Mi 28.08.2013
Es ist Wahlkampf, also kehren alle Parteien ihre „soziale“ Seite heraus. Die Grünen fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von 1.450.- brutto sowie die Senkung der Versicherungsbeiträge für „EinpersonenunternehmerInnen“, die in Wirklichkeit oft prekär Beschäftigte sind. Die SPÖ fordert Reichensteuern. Diese Forderung wird auch vom ÖGB übernommen. Doch muss sich die SPÖ ausgerechnet von der ÖVP beim Thema „working poor“ angreifen lassen. „Warum ist Wien die Stadt der working poor?“ fragt der Wiener ÖVP Chef Manfred Juraczka.
Tatsächlich hat es in Wien immer wieder Kämpfe gegen Niedriglöhne gegeben. Die Wiener Gemeindebediensteten haben zu 80 % eine geplante Nulllohnrunde abgelehnt und mit Betriebsversammlungen dagegen protestiert. Gemeindebedienstete werden in der Öffentlichkeit gern als überbezahlt und faul dargestellt. In Wirklichkeit sind viele schlecht bezahlt, wie z.B. KindergärtnerInnen, oder prekär angestellt, wie z.B. die Wiener AbfallberaterInnen, die sich in einem Kampf gegen ihre unsicheren und schlecht entlohnten Dienstverträge befinden. Im Wiener AKH arbeiten rund 1.000 Beschäftigte über Leiharbeitsfirmen und fordern nun mit der Initiative „Übernahme statt Fremdvergabe“ gleiche Arbeitsbedingungen für Alle im AKH.
Auch die Bundesregierung produziert durch ihre Sparpolitik immer mehr „working poor“ und so rumort es beim staatlichen ORF immer wieder bei den freien MitarbeiterInnen, deren Entlohnung zum Überleben nicht reicht.
Der ÖGB fordert einen Mindestlohn von 1.500 Euro. Dazu ÖGB-Vorsitzender Foglar am 1. Mai in Wien: „Wir kämpfen gegen Steuerhinterziehung und für die working poor, die oft die Schwächsten in der Gesellschaft sind.“
Leider ist die Wirklichkeit anders. Im vergangenen Jahr verhinderte die ÖGB-Führung Streiks im Gesundheitsbereich, unterstützte Nulllohnrunden und handelte Kollektivverträge in der Leiharbeitsbranche aus, die schlechte Löhne für Tausende KollegInnen festschreiben.
Zwar ist es besser als nichts, wenn LeiharbeiterInnen kollektivvertraglich abgesichert sind. Doch schreiben solche Verträge die Ungleichheit zwischen ZeitarbeiterInnen und fest angestellten KollegInnen fest. Aufgabe der Gewerkschaft muss sein, gleiche Löhne für alle zu erkämpfen.
Doch ohne organisierten Druck von unten wird die ÖGB-Spitze nichts tun. Sie ist mit der SPÖ, aber auch der ÖVP verbunden. ÖGB-FunktionärInnen tragen im Parlament genau die Politik mit, die zu Niedriglöhnen führt. Die Sonntagsreden, die zu Wahlkampfzeiten geführt werden, sind am Tag nach den Wahlen wieder vergessen.
Deshalb müssen wir auf betrieblicher Ebene auf Selbstorganisation setzen. Mit der Lage unzufriedene KollegInnen müssen sich zusammenschließen und z.B. für den Betriebsrat kandidieren. Gleichzeitig braucht es überregionale Strukturen, was z.B. BetriebsrätInnen in der Leiharbeitsbranche derzeit ansatzweise versuchen.
Ein effektiver Kampf gegen Niedriglöhne muss organisiert werden. Dazu wäre eine gemeinsame Aktionskonferenz aller interessierten Kräfte sinnvoll. Hier könnten auch linke Gewerkschaftsstrukturen wie GLB oder KIV eine Rolle spielen. Eine solche Konferenz könnte ein Aktionsprogramm von Betriebsversammlungen und sogar Streiks beschließen und deren Organisation in die Wege leiten.
Die Fraktionen könnten zu einer solchen Konferenz einladen. Leider zieren sie sich. Auch die KollegInnen der sozialdemokratischen Fraktion FSG müssen sich fragen, wie lange sie noch nach der Pfeife einer SPÖ tanzen wollen, die längst nicht mehr die Interessen der Lohnabhängigen in Österreich vertritt.
Außerdem: Niedriglöhne werden politisch ermöglicht, sie müssen politisch bekämpft werden. Keine der jetzt existenten Parteien wird sich dieser Aufgabe annehmen. Wir müssen deshalb eine eigene Partei aufbauen, die konsequent gegen Niedriglöhne vorgeht. Dazu gehört auch der Kampf gegen Privatisierung und Auslagerung: Arbeiten wie etwa Reinigung von Krankenhäusern oder Bau von Infrastruktur müssen von der Öffentlichen Hand geleistet und ordentlich entlohnt werden.
Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass der Aufbau einer solchen Partei möglich ist. Die Linkspartei entstand aus einer Massenbewegung gegen die Sozialabbaupolitik inkl. Niedriglöhne einer rot/grünen Bundesregierung. Die SLP tritt zu den Nationalratswahlen mit der Forderung für einen Mindestlohn von 1.700 Euro brutto im Monat an. Wir werden den Wahlkampf nutzen, um Kämpfe von KollegInnen für höhere Löhne zu unterstützen und voranzubringen. Auch nach den Wahlen. Wenn Du mitmachen willst, tritt mit uns in Kontakt.