verdiente es vor Gericht gestellt zu werden. Aber ein wirklicher Prozess, organisiert von den irakischen ArbeiterInnen selbst, hätte nicht nur alle seine Verbrechen ans Licht gebracht, sondern auch all diejenigen benannt, die ihn dabei unterstützt haben. Es ist schon viel darüber gesagt worden, dass mit der Anklage Saddams wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ ein Präzedenzfall geschaffen worden sei. Dem ist so; und eine Pflicht der sozialistischen Bewegung nach dem Sturz des Kapitalismus wird es sein, sämtliche miesen, korrupten und brutalen Führer dieser Welt vor ein öffentliches Gericht zu stellen. Und die prominentesten auf der Anklagebank werden Bush, Rumsfeld, Blair und all die anderen sein, die die Menschen im Irak in eine dunkle Nacht aus Chaos und Terror stoßen.