Sa 01.05.2004
Am 25.3., 1.4. sowie unbefristet ab 20.4. streikten die rund 30 StammfahrerInnen beim Botendienst Veloce in Wien. Über Hintergründe und Selbstverständnis sprach Sonja Grusch mit Gibson, einem Vertreter der BotInnen.
Vorwärts: Was sind die Ziele Eurer Streiks? (die Forderungen unter www.slp.at)
G: Begonnen hat es damit, dass der Geschäftsführer uns nicht mehr wie bisher unseren 57% Anteil an jedem Auftrag auszahlen wollte. Beim ersten Streik sind dann noch sieben andere Punkte dazugekommen. Da geht’s um die Offenlegung der Versicherungspolizzen, die hohe Bearbeitungsgebühr der Honorarnoten, um Möglichkeiten, in der Zentrale unsere Fahrräder zu reparieren. Das “Angebot” der Geschäftsführung ist, dass wir bis Dezember auf das Geld verzichten und dann vielleicht eine minimale Erhöhung möglich ist, wenn die Aufträge um 10% zunehmen. Dem haben wir in der FahrerInnenversammlung nicht zustimmen können. Wir könnten uns sogar vorstellen, einen “zinslosen Kredit” bis Juli zu gewähren, dann allerdings mit Rückzahlung! Eine 10%ige Erhöhung der Aufträge ist zwar nicht un-möglich aber so gut wie unwahrscheinlich, weil jetzt der erfahrungsgemäss umsatzschwache Sommer kommt! Am 19.4. ist noch ein weiterer Grund dazugekommen, als per Aushang einer der Fahrersprecher – Citro – entlassen wurde und allen anderen gedroht wurde. Das war übrigens der Tag, an dem der Aushang für unsere Betriebsratswahl angebracht wurde. Wir wollen künftig bessere Informationen und mitentscheiden.
Vorwärts: Ihr seid freie DienstnehmerInnen und fahrt teilweise auf Gewerbeschein – seid ihr UnternehmerInnen?
G: Eigentlich sind wir in einem Angestelltenverhältnis. Viele brauchen diesen Job um Kohle zu verdienen, da gibt’s Familien, da gibt’s Leute, die knapp am Existenzminimum leben. Das Bild vom Freak, der das nebenher macht, ist falsch. Es ist ein ganz normaler Job, hart verdientes Geld, vor allem im Winter. Grad für die Leute, denen es sozial schlecht geht, ist so ein Streik nichts leichtes, aber alle wissen, worum es geht. Veloce ist eine riesige Firma, der Geschäftsführer versucht zwar auf große Familie und Öko zu machen, aber der Geschäftsführer schrammt sicher nicht am Existenzminimum entlang. Die Solidarität aus anderen Bereichen ist wichtig für uns – wir haben die volle Unterstützung von der GPA, und erhalten Soli-Schreiben von AUA, Postbus, EisenbahnerInnen, auch von einer Kindergärtnerin. Wir sind ja die ersten „Atypischen“ Streikenden in Österreich. Es ist gut zu wissen, dass im Endeffekt vielleicht auch andere davon profitieren werden, es geht da nicht nur um uns.
Fakten & Zahlen:
Bei rund 35 Stunden pro Woche kommt eine FahrerIn,
ohne Urlaub zu nehmen, vor Abzug der Steuern im Laufe
eines Jahres auf durchschnittlich ca. 1000.- Euro / Monat (12x).
Mehrere hundert Euro müssen für die Erhaltung des Rades
bezahlt werden, es gibt kein Geld im Krankheitsfall, keinen
bezahlten Urlaub und keine Arbeitslosenversicherung.