Mo 26.09.2022
Am 13. September wurde die 22-jährige Kurdin Jina (Mahsa) Amini von der “Sittenpolizei” festgenommen und ermordet. Ihr Fall ist nur ein Beispiel der Gewalt und Diskriminierung, die Kurd*innen, Frauen und LGBTQI+-Menschen täglich unter dem islamischen Regime erfahren.
Bewegung weitet sich aus
Seitdem gehen überall im Iran und Kurdistan Menschen auf die Straße. Frauen verbrennen ihre Kopftücher oder schneiden ihre Haare ab, die Massen skandieren „Tod dem Diktator“. Die Antwort der Diktatur: Zensur, Einschränkung des Internets. Menschen werden festgenommen oder auf offener Straße erschossen. Trotzdem gehen die Proteste weiter. Lehrer*innen haben Streiks angekündigt, das ist ein wichtiger Schritt, um die Bewegung auszuweiten und durch einen Generalstreik das Regime endgültig in die Knie zu zwingen. Der Mord an Zhina Amini war buchstäblich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Es vermischen sich Freiheitskämpfe von Kurd*innen, Frauen und LGBTQI+-Rechtler*innen, und der Kampf der Arbeiter*innen, die alle seit Jahren unter den wirtschaftlichen Problemen des Landes und dem repressiven Regime leiden. Die Streikbewegungen der letzten Jahre haben das Potential koordinierter Aktionen der Arbeiter*innenklasse gezeigt. Jetzt ist es nötig, darauf zu setzen und die Streiks der Lehrer*innen als Vorbild zu nehmen. Es braucht multiethinische Selbstverteidigungskomitees in jeder Nachbarschaft, um den Protesten eine organisierte und demokratische Form zu geben - im Sudan waren genau solche Komitees zentral für die Revolution. Solche Komitees sind auch notwendig, um eine Alternative zum ausbeuterischen Kapitalismus aufzubauen: Durch die Übernahme der Wirtschaft und Produktion durch die arbeitende Bevölkerung unter ihre eigene Kontrolle und Verwaltung kann die Macht der superreichen Mullahs und Revolutionsgarden wirklich gebrochen werden.
Kopftuchpflicht als Säule des Regimes
Kurd*innen, vor allem Frauen, sind die häufigsten Opfer von (polizeilicher) Gewalt. Sie sind es auch, die von der hohen Inflation und den Sanktionen des Westens am meisten betroffen sind. Sie besitzen kaum Selbstbestimmung über ihre Leben. Das Regime braucht diese massive Unterdrückung von Frauen und LGBTQI+, um sich an der Macht zu halten: Um Frauen, die für ihre Rechte kämpfen, in die Schranken zu weisen, in die Familien zu drängen und von ihrer unbezahlten/schlecht bezahlten Arbeit zu profitieren. Doch das wird nicht mehr länger akzeptiert: Auch Männer schließen sich überall im Land den Protesten an. Diese Solidarität von unten hat die Kraft, Sexismus, Frauenfeindlichkeit und jede Form von Diskriminierung von Kurd*innen, Sunnit*innen und anderen zu bekämpfen.
Für sozialistische Lösungen - Gegen die Heuchelei des Westens!
Westliche Mächte – allen voran die USA, aber auch die österreichische Regierung - haben immer wieder in Worten Proteste gegen das Regime unterstützt. Aktuell sind sie still, wohl in der Hoffnung auf Öl und Gas als Alternative zu Russland. Sie haben kein Interesse an einer echten Befreiung der Unterdrückten. Sie haben die ganze Region in Krieg und Zerstörung gestürzt und islamistischen Kräften zum Aufstieg verholfen. Wir brauchen keine Sanktionen, unter denen statt der Mullahs nur die arbeitende Klasse leidet, sondern echte Unterstützung: Durch Protestbewegungen von unten, von Jugendlichen und Beschäftigten international, durch Initiativen von Gewerkschaften und anderen Arbeiter*innenorganisationen im Westen, die auch ihre eigenen Regierungen für ihre Heuchelei anprangern, Asylrecht für alle und ein Ende von Krieg und Imperialismus fordern. So hat z.B. die OMV Profite mit iranischem Öl gescheffelt. Kopftuchverbote die wie in Österreich von den etablierten Parteien eingeführt werden sind Teil einer rassistischen Agenda und nur die andere Seite der Medaille: Wir wollen volle Selbstbestimmung über unsere Körper, das Recht zu leben und arbeiten wo und wie wir wollen und die gleichen Rechte unabhängig von Herkunft, Religion und Hautfarbe.
Wenn sich die Bewegung ausweitet, hat sie das Potential zu einer revolutionären Situation zu führen. Die Geschichte der Arbeiter*innenbewegung im Iran zeigt, was dann nötig sein wird: Den Sturz des Mullah-Regimes ausweiten zu einem Sturz des gesamten kapitalistischen Systems, das für die Massen Hunger, Ausbeutung und Armut bedeutet. Die Übernahme der großen Industrien - allen voran die Ölindustrie - in die eigenen Hände für den Aufbau einer sozialistischen Alternative im Iran und in der gesamten Region. Kräfte wie die Shah-Familie versuchen ihren Einfluss auf die Bewegung auszuweiten, ihre Rückkehr in der einen oder anderen Form istauch eine Option des westlichen Imperialismus. Das ist eine massive Gefahr für die Bewegung, die echte Selbstbestimmung fordert und schon jetzt ruft “Tod dem Unterdrücker - sei es der Schah oder der religiöse Führer”.
Wir haben als ISA (Internationale Sozialistische Alternative) und ROSA - Sozialistische Feminist*innen die Initiative für den heutigen Protest ergriffen, um zu zeigen, was es braucht: Internationale Solidarität von unten. Der Aufstand im Iran ist auch weltweit Inspiration: Wir müssen international mit der gleichen Entschlossenheit gegen jede Unterdrückung kämpfen, seien es die Angriffe auf das Abtreibungsrecht in den USA oder Italien oder Femizide und der Pflegenotstand in Österreich. Werde mit uns aktiv, um weitere Proteste zu organisieren und Teil einer internationalen Bewegung gegen den kapitalistischen Horror zu werden:
Wir kämpfen für:
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Für das volle Recht von Frauen und LGBTQI+, sich zu kleiden und zu leben, wie sie wollen: Kampf um Freiheit, ein Ende der Gewalt und für demokratische und gewerkschaftliche Rechte. Weg mit Kopftuchpflicht, Repression und jeder Unterdrückung von Frauen, LGBTQI+, Kurd*innen und anderen!
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Für das volle Selbstbestimmungsrecht der kurdischen Bevölkerung
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Weg mit dem gesamten Regime, Sittenwächtern, Polizei und Revolutionsgarden!
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Schluss mit Hunger, Armut und Arbeitslosigkeit: Weg mit dem kapitalistischen System, von dem nur die superreichen Mullahs und ihre Handlanger profitieren. Wirtschaft und Gesellschaft gehören in die Hände der arbeitenden Bevölkerung, um Freiheit, Selbstbestimmung und Gleichberechtigung zu garantieren!
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Protestbewegung ausweiten, in allen Städten, Nachbarschaften, Schulen und Betrieben: Für Streiks und Generalstreiks, um das Regime in die Knie zu zwingen! Aufbau von multiethnischen Selbstverteidigungskomitees!
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Shah und andere etablierte Kräfte werden keine Befreiung bringen: Kein Vertrauen in westliche Mächte und jeglichen Imperialismus. Für eine unabhängige, revolutionäre Selbstorganisierung von Jugendlichen, Arbeiter*innen und Armen und Übernahme der Ressourcen und des Reichtums aus den Händen einiger weniger!
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Internationale Solidarität von unten statt Einflussnahme durch imperialistische Mächte: Bewegung im Iran, Kurdistan, Irak, Syrien, Israel/Palästina und international ausweiten!
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Für eine Föderation sozialistischer Länder in der gesamten Region!