Fr 07.05.2010
Am 5. Mai haben ArbeiterInnen in ganz Griechenland in einem Generalstreik von enormen Ausmaß teilgenommen um ihre wütende Ablehnung des neuen „Sparpaketes“ zu zeigen. Der Streik hat den gesamten öffentlichen und privaten Sektor erfasst und die Flughäfen, Häfen und den öffentlichen Verkehr zum Erliegen gebracht. In Athen waren 200.000, vielleicht sogar 300.000 Menschen in einem der größten Gewerkschaftsproteste überhaupt auf der Straße.
Die geplanten enorm harten Angriffe im Ausmaß von geschätzten 30 Milliarden Euro beinhalten Lohnkürzungen und das Einfrieren von Löhne, Kürzungen bei den Pensionen, eine Erhöhung der Mehrwertssteuer. Die Angriffe werden aufgrund der sehr hohen Staatsverschuldung von der „sozialistischen“ PASOK-Regierung durchgeführt um ein riesiges „Rettungspaket“ von 110 Milliarden Euro von EU, IWF und der Europäischen Zentralbank zu erhalten.
Während der riesigen Demonstrationen in Athen am 5. Mai wurden Brandsätze auf eine Filiale der Marfin Bank im Zentrum von Athen geworfen – in Folge starben drei Bankbeschäftigte. SozialistInnen verurteilen den Tot dieser unschuldigen Beschäftigten die von ihrem Boss gezwungen wurden, während des Streiks zu arbeiten. UnterstützerInnen von Xekinima (das CWI in Griechenland) haben versucht, den eingeschlossenen ArbeiterInnen zu helfen und wurden auch im griechischen Fernsehen gezeigt wo sie erklärten, dass die DemonstrantInnen versucht haben, die Leben der Menschen zu retten.
Folgend ein Text auf Grundlage einer Pressemeldung von Xekinima die sich auf den tragischen Tod der Bankbeschäftigten bezieht aber auch auf die großartigen Streikaktionen und die nächsten Schritte die die griechische ArbeiterInnenbewegung braucht:
Die eindrucksvolle Mobilisierung in Athen und anderen Städten in Griechenland am 5. Mai war beispiellos. Athen ist – wie die DemonstrantInnen sich gegenseitig erklärten – unter dem Gewicht von hundert tausenden Menschen die protestierten förmlich versunken. Es war die größte gewerkschaftliche Mobilisierung seit dem Ende der Militärjunta 1974. Der Generalstreik und die Massendemonstration sollten den entschlossenen Widerstand gegen das Kürzungspaket zeigen, auf das sich die griechische Regierung, der IWF und die EU geeinigt hatten.
Immer mehr ArbeiterInnen verstehen, dass es bei diesen Maßnahmen nicht um die „Interessen der GriechInnen“ geht, wie die Regierung es versucht darzustellen, sondern dass es darum geht, die griechischen ArbeiterInnen dazu zu zwingen, die Schulden der Regierung bei griechischen und ausländischen Banken zu bezahlen. Diese Schulden sind das Ergebnis einer sehr bewussten Politik der letzten Jahrzehnte: es fand ein beständiger Transfer vom Budget zu den KapitalistInnen statt (durch Steuererleichterungen und andere Maßnahmen) mit dem Ziel ihre Gewinne zu maximieren und um es den griechischen KapitalistInnen zu ermöglichen, die billige Arbeitskraft auf dem Balkan auszubeuten.
Die beeindruckende Antwort der ArbeiterInnenklasse auf diese Angriffe am 5. Mai spiegelt den Beginn von neuen großen Kämpfen wieder!
Unglücklicherweise ist durch den tragischen Tot von drei Bankbeschäftigten der Marfin Bank am 5. Mai ein Schatten auf diesen historischen Tag gefallen. Wir möchten unserer tiefen Trauer, aber gleichzeitig auch unserer enormen Wut über den Tot dieser drei Bankbeschäftigten Ausdruck verleihen.
Um es deutlich zu sagen: die zentrale Verantwortung für die Zunahmen von Konflikten auf der Straße liegt bei der „sozialistischen“ PASOK-Regierung da ihre Politik die Gesellschaft in totale Instabilität führt was wiederum unausweichlich zu Gewalt führt. Die Verantwortung liegt weiters bei den BesitzerInnen der Marfin-Bank die, und das wird immer deutlicher, die Beschäftigten zwangen am Tag des Generalstreiks zu arbeiten – und das unter äußerst gefährlichen Bedingungen da die Bank auf der Demonstrationsroute liegt und Zusammenstöße mit der Polizei zu erwarten waren. Außerdem scheint es so, als in der Bank selbst keine ordentlichen Feuerschutzeinrichtungen oder Notausgänge existieren.
Doch diese Tatsachen entheben die vermutlich verantwortlichen anarchistischen Gruppen mit ihrer „gegen den Staat“ Politik nicht von ihrer kriminellen Verantwortung. Wir verurteilen entschieden das kriminelle verantwortungslose Vorgehen der anarchistischen sogenannten „anti-Staats“ Gruppen. Dieses tragische Ereignis hätten früher oder später stattgefunden – als Folge ihrer unglaublichen Verantwortungslosigkeit hätten sie den Tod von ArbeiterInnen verursacht. Es ist nicht das erste Mal dass diese Gruppen Molotowcoctails in Gebiete schleudern, wo ArbeiterInnen um ihr Leben laufen müssen! Einige dieser Gruppen begründen ihre Aktivitäten durch einen Bezug auf anarchistische Ideologie. Manche sind schlicht Agenten der Geheimpolizei die ganz bewusst als Provokateuere agieren – dafür gibt es ausreichend Fotos als Beweise (und es führt trotzdem nicht dazu, dass diese anarchistischen Gruppen ihre Aktionen überdenken).
Ein guter Dienst am kapitalistischen Staat
Die Aktionen dieser Gruppen sind ein wertvoller Dienst an genau jenem kapitalistischen Staat von dem sie behaupten, ihn zerstören zu wollen! Der Staat nützt die Aktionen dieser Gruppen, die bei der ArbeiterInnenklasse Abscheu und Wut erzeugen, um staatliche Repression zu rechtfertigen. Die Methoden dieser hochgradig verantwortungslosen Gruppen haben noch eine weitere negative Auswirkung: sie lenken die ArbeiterInnenbewegung ab – es wird nicht mehr darüber diskutiert, wie der Klassenkampf intensiviert werden kann, sondern es wird v.a. über ihre kriminellen Aktivitäten diskutiert.! Und schlussendlich zeichnet diese Gruppe auch eine enorme Arroganz aus – sie sprechen im Namen der „Revolution“ erzeugen aber mit ihrer individuellen, persönlichen verrückten „Rebellion“ eine enorme Verwirrung und Verkrampfung der Gesellschaft und der Massen.
Es muss daher die zentrale Reaktion der organisierten ArbeiterInnenbewegung und insbesondere der Massenparteien der Linken sein, die Kundgebungen und Massenaktionen der ArbeiterInnenklassse mit allen Mitteln gegen diese angeblich gegen den Staat gerichteten Gruppen zu verteidigen. Die KKE (Kommunistische Partei), SYRIZA (linkes Bündnis) und die verschiedenen linken Gruppen haben die Verantwortung, gemeinsame Kundgebungen und dabei auch gemeinsamen Demonstrationsschutz zu organisieren. Die Tatsache, dass die linken Parteien am 5. Mai eigene, separate Märsche organisiert haben, war in Bezug auf die Interessen der ArbeiterInnenbewegung unverantwortlich.
Die zentrale Frage für die ArbeiterInnenklasse ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt: Wie kann der Kampf weiter entwickelt werden?
- Die griechischen ArbeiterInnen und PensionistInnen wissen, dass die Regierungsmaßnahmen bedeuten, dass für die überwältigende Mehrheit der Menschen der Lebensstandard um 20-30% einbrechen wird. Es kann kein Zweifel daran herrschen, dass die ArbeiterInnen bereits sind, gegen diese Angriffe zu kämpfen. Es ist es wert, 5, 10 oder 15 Tage Lohn zu verlieren um diese Angriffe zu bekämpfen und die ArbeiterInnen sind dazu bereit. Aber die Vorbedingung dafür ist, dass die Führung der Gewerkschaften und der linken Parteien endlich entschlossen einen Aktionsplan und eine Eskalationsstrategie vorschlagen.
- Wir meinen, dass folgende Schritte von den linken Parteien und der organisierten ArbeiterInnenklasse vorgeschlagen werden sollen:
- Sofortiger Aufruf für einen 48 stündigen Generalstreik und wenn nötig zu wiederholten Generalstreiks wo die Streikaktionen von verschiedener Teile der ArbeiterInnenklasse kombiniert und abgestimmt werden. Das muss verbunden werden mit dem Aufbau von Aktionskomitees die demokratisch von der Basis gewählt werden.
- Für die Besetzung von Betrieben und Arbeitsplätzen, z.B. der Massenmedien, der Häfen, Busse und Züge, der Lagerhallen etc. Diese Besetzungen müssen in ArbeiterInnen-Versammlungen durch demokratisch gefällte Entscheidungen durchgeführt werden. Das sollte verbunden werden mit langfristigen Besetzungen von Schulen und Universitäten und Blockaden der Bundesstraßen und Autobahnen durch die Bewegung der KleinbäuerInnen.
- Für gemeinsame Massenkundgebungen der linken Parteien die einen Demonstrationsschutz haben um sich vor provozierenden anarchistischen Aktionen und vor Provokateuren zu schützen.
Die zentrale politische Forderung muss sein, dass jene, die die Krise verursacht haben, sie auch zahlen sollen. Das bedeutet als sofortige erste Schritte die Weigerung, die Schulden bei den Banken in Griechenland und im Ausland zu bezahlen und die Verstaatlichung des Banksystems unter Kontrolle und Verwaltung der ArbeiterInnen.
Dieser Kampf muss sich mit dem Kampf der ArbeiterInnen im restlichen Europa, die heute die griechische Bewegung mit Hoffnungen und Erwartungen beobachten, koordinieren und zusammenschließen. Wir müssen mit den ArbeiterInnen des südlichen Europas (Portugal, Spanien, etc.) und Irland beginnen die sich den selben Angriffen gegenübersehen. Wir müssen gemeinsam kämpfen um die Politik der EU, des IWFs zurückschlagen und gegen ein kapitalistisches Europa kämpfen und für ein Europa der ArbeiterInnen, eine vereinigte sozialistische Föderation von Europa eintreten.
In Umsetzung ihrer Prinzipien und Erklärungen muss die Linke offen und klar festhalten, dass das kapitalistische System unmenschlich und barbarisch ist. Und dass, um den ArbeiterInnen ein besseres Leben zu ermöglichen, es notwendig ist, alle Schlüsselbetriebe unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der ArbeiterInnen zu verstaatlichen. Nur so ist es möglich, wirklich sinnvolle Investitionen zu tätigen, Arbeitslosigkeit und Armut zu beenden und die Wirtschaft auf Basis der Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft zu planen.
Der Kampf zum Sturz der Diktatur des Marktes um den den barbarischen Kapitalismus zu beenden und der Kampf für eine alternative sozialistische Gesellschaft die auf ArbeiterInnendemokratie aufbaut (und nichts gemein hat mit der stalinistischen Karikatur) muss von den linken Parteien nach vorne getragen werden. Dass kann die Bewegung der ArbeiterInnenklasse während der turbulenten Zeiten in die wir in Griechenland, Europa und international eintreten, inspirieren.