Future Children need to organise!

Severin Berger

Drei Aktivistinnen auf drei Kontinenten - jung, wütend und überzeugt, dass Veränderung möglich ist. Um die Leben von “Pepper”, Hilda und Rayen dreht sich der Film “Dear Future Children”.

Mit dem Vorwissen über den Inhalt denkt man bei dem Titel vielleicht an einen Versuch, den “Future Children” Wissen mit in den Kampf zu geben. Leider schafft der Film es aber kaum, Antworten auf die brennendsten Fragen der Jugend zu liefern und lässt mögliche Wege zum erfolgreichen Kampf völlig aus. Das führt dazu, dass, trotz der beeindruckenden Bilder, vor allem ein Gefühl der Frustration und Hilflosigkeit bleibt.

Klar zeigte sich das bei der Premiere in Österreich: Nach der Vorstellung wurde das Publikum gefragt, was sie aus dem Film mitnehmen: Unter den meistgenannten Begriffen waren: “Angst”, “Wut” oder “Frust”. 

Aus dem Versuch einer “neutralen” Position heraus verfehlt der Film so das eigentliche Zielpublikum. Denn welche*r Aktivist*in will nach dem Versprechen eines “must-watch” eine Dokumentation sehen, welche die wahren Möglichkeiten des politischen und gesellschaftlichen Kampfes völlig weglässt.

Viele der großen Bewegungen der letzten Zeit stehen an einem Scheideweg und Fragen über Formen der Organisation, der Kampfform, der Bündnispartner*innen und v.a. des Programms werden über ihre Zukunft entscheiden. Genau deshalb wäre es politisch wichtig, in so einem Film diese Fragen im Kontext erfolgreicher Bewegungen aufzugreifen.

Drei Kämpferinnen - Keine Perspektiven?

“Pepper” war Teil der Proteste in Hong Kong 2019. Im Film werden immer wieder die Probleme dieser Bewegung gezeigt: Oftmals basierten Entscheidungen eher auf Improvisation und Emotionen statt auf politischer Diskussion. Daraus stammende individuelle Aktionen sind natürlich verständlich, allerdings auch ein Zeichen für das Fehlen einer demokratischen Struktur als Rückgrat. Obwohl das Aufbauen einer solchen einer der wichtigsten Schritte zum Erfolg einer sozialen Bewegung ist, wird das kaum konkret im Film angesprochen. Die Frage, warum sich keine reelle Perspektive in der Bewegung bilden konnte, bleibt für das Publikum einfach offen. 

Hilda Flavia Nakabuye ist in FFF Uganda aktiv und setzt sich dort für Klimagerechtigkeit ein. Leider verfällt der Film hier sehr schnell der bürgerlichen Seite dieser Bewegung. Anstatt die Notwendigkeit und auch den Erfolg von vereinten Arbeiter*innen- und Schüler*innenstreiks zu zeigen, wird ein großer Fokus auf den Besuch einer Klimakonferenz (C40) gesetzt. Wieder nur ein großes “Bla-Bla” - Politiker*innen, die sich dort gegenseitig Preise verleihen anstatt die Hilferufe der Jugend ernst zu nehmen und eine konsequente Umstellung der Produktion voranzutreiben. 

Rayen war die politischste der drei Menschen im Portrait, mit Verbindung zur chilenischen Arbeiter*innenbewegung und klaren Vorstellungen, wie Massenstreiks die herrschende Klasse zum Handeln zwingen können. Leider wird über die Länge des Films hinweg nie erwähnt, ob oder wie Rayen organisiert ist und es wird auch hier das Bild einer einzelnen Kämpferin ohne große Vernetzung gezeichnet. Dabei wäre genau Chile endlich ein Lichtblick für das Publikum gewesen: 2019 haben Proteste und Streiks u.a. zu einer neuen Verfassung geführt. Dies war nur durch eine konsequente Bewegung von unten möglich, die untereinander organisierte, um gemeinsame politische Linien und Forderungen zu bilden. 

 

Videopodcast: "World to Win"

“Dear Future Children” ist zwar der Bilder wegen sehenswert, liefert allerdings kaum Strategien zum erfolgreichen Kampf. Falls du, liebe*r Leser*in genau nach sowas suchst, solltest du unbedingt am YouTube-Kanal der ISA vorbeischauen: In unserem (Video-)Podcast “World to Win” sprechen Aktivist*innen aus der ganzen Welt genau sowas auch an. (Auch auf Spotify zum Hören).

 

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