Sa 04.12.2010
Die Internet-Plattform Wikileaks hat mit der Veröffentlichung von über 250.000 Dokumenten des US-Außenministeriums begonnen und damit für großen Wirbel gesorgt.
Die Außenministerin der Vereinigten Staaten, Hillary Clinton, sprach von einem „Angriff auf die internationale Gemeinschaft“. Richtig ist, dass die einzige Supermacht der Welt, durch dieses neue Husarenstück von Wikileaks, selten wie jemals zuvor, entblößt da steht. Die vor einigen Monaten veröffentlichten, geheimen Dokumente über den Afghanistan- und Irak Krieg, machten Verbrechen der imperialistischen Besatzungstruppen sowie deren lokalen Helfer publik. Die Veröffentlichung von Unterlagen des State Departement, erschüttern „die US-Diplomatie bis in ihre Grundfesten.“ (Der Spiegel)
Ob Instruktionen aus Washington oder pikante Berichte von Botschaftern: Was für eine kleine Zahl Eingeweihter bestimmt war, ist nun weltweit für jeden nachzulesen. Die Berichte enthüllen die schmutzigen Geschäfte der US-Regierungen sowie ihrer Verbündeten. Die Depeschen überführen Staatschefs der Lüge und Kriegstreiberei.
„Diplomatie“
Die Dokumente zerstören die vielleicht noch vorhandenen „ehrbaren“ Vorstellungen von diplomatischer Arbeit. Die US-Außenministerin persönlich, weißt die Mitarbeiter ihres Landes bei der UNO an, die Vertreter anderer Länder und den Generalsekretär der „Weltgemeinschaft“ bis ins kleinste auszuspionieren. Dieses Vorgehen ist laut den Regeln der UNO verboten. Diplomaten werden gezielt dafür eingesetzt, um Vorarbeit für die Geheimdienste zu leisten.
Iran
Besonders gefährlich für die Herrschenden sind jene Berichte, die den Konflikt um das Atomprogramm der iranischen Führung betreffen. Man kann nicht nur nachlesen mit welchen Kniffen die USA andere Regierungen dazu bringen wollen, einen härteren Kurs gegen den Iran einzuschlagen. Die Dokumente geben auch ein ungeschöntes Bild von den konkreten Debatten über Für und Wider eines Krieges. Nicht nur Israels Premier Netanjahu drängt auf Militärschläge, sondern auch der Großteil der arabischen Führer. Letztgenannte fürchten den Aufstieg der Mullahs zu einer regionalen Großmacht und wollen dies mit Hilfe der USA verhindern. Über geheime Kanäle wird auch die Zusammenarbeit mit dem israelischen Regime praktiziert. Pikant: Dies steht im Widerspruch zu deren offiziellen Politik. Aus Furcht gegenüber der antiimperialistischen und antiisraelischen Stimmung der arabischen Massen, vermeiden die Führer in der Öffentlichkeit Äußerungen, die im vertraulichen Gespräch fallen. So forderte König Abdullah von Saudi-Arabien gegenüber einem US-Vertreter „der Schlange den Kopf abzuhacken“.
Jemen
Unangenehm dürfte es für den Präsidenten des Jemen, Abdullah Saleh, werden. In den letzten Jahren gab es wiederholt tödliche Angriffe auf vermeintliche al-Quaida-Terroristen. Offizielle Darstellung war bislang, dass dies vom jemenitischen Militär ausging. Im Gespräch mit dem damaligen Kommandeur der US-Truppen im Nahen Osten, General Petraeus, schlug Saleh die offizielle Sprachregelung vor: „Wir werden weiter sagen, dass es unsere und nicht ihre Bomben sind“. Den stellvertretenden Ministerpräsidenten veranlasste dies zur Feststellung, dass er in dieser Frage „gerade das Parlament angelogen“ habe.
Zerbrochenes Porzellan
Von Relevanz sind sicher auch die Einschätzungen verbündeter Regierungschefs und anderen Spitzenpolitikern. Merkel wird als „wenig kreativ“ eingeschätzt. Ihrem Stellvertreter Westerwelle wird attestiert eine „überschäumende Persönlichkeit“ zu sein, die „sehr wenig eigene Ideen zur Lösung internationaler Probleme“ entwickle. Gelästert wird über den starken Mann Russlands. Putin wird als „Alpha-Rüde“ bezeichnet, Frankreichs stolzer Präsident Sarkozy bekommt den Titel „Kaiser ohne Kleider“ verliehen.
Konsequenzen
Die Folgen dieser Veröffentlichungen sind vielfältig. Zum einen steht die immer noch größte Macht der Welt blamiert da. Noch nie wurde in solch einem Maße geheimes Material gestohlen und einer breiten Öffentlichkeit sichtbar gemacht. Das Ansehen der USA leidet, der Respekt vor der Supermacht schwindet weiter. Das Misstrauen in den eigenen Reihen, erst recht zwischen den Verbündeten wird -zumindest kurzfristig- massiv gesteigert und die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ deutlich erschwert. Die Herrschaft der arabischen Führer ist brüchiger geworden. Diese Handlanger des Imperialismus, scheuen nicht davor zurück auch mit Israel zu kollaborieren. Der Hass der Arbeitenden und Armen wird sich vergrößern. Der absehbare Fall von schwachen Regimen - wie dem des Jemen- ist durch die Veröffentlichungen noch wahrscheinlicher geworden.
Wikileaks
Eine Konsequenz ist aber auch, dass der Druck auf Wikileaks weiter zunehmen wird. Bereits bei den vorherigen Enthüllungen wurden die Macher in die Nähe von Terroristen gerückt. Der italienische Außenminister sprach von einem „11. September der Diplomatie“. Teile der Medien und Politiker werfen dem Internetportal vor, mit Stasi Methoden zu arbeiten und viele Menschenleben zu gefährden. Die französische Zeitung „Liberation“ erhebt den Vorwurf, dass Wikileaks heuchlerisch sei, da es nur „Demokratien“ angreife. Mit diesen Verleumdungen soll der Weg bereitet werden, um Wikileaks mundtot zu machen.
Die Linke muss weltweit Wikileaks verteidigen. Die Enthüllung der Machenschaften und Verbrechen der Herrschenden stellen einen Fortschritt dar. Sie sind ein wichtiges Mittel um den arbeitenden Menschen die Augen zu öffnen und das kapitalistische System in Frage zu stellen.