Mo 26.04.2010
Der Vulkanausbruch auf Island ist ein Symbol für die Situation in Europa. Denn die herrschende Klasse sitzt auf einem aktiven Vulkan. Bisher hat es nur kleinere Ausbrüche gegeben wie in Griechenland. Aber die aufgestaute Wut und Verzweiflung an vielen anderen Orten wie Spanien oder Portugal sind enorm. Bei einem Treffen von europäischen VertreterInnen des CWI in London im April 2010 wurden die politischen und wirtschaftlichen Perspektiven diskutiert.
Zentraler Punkt war die Frage, inwieweit die Wirtschaftskrise vorbei ist. Tatsächlich gibt es kein wirkliches Wachstum in der Realwirtschaft, bzw. bestenfalls eines, dass durch die diversen staatlichen Rettungspakete erzeugt wurde. Die Prognosen für Handel und Wachstum sind schwach und auch optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass das Vor-Krisen-Niveau in den nächsten 2-3 Jahren nicht erreicht wird. Jene Indikatoren, die das Vertrauen der Wirtschaft selbst widerspiegeln, wie z.B. die Investitionen, weisen nach unten. Hinzu kommen nun die wirtschaftlichen Folgen des Vulkanausbruches. Die ganze Flugbranche war bereits vorher schwer angeschlagen, nun kann es zu einer Serie von Bankrotts kommen. Wenn Staaten einspringen, wird sich die Staatsverschuldung weiter steigern. Springen sie nicht ein, schließen die Unternehmen. Solche Entwicklungen erzeugen keine Wirtschaftskrise – aber sie können in einer wirtschaftlich labilen Situation wie jetzt der Auslöser für einen neuerlichen Einbruch sein. Und da dann die Voraussetzungen noch schlechter sind als vor zwei Jahren, die Staaten quasi ihr Pulver schon verschossen haben, kann ein solcher neuerlicher Einbruch noch weit dramatischere Folgen haben. Griechenland war nur der Anfang, andere, weit größere Ökonomien wie Spanien oder Portugal stehen vor einem ähnlichen Zusammenbruch.
Von wegen geeintes Europa
Die Wirtschaftskrise hat die unterschiedlichen Interessen verschiedener Kapitalgruppen in Europa wieder deutlich hervortreten lassen. Der „gemeinsame europäische Gedanke” zerfällt zu Asche. Die EU agiert zwar nach wie vor wie im Falle von Griechenland als Instrument um Verschlechterungen gegen die ArbeiterInnenklasse durchzudrücken. Gleichzeitig ist das Projekt Euro aber geschwächt, jeder versucht die eigene Haut, bzw. die eigenen Profite, zu retten. Deutschland gegen Frankreich ist hier nur ein Machtkampf, der das Projekt Euro gefährdet. Die Tage des Euro als gemeinsame Währung im jetzigen Umfang sind gezählt. Die Frage ist wenig ob, sondern v.a. wann und an welchem Ereigniss er in der jetzigen Form zerbrechen wird, werden einzelne Währungen hinausgedrängt, oder werden sie von selbst gehen.
Klassenkämpfe, Streiks und die Gewerkschaften
Der Aufstand in Kirgisien und die Generalstreiks in Griechenland sind erste Anzeichen der neuen Periode, in der wir uns befinden. Jugendrevolten, Betriebe, die von den Beschäftigten besetzt werden (Frankreich), streikende ArbeiterInnen bis hin zu Generalstreiks (Spanien, Griechenland...), bewaffnete Aufstände (Kirgisien), Forderungen nach Verstaatlichung und ArbeiterInnenkontrolle (Kasachstan)... die ruhigen Zeiten sind vorbei. Die Herrschenden stehen unter Druck der Wirtschaft, weitere Angriffe auf den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse und zunehmend auch der Mittelschicht auszuüben. Gleichzeitig wissen sie, dass sie damit die Büchse der Pandora öffnen. Ihr bester Bündnispartner ist zzt. leider die Gewerkschaftsführung. Die Kämpfe die von oben organisiert werden, dienen nur zum Dampf ablassen, nicht dazu, Angriffe effektiv zurück zu schlagen. Auch politisch fehlt in den meisten Ländern eine linke Kraft. Solange es dieses Vakuum gibt, kann es von autoritären Strukturen und der extremen Rechten wie in Ungarn gefüllt werden.
Als SozialistInnen stehen wir nicht für nationalstaatliche Lösungen, sondern für ein vereinigtes, sozialistisches Europa. Mitglieder des CWI sind in verschiedenen neuen linken Formationen aktiv und treten dort für ein kämpferisches sozialistisches Programm und demokratische Strukturen ein. Denn wo beides fehlt, setzen diese Formationen ihren Fokus auf Wahlen und Bündnisse mit ehemaligen ArbeiterInnenparteien als kleineres Übel. Und beginnen damit ihre Rechtsentwicklung und den Weg in die politische Bedeutungslosigkeit. Wenn 80% der Jugendlichen in Frankreich bei den Regionalwahlen nicht gewählt haben ist das ein Ausdruck dafür, dass sie etwas anderes wollen: nämlich sich wehren gegen die Missstände und endlich eine Alternative zu diesem Wahnsinn. Streiks, Generalstreiks und als weiterer Schritt auch längere und unbefristete Generalstreiks, die das herrschende System offensiv herausfordern – aus einer internationalen Perspektive betrachtet (siehe Griechenland) erscheinen diese Kampfmittel im 21. Jahrhundert auf der Hand zu liegen. Auch in Österreich werden wir es uns nicht länger leisten können, darauf zu verzichten.