Di 04.07.2006
“Der ÖGB sorgt im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen jährlich für gerechte Lohn- und Gehaltserhöhungen,… Lassen Sie sich folgendes auf der Zunge zergehen: Die 20 größten börsennotierten Unternehmen Österreichs haben 2005 ihre Gewinne um 50% gesteigert, ihren Managern durchschnittlich 30%mehr bezahlt - und ihre MitarbeiterInnen mit durchschnittlich 1% Lohnerhöhung abgespeist.” (Zitat: Rudolf Hundstorfer in der Krone 18. 6. 06)
Die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 57.000 Beschäftigten der Elektroindustrie wurden am 6. Juni 2006 beendet. Die Arbeitgebervertreter, die Gewerkschaften Metall-Textil und die GPA einigten sich auf eine Erhöhung der Ist-Löhne und -Gehälter auf 2,6%, die KV-Mindest-Löhne und -Gehälter werden um 2,8% angehoben. Dazu kommt die Verteilungsoption mit einer Ist-Lohnerhöhung von mindestens 2,4% plus 0,5% der Lohnsumme zum individuellen verteilen.
Guter Abschluss?
Die Gewerkschaftsführung spricht von einem guten Ergebnis - tatsächlich kam sie den Unternehmern stark entgegen um überhaupt einen Abschluss am traditionellen Verhandlungsweg zu bekommen. Diese “Sozialpartner” beschlossen nun einen deutlichen Schritt in Richtung Flexibilisierung der Arbeitszeiten - und damit Verschlechterungen auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen. Bei Gleitzeit kann die maximale tägliche Normalarbeitszeit auf 10 Stunden ausgeweitet werden. Beschlossen wurde auch eine Erhöhung des Durchrechnungszeitraumes auf 18 Monate. Mit Zustimmung des Betriebsrates sind dann im Extremfall 48 Wochenstunden Arbeitszeit bis zu ein Jahr möglich - wenn innerhalb der verbleibenden 6 Monate diese Überstunden 1 zu 1 (also ohne Zuschläge) ausgeglichen werden. Viele Gewerkschaftssekretäre argumentieren, dass diese Arbeitszeitmodelle vom Betriebsrat mit beschlossen werden müssen und dieser so die Möglichkeit hat sozialen Verbesserungen für seine KollegInnen “heraus zu verhandeln”. Das mag in Einzelfällen zutreffen, der neoliberale Trend ist ein anderer: Die Unternehmer drohen den Betriebsräten mit Stellenabbau oder Produktionsverlagerung und kriegen so leicht die Unterschrift, die sie brauchen.
Riesengewinne und stagnierende Realeinkommen!
Vorausgegangen war dem Verhandlungsabschluss ein heftiger verbaler Schlagabtausch mit der Wirtschaftsseite. Betriebsversammlungen und ein Aktionstag standen im Raum. Betriebsversammlungen wurden dann aber in den Großunternehmen nicht durchgeführt, “…weil man ja die Verhandlungspartner nicht provozieren wolle.” (Zitat eines ArbeitnehmerInnenvertreters aus dem Verhandlungsteam). Doch selbst die tatsächliche Lohnerhöhung reicht nun nicht aus um die gestiegenen Lebenskosten zu decken. Die Zulagen bleiben beim diesjährigen Abschluss unverändert, was zu einer Reduktion der Auswirkungen des Gesamtabschlusses führt. Gerade im Schichtbetrieb sind Zulagen ein wichtiger Bestandteil des Lohnes - real steigen die Entgelte also nicht einmal um 2,6%. In vielen Großunternehmen - die die Elektroindustrie in Österreich großteils ausmachen - wird die ohnehin sehr undurchsichtige (Wer bekommt da etwas davon?) Verteilungsoption in Anspruch genommen, bleiben also weniger als 2,4% für die meisten Beschäftigten (von den “Verhandlungspartnern” wurden 2,2% geboten). “Das Ergebnis ist knapp an der Schmerzgrenze…” sagt Albert Hochleitner, Obmann des FEEI - Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie. “Der Abschluss setzt die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse der Branche sehr gut um” kommt von Karl Proyer, stv. Bundesgeschäftsführer der GPA. Dies vor dem Hintergrund, dass die Elektroindustrie 2005 mehr als 10 Mrd. Euro umgesetzt hat und deren Gewinne durchschnittlich 5% vom Umsatz ausmachen (in manchen Branchen bis zu 20%) - was aufgeteilt auf die 57.000 ArbeiterInnen fast EUR 10.000 für jedeN wäre.
Nein zu diesem Abschluss - Schluss mit dieser Gewerkschaftspraxis!
Wir fordern die Rücknahme der - von der Wirtschaft diktierten und vom ÖGB kampflos hingenommenen - Flexibilisierungsmaßnahmen, sowie eine Erhöhungen der Realeinkommen der Beschäftigten. Entscheidend ist: Die Gewerkschaftsmitglieder und ArbeitnehmerInnen die mit diesen Abschlüssen leben müssen fragt (bisher) niemand. Warum eigentlich? Gewerkschaft “neu” kann nur bedeuten, dass sich daran was ändert. Für kämpferische und demokratische Gewerkschaften!