Di 13.12.2005
Im November fand ein Vernetzungstreffen der “europäischen patriotischen und nationalen Parteien und Bewegungen” in Wien statt. Federführend waren dabei die seit der BZÖ-Spaltung in der FPÖ maßgeblichen Kräfte - wie der “Chefideologe” Andreas Mölzer und der Obmann der FPÖ-Jugend (RFJ) Gudenus. Dieses Treffen umfasste wesentliche Teile jenes Spektrums an rechtsextremen und faschistischen Kräften in Europa, die bemüht sind, in ihrem Auftreten zumindest die Grenze zur Legalität nicht permanent zu überschreiten. Gleichzeitig haben einige der teilnehmenden Organisationen, wie vor allem der Vlaams Blok/Belang, mit einem stark rassistisch geprägten Populismus, ähnliche Erfolge zu verzeichnen, wie die Haider-FPÖ in den 1990er Jahren. Das Treffen mündete in einer gemeinsamen Erklärung gegen Globalisierung, Zuwanderung und für “unveräußerliche Werte” wie das Christentum und soziale Gerechtigkeit. Ebenso soll ein gemeinsames Büro in Wien errichtet werden.
Aufstieg und Fall der Haider-FPÖ
Als Resultat der kapitalistischen Krise und des politischen Vakuums, welches die Verbürgerlichung der Sozialdemokratie in Europa hinterlassen hat, sind in den 1980er und 1990er Jahren rechtsextreme Kräfte zum festen Bestandteil des politischen Spektrums in Europa geworden. Am erfolgreichsten waren sie dort, wo sie – wie vor allem in Österreich – nicht nur auf bestehende historische Wurzeln zurückgreifen konnten, sondern sich als die besten Vertreter jenes neoliberalen Zeitgeistes profilierten, den die Medien und die übrigen politischen Kräfte damals ständig beschworen. Haider und Co. traten nicht nur als “Ausländer Raus”-, sondern auch als Antiverstaatlichten-, Antigewerkschafts- und Antisozialstaatspartei auf, welche die Interessen des kleinen Mannes angeblich gegen diese “roten Moloche” verteidigte. Kaschiert wurde dieser rechtsextreme und neoliberale Populismus durch ein modernes Design, flotte Frisuren und medienwirksame Inszenierungen. Neben den konkreten Erfahrungen, dass die angeblichen Vertreter des kleinen Mannes sobald sie an der Regierung sind, die schlimmsten Abkassierer sind, ist inzwischen vom neoliberalen “Zeitgeist” nicht zuletzt durch die vielen Streiks und Arbeitskämpfe – auch in Österreich – der letzten Jahre wenig übrig geblieben. Was folgte waren ehemalige Protestwähler die in Scharen davon liefen und schließlich die Spaltung. Diese “FPÖ alt” ist mit ihrem Regierungseintritt zwar gescheitert – und mit ihr auch ein rechtsextremes Erfolgsmodell für andere Parteien in Europa. Doch im Gegensatz zu den bürgerlichen Medien haben wir den Rechtsextremismus nicht vorschnell tot geschrieben.
Wandlung der FPÖ von der neoliberalen zur “sozialen” Heimatpartei?
Die FPÖ hat selbst in ihrer Geschichte mehrere Wandlungsprozesse durchgemacht: Bei ihrer Gründung war sie praktisch ausschließlich eine Partei (ehemaliger) Nazis, von Mitte der 60er bis Mitte der 80er Jahre war ihre Spitze um ein liberales Image bemüht und unter Haider agierte sie vor allem als rechtsextreme Protestpartei. In der FPÖ hat es stets einen Teil gegeben der deutlich von faschistischen Konzepten bzw. dessen traditionellen Milieu (Burschenschaften, Heimatverbänden etc…) geprägt wurde. Mit Mölzer und Volksanwalt Stadler ist dieser Teil wieder stärker ins Zentrum der Partei gerückt und bemüht sich um die “Re-Ideologisierung” der Partei. Nach außen wurde der neoliberale Populismus – ganz im “Zeitgeist” – stärker durch vordergründige Globalisierungs-”Kritik” ersetzt, die in Wahrheit freilich aus zum Teil noch aggressiverer rassistischer Hetze besteht.
Offene Entwicklung
Die künftige Entwicklung der FPÖ wird in erster Linie aber nicht durch sie selbst oder ihre Ideologen bestimmt, sondern durch verschiedene äußere Faktoren. Die FPÖ ist in Wirklichkeit eine Partei deren gesamte inhaltliche Armseeligkeit und organisatorische Schwäche im Grunde bereits durch die jämmerliche Gestalt ihres Obmanns repräsentiert wird, dem sich Mölzer, Stadler und Co. zudem haushoch überlegen fühlen. Derzeit eint diese Partei vor allem die Festlegung des in ihr verbliebenen Rests auf die Oppositionsrolle und die Tatsache, dass Strache dort Wahlen gewinnen kann, wo es keine Ansätze einer Alternative zu den “Etablierten” gibt. Eine besondere – und in dieser Form neue – Gefahr, stellt darüber hinaus allerdings der Ansatz der “FPÖ neu” dar, weniger die Medien, sondern die “Strasse” bei Parteikundgebungen zu mobilisieren. Auch das EU-Volksbegehren, welches – im Gegensatz zu früher als Abgeordnetenunterschriften genügten – 10.000 Unterschriften zur Einleitung benötigt, ist ein Schritt in diese Richtung. Ebenso versucht die FPÖ – erstmals in ihrer jüngeren Geschichte – aus dem rechten Rand freiheitlicher Wählerschaft mittels Plakaten (“Jetzt beitreten”), offensiv “Fußvolk” für die Parteiarbeit zu rekrutieren. Gemeinsam mit einer, inzwischen als völkische Kadertruppe aufgezogenen Parteijugend, könnte aus diesem rechten “Mob” künftig eine unmittelbare Bedrohung für MigrantInnen und Linke – z.B. bei Protesten gegen FPÖ-Veranstaltungen – entstehen. Die wesentliche Frage wird allerdings sein, ob die – organisierte – ArbeiterInnenbewegung noch einmal rechten Hetzern das Oppositionsfeld gegenüber der “etablierten Politik” überlässt und den Freiheitlichen die Chance gibt, ihren “Relaunch” umzusetzen. Demgegenüber stehen heute aber auch die Erfahrungen der Streikbewegungen der letzten Jahre, die zeigen, dass sozialer Protest sich auch ganz anders entladen kann, sowie Umfragen, die das Potential einer neuen “Linkspartei” in Österreich auf bis zu 20 Prozent einschätzen. Die SLP wird allerdings nicht darauf warten, dass der ÖGB handelt, sondern überall wo es ihr möglich ist, Initiativen gegen Sozialabbau, rechte Hetzer und für eine neue Linkspartei setzen.