So 26.11.2023
Bericht von Protesten und Aktionen in Wien, Linz und Salzburg
Laut UNO wurden 2022 weltweit fast 89.000 Frauen und Mädchen ermordet - Die Zahl ist so hoch wie seit 20 Jahren nicht. Der diesjährige 25.11. stand unter dem Vorzeichen dieser alarmierenden Situation, einer, nach dem 26.Femizid heuer, noch immer untätigen österreichischen Regierung sowie des blutigen Massakers in Gaza, das schon über 15.000 Palästinenser*innen das Leben gekostet hat, ⅔ davon Frauen und Kinder.
“Gewalt fängt nicht erst an, wenn der Mann zuschlägt.” und “Die meisten Gewalttaten passieren im vertrauten Umfeld wie Zuhause oder am Arbeitsplatz.” Diese Worte von Noushin, die die Demonstration verschiedener Organisationen in Wien mit mehreren hundert Teilnehmer*innen moderierte, machen deutlich, warum ROSA unter dem Motto “Das ganze System ist schuldig” aufgerufen hatte. Viele Redner*innen betonten auf unterschiedlichen Ebenen, wie sehr Gewalt an Frauen und queeren Personen mit einem System der Unterdrückung, Ungleichheit, des Sexismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit und Ausbeutung zusammenhängt. Eine Aktivistin von StoP - Stadtteile ohne Partnergewalt brachte auf den Punkt: “Diese Frauenmorde sind nicht nur isolierte Akte der Gewalt, sie sind Symptome eines tieferen systematischen Problems”. ROSA-Aktivistin Chrissi machte in Linz bei der Demo von DIY deutlich: “Der Kapitalismus braucht Geschlechterrollen, um zu funktionieren. Queere Personen werden beschuldigt, das traditionelle Familienbild zu zerstören. Das System braucht es, um die mehrfache Ausbeutung von Frauen und ihre unbezahlte Arbeit zu rechtfertigen.”
Während Regierung und herrschende Institutionen den 25.11. unter anderem mit orangener Beleuchtung rein symbolisch und heuchlerisch aufgriffen, organisierten wir mit ROSA in Wien, Salzburg und Linz Aktionen und Proteste um deutlich zu machen, dass wir selbst aktiv werden müssen und den Kampf gegen jede Form von Gewalt, Unterdrückung und Diskriminierung in unsere Schulen, Unis, Nachbarschaften und Arbeitsplätze tragen müssen, um tatsächliche Verbesserungen erkämpfen zu können. Es gibt in Österreich einen dramatischen Mangel an Schutzeinrichtungen, Frauenhäusern, Anlaufstellen für queere Personen, die von Gewalt betroffen sind. Das Geld für all das ist da, wir müssen es uns nur durch Druck von unten von den Regierenden, Reichen, Mächtigen und Konzernen holen. ROSA-Aktivistin Angie aus Salzburg, wo wir mit einer lauten Kundgebung sehr viele Passant*innen erreicht haben fasste zusammen:
“Das beste Beispiel sehen wir in Vorarlberg, wo die Regierung ganz bewusst dabei zusah, wie der einzige Arzt für Schwangerschaftsabbrüche in Pension ging, und keinen Ersatz anbieten wollte. Die Politiker*innen wollten kein neues Angebot finanzieren. Doch die lauten und wütenden Stimmen und die Proteste in Bregenz konnten durchsetzen, dass Abtreibungen in Zukunft im LKH Bregenz durchgeführt werden. Doch auch diese müssen aus eigener Tasche bezahlt werden. Wir sehen also: Uns wird nichts geschenkt. Wir können uns daran ein Beispiel nehmen, wir müssen laut sein und unsere Wut zu Widerstand machen. Jeder Angriff auf eine, ist ein Angriff auf uns alle.” In Salzburg protestieren wir auch vor dem Citybeats. Wir haben mit unserer Kampagne „Ein Pfeifferl ist nicht genug“ auch eine anonyme Umfrage gemacht, um sexuelle Belästigung in Salzburg zu lokalisieren.Bei mittlerweile hundert Einträgen sind ein fünftel davon Berichte über Übergriffe im Citybeats.
Angriffe auf Abtreibungsrechte, queere Rechte, insbesondere auf Transpersonen sind Formen von staatlicher Gewalt. Dazu zählt auch systematische Armut, die es Frauen erschwert, gewalttätige Partner zu verlassen. Dazu zählt psychische Gewalt und Belastungen und der drastische Mangel an Gesundheitsversorgung und Therapieplätzen, worüber ROSA-Aktivist Nick in Salzburg sprach. Dazu zählen auch Abschiebungen und das unvergleichliche Schüren von Rassismus und antimuslimischer Hetze, das wir gerade überall erleben. Dazu zählen auch imperialistische Kriege, die Menschen zur Flucht zwingen - Christine, Aktivistin der SOS Balkanroute machte auf der Wiener Demo darauf aufmerksam, wie Frauen und Kinder ganz besonders auf der Flucht leiden und Gewalt erfahren.
Aktivist*innen aus Russland, Afghanistan, Iran, aus dem Libanon und Israel / Palästina machten allesamt bei Protesten von ROSA an diesem Tag deutlich, warum unser Kampf ein weltweiter sein muss. Die Proteste am 25.11. werden immer größer, allein in Italien gingen gestern Hunderttausende Menschen im ganzen Land wütend auf die Straße. Diese Proteste reihen sich ein in die große weltweite Protestbewegung gegen das Massaker in Gaza und auch in den Kampf gegen den Aufstieg der Rechtsextremen - wie in den Niederlanden und in Irland. Das zeigt das Potential für Massenbewegungen, mit Frauen, queeren Personen und Jugendlichen an vorderster Front, die das System zum Wanken bringen können. Der Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt geht auch Hand in Hand mit gewerkschaftlichen Kämpfen, ganz besonders in frauendominierten Branchen, weswegen in Wien auch Kolleg*innen aus dem SWÖ (Sozial- und Gesundheitsbereich) und Freizeitpädagogik*innen auf beeindruckende Art über ihre Arbeitskämpfe sprachen. Diese Kämpfe sind es auch die wir angesichts der Gefahr einer nächsten schwarz-blauen Regierung ausbauen und erweitern müssen: Women's rights, queer rights, worker's rights - same struggle, same fight!
Der 25.November ist ein symbolischer Tag, an dem wir unsere Wut und Trauer auf die Straße tragen, um zu zeigen - wir kämpfen an 365 Tagen im Jahr weiter und organisieren uns, um “Ni una menos” und “Woman Life Freedom” Wirklichkeit werden zu lassen. Mit den Worten von Keshet, ISA- und ROSA- Aktivistin aus Israel, die über den notwendigen gemeinsamen Kampf der israelischen und palästinensischen Arbeiter*innenklasse gegen Krieg und Besatzung sprach: “Dieser Kampf ist ein Kampf für die Befreiung von geschlechtsspezifischer Gewalt, von Armut, von Ausbeutung am Arbeitsplatz, von Unterdrückung. Für die Befreiung vom Kapitalismus”
Komm zu den nächsten Treffen von ROSA und schließ dich sozialistischen Feminist*innen in Österreich und weltweit an.